Die Postämter in Kirchheim und Nürtingen machen zu – nur Esslingen bleibt erhalten. Dabei handelt es sich um Filialen der Postbank, die auch Postdienstleistungen anbieten. Zu wenig Kundschaft soll der Grund sein.
Aus drei mach eins, das ist die Rechnung, die die Postbank für 2025 im Kreis Esslingen aufstellt. Es geht um die Zahl der Postbankfilialen, die drastisch verringert wird. Dieser tiefe Einschnitt betrifft aber nicht nur Bankgeschäfte. Auch die Postdienstleistungen sind direkt tangiert, denn die Filialen in Kirchheim und Nürtingen, die 2025 geschlossen werden sollen, sind beides: Bank und Post. Nur die Esslinger Filiale im Einkaufszentrum DAS ES! soll den Kahlschlag überdauern. Die Schließungspläne werden von der Nürtinger Verwaltungsspitze harsch kritisiert.
„Nürtingen benötigt eine zentrale Poststelle, die auch künftig wieder zuverlässig funktionieren sollte. Die derzeitigen Öffnungszeiten sind katastrophal und unzuverlässig, da häufig kurzfristig morgens ein ,,Heute geschlossen“-Schild im Schaufenster angebracht wird“, moniert der Nürtinger Oberbürgermeister Johannes Fridrich. Außerdem funktioniere der dort angesiedelte einzige Bankautomat der Cash Group im gesamten Stadtgebiet oftmals nicht.
Auf der Suche nach dem Geldautomat
Hinter dem Begriff der Cash Group verbirgt sich die Zusammenarbeit von Postbank, Deutscher Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank. Alle Geldautomaten dieser Gruppe stehen der Kundschaft für den Bargeldbezug, Überweisungen und für das Ausdrucken von Kontoauszügen zur Verfügung, erklärt indes ein Sprecher der Postbank. Dazu zählten Geräte Am Hafenmarkt in Esslingen, in der Turmstraße 3 in Kirchheim und in der Strohstraße 8 in Nürtingen. Außerdem könne Bargeld an den Kassen von teilnehmenden Shell-Tankstellen und Einzelhändlern ausbezahlt werden. Dieser sogenannte Cash Back-Bargeldservice könne beim bargeldlosen Einkauf kostenlos bis zu einer Höhe von 200 Euro ausbezahlt werden.
Anders als die Deutsche Post AG, die laut Postgesetz eine Grundversorgung sicherstellen muss, kann die Postbank als Privatunternehmen tun und lassen, was sie für richtig hält. Die angekündigten Schließungen begründet die Bank mit der geringeren Nutzung stationärer Angebote durch die Kundschaft. Jetzt sei man auf dem Weg zur „Mobile-First“-Bank. Alle Produkte und Services wolle man „bequem über Mobiltelefon, Tablet sowie für die persönliche Beratung über ein gestrafftes Filialnetz anbieten“, erläutert der Postbanksprecher.
Nürtingen wehrt sich gegen Schließung der Post
Eine Schließung der „Hauptpost Nürtingen“ bezeichnet Nürtingens Oberbürgermeister dagegen als „äußerst unglückliche Entscheidung“, auch mit Blick auf die rund 540 Wohnungen in der geplanten und direkt benachbarten Nürtinger Bahnstadt. Fridrich bittet, die Entscheidung nochmals zu überdenken und zurückzunehmen. „Wir leben hier in der Metropolregion Stuttgart, wo sich oft lange Schlangen vor dem Post(bank)-Gebäude bilden. Diese große Nachfrage kann nicht durch die geplante Ersatzstelle an irgendeinem Kiosk aufgefangen werden“, erklärt der Verwaltungschef.
Inzwischen hat auch die DHL Group, wie die Deutsche Post AG abgekürzt firmiert, auf die Kritik reagiert. Man verstehe gut, dass die Veränderung an einem etablierten Standort irritiere, erklärt ein DHL-Sprecher und ergänzt: „Wir werden aber auch nach Schließung des Postbank Finanzcenters eine gut erreichbare und flächendeckende Versorgung mit Filialangeboten der Deutschen Post in Nürtingen gewährleisten.“ Die Suche nach einer neuen Filialpartnerschaft in einem Einzelhandelsgeschäft oder einem anderen Gewerbebetrieb laufe, „um einen angemessenen Ersatz für die wegfallende Filiale in der Bahnhofstraße zu schaffen“. Dabei lege man besonderen Wert auf verlässlichere Öffnungszeiten, als dies von der Postbank in ihrem Finanzcenter derzeit gewährleistet werde.
Die Kürzungen im Kundenservice der Postbank haben vor Jahren begonnen. So schloss 2018 die Postbank in Wendlingen, es folgten Plochingen und Reichenbach. Das gute alte Postamt ist sowieso vielerorts längst Geschichte. In Esslingen musste das Postamt im Jahr 2001 weichen, als das neue Einkaufszentrum DAS ES! gebaut wurde. Nur in Kirchheim residieren Postbank und DHL bis Ende 2025 noch stilvoll im 1898 gebauten Postamt im Gründerzeitlook am Postplatz.
Von der Behörde zur AG
Reform
Die deutsche Bundespost ist 1995 im Zuge der zweiten Postreform in die privatrechtlichen Aktiengesellschaften Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und Deutsche Postbank AG übergeleitet worden. Im Anschluss wurde die Postbank von der Deutschen Bank übernommen.
Versorgung
Laut Bundesnetzagentur muss die Post AG DHL Group in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern mindestens eine Filiale anbieten. Statt einer Filiale kann mit Zustimmung der Bundesnetzagentur auch ein Automat angeboten werden. Bundesweit soll es mindestens 12 000 Filialen geben. Ab 4000 Einwohnern muss eine Filiale in zusammenhängend bebauten Gebieten in maximal zwei Kilometern erreichbar sein. Der Weg zum Briefkasten darf 1000 Meter nicht überschreiten.