Der Mannheimer Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler (links) war Direktor der JVA Mannheim, als Jörg Kachelmann dort im Jahr 2010 mehr als vier Monate in U-Haft saß. Foto: dpa/Dieter Leder, imago/Star-Media

Der zuständige Staatsanwalt für die Ermittlungen zur Amokfahrt in Mannheim hatte gegen Jörg Kachelmann Strafantrag gestellt, weil der Wetterexperte ihn unter anderem als „Beschützer von Hakenkreuzen“ bezeichnete. Ohne Erfolg.

Jörg Kachelmann mag es gerne zugespitzt und provokativ, wenn er sich auf der Plattform X in hoher Frequenz zu den unterschiedlichsten Themen äußert: Wie kürzlich zum Osterfeuer, das für ihn eine „bescheuerte Tradition“ darstellt, auch über Holzöfen verliert der Wetterexperte kein gutes Wort – und erst recht nicht, wenn es um Rechtsextremismus geht.

Als kurz nach der Amokfahrt in Mannheim am 3. März dann Hinweise auf einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat mit zwei Toten aufkamen und den Ermittlern vorgeworfen wurde, möglicherweise ein politisches Motiv zu früh ausgeschlossen zu haben, setzte Kachelmann Beiträge ab, die schließlich zu einem Strafantrag gegen ihn führten.

Staatsanwalt war zu Kachelmanns Haftzeit Direktor der JVA Mannheim

Jedoch ohne Erfolg: Kachelmanns Aussagen erfüllten „nicht die Straftatbestände der Beleidigung, der Üblen Nachrede oder der Verleumdung“, heißt es in der Begründung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Moderator wird deshalb abgesehen.

„Ich bin dankbar, dass Karlsruhe nicht Mannheim ist. Ob OLG oder Staatsanwaltschaft, die Justiz in Deutschland wäre ein besserer Ort, wenn es ganz viel Karlsruhe und möglichst kein Mannheim gäbe“, sagte Kachelmann spöttisch mit Bezug auf die Vorgeschichte zwischen ihm und der Mannheimer Anklagebehörde, die auch nach seinem Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung im Jahr 2011 wahrheitswidrig behauptet hatte, dass sich am vermeintlichen Tatmesser DNA-Spuren von Kachelmann befunden hätten.

Kachelmann kennt den Oberstaatsanwalt aus seiner Haftzeit

Den Strafantrag am 13. März dieses Jahres stellte der Mannheimer Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler, der die Ermittlungen zur Amokfahrt leitet. Denn Kachelmann hatte auf X unter anderem diesen Post abgesetzt: „Der zuständige Staatsanwalt Romeo Schüssler war vor gut 15 Jahren ein großer Beschützer und Förderer von Hakenkreuzen in seinem Knast. Es muss nicht verwundern, was in Mannheim passiert.“

Kachelmann kennt den Oberstaatsanwalt noch aus seiner mehrmonatigen Haftzeit im Jahr 2010 in der JVA Mannheim, als Schüssler dort als Gefängnisdirektor tätig war – und sah sich bestätigt. Der Vorwurf an Schüssler: „So früh zu sagen, die Tat habe mit den rechtsextremen Verbindungen des Tatverdächtigen nichts zu tun, das passt zu dem, wie ich ihn damals erlebt habe.“ Von der Staatsanwaltschaft Mannheim hießt es daraufhin: „Sämtliche Vorwürfe sind unzutreffend.“ Und ein politisches Motiv sei „nicht generell ausgeschlossen“ worden.

Kachelmann-Vorwurf: „Duldung von Nazisymbolen“ in JVA

Bereits in seinem 2012 veröffentlichten Buch „Recht und Gerechtigkeit“ berichtete Kachelmann von Hakenkreuz-Schmierereien an zentralen Orten der JVA Mannheim, die nicht entfernt wurden („im Gegenteil: Während meiner Haftzeit kamen noch weitere dazu“) sowie Hitler-Postern in einzelnen Zellen.

Die „Duldung von Nazisymbolen“ durch die Anstaltsleitung habe „durchaus zur ausländerfeindlichen Stimmung zwischen Beamten und Gefangenen in der JVA“ beigetragen, schreibt Kachelmann und sagte mit Blick auf den ehemaligen JVA-Leiter und heutigen Oberstaatsanwalt Schüssler: „All diese Dinge passieren nicht ohne das Wissen des Direktors.“

Nach der Berichterstattung unserer Zeitung über die Vorwürfe Kachelmanns an Schüssler folgte schließlich der Strafantrag gegen den Moderator.

Staatsanwaltschaft Karlsruhe sieht keinen Anlass für Ermittlungen

Doch die zuständige Staatsanwaltschaft Karlsruhe wies den Wunsch nach Ermittlungen gegen Kachelmann ab – begründet auf zehn Seiten. Das Ergebnis der Prüfung: „Die Äußerungen des Beanzeigten richten sich gerade nicht gegen den Strafantragssteller als Person, sondern vielmehr gegen dessen Amtsführung als Leiter der Justizvollzugsanstalt Mannheim sowie als Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mannheim.“


Mit Blick auf den Bezug zur Amokfahrt sowie Kachelmanns persönlichem Bezug sei „daher im Ergebnis der Abwägung der Meinungsäußerungsfreiheit noch Vorrang vor dem persönlichen Ehrschutz des Strafantragsstellers einzuräumen.“