Die rollenden Vollzugsanstalten gibt es seit 1974 im Land. Foto: Simon Granville

Seit 50 Jahren besteht die Transportzentrale Baden-Württemberg in Heimsheim. Sie befördert landesweit die Insassen von Justizvollzugsanstalten.

Die großen Busse sind weiß-blau, die älteren noch weiß-grün. Auf allen prangt das Logo der Stadt Heimsheim, sind sie doch dort quasi zu Hause. Auf den ersten Blick sehen sie fast aus wie normale Reisebusse. „Doch wenn die Türen geschlossen sind, sind das rollende Justizvollzugsanstalten“, erklärt der Frank Jansen.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt in Heimsheim demonstriert gemeinsam mit Karl-Heinz König, dem Leiter der Transportzentrale Baden-Württemberg, wie es im Innern der Busse aussieht: Dort, wo in Reisebussen Sitz an Sitz reihenweise die Passagiere Platz nehmen und durch große Fenster die Landschaft betrachten, sind in den Fahrzeugen mit dem Landeswappen auf der Fahrertür einzelne Kabinen eingerichtet, in denen bis zu vier Personen Platz haben. Die Fenster sind 20 Zentimeter hohe Sehschlitze. Und einfach mal auf den Gang gehen, ist nicht – die Kabinen sind verriegelt.

Mehr als 13 000 Insassen werden jährlich gefahren

Vier solcher Busse hat die Transportzentrale Baden-Württemberg im Einsatz. Die beiden älteren stammen von 2008 und müssen laut JVA-Leiter Jansen ersetzt werden. Ein Fahrzeug kostet samt Sonderaufbauten rund 700 000 Euro. „Wir fahren pro Jahr etwa 220 000 Kilometer und befördern dabei rund 13 500 Insassen“, zählt Karl-Heinz König auf, in dessen Bereich 18 Beschäftigte arbeiten. Insgesamt sind in der JVA 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.

Die Transportzentrale sei nicht nur für die JVA Heimsheim eine wichtige Einrichtung, so Jansen, sondern auch landesweit für den gesamten Justizvollzug. Denn alle Häftlinge werden bei Bedarf mit einem der zentral von Heimsheim aus koordinierten Busse transportiert. Deshalb hat die JVA mit 67 Plätzen auch eine relativ große Abteilung für Durchgangshäftlinge, die auf Zwischenstopps dort übernachten müssen.

Zellen statt Sitzreihen im Inneren des Busses. Foto: Simon Granville/Simon Granville

Die Gefangenen werden aus vielerlei Gründen von einem Ort zum anderen gebracht, beispielsweise, wenn sie von der Untersuchungs- in die Strafhaft kommen, wenn sie zu Familienbesuchen in andere Haftanstalten verlegt oder zu Behandlungen gebracht werden. Auch wegen schulischer oder beruflicher Bildungsmaßnahmen kann eine Verlegung erfolgen. Jeder Transport erfordere viele Abstimmungen mit Behörden und anderen JVAs, wenn dort Zwischenübernachtungen nötig werden.

Wie bei einer regulären Buslinie sind auch diese Fahrzeuge in festen Umläufen unterwegs, von Heimsheim zu anderen Vollzugsanstalten, nach Rottenburg, Lörrach und Freiburg, nach Karlsruhe, Schwäbisch Hall oder Bruchsal. An diesen Zwischenstopps können die Passagiere im Bedarfsfall auch die Toilette aufsuchen, die es in den Bussen nicht gibt. „Das Öffnen der Kabine, die ja einem Haftraum entspricht, während der Fahrt wäre viel zu risikoreich“, sagt Frank Jansen. Und eine Raststätte an der Autobahn könne man schließlich auch nicht anfahren.

Eine besondere Stimmung im Bus

Mit bis zu 30 Insassen an Bord herrsche oft eine besondere Stimmung im Bus, erzählt Karl-Heinz König. Bei Staus auf der Autobahn könne es unruhig werden, da müsse man aufpassen. „Da kann es auch für unsere Kollegen brandgefährlich werden.“ Und es mache einen Unterschied, wen man im Bus habe, beispielsweise junge Gefangene, die in die Jugendanstalt nach Adelsheim gebracht werden sollen. „Die haben ein ganz anderes Auftreten als Ältere, die nach Freiburg oder Bruchsal fahren.“

Die rollenden Vollzugsanstalten gibt es seit 1974 im Land. Früher war der Gefangenentransport Aufgabe der Polizei. Mit der Eröffnung der JVA Heimsheim 1990 wurde die Transportzentrale von Ludwigsburg dorthin verlegt, nicht zuletzt weil der Standort mit seiner modernen Infrastruktur zentral und direkt an der Autobahn liegt. Dass Heimsheim beim Grävenitz‘schen Schloss im 19. Jahrhundert einmal ein Transportstationsgefängnis hatte, spielte dabei wohl keine Rolle.

Damals mussten die Häftlinge noch zu Fuß gehen, was auf längeren Strecken Zwischenübernachtungen nötig machte. Später gab es Ochsen- und Pferdegespanne und schließlich spezielle Gefangenenwagen in der Eisenbahn, in die die Häftlinge unter den Augen der Öffentlichkeit durch ein Polizeispalier gehen mussten. Seit 1962 gibt es spezielle Omnibusse.

Die Busse sind auch bei der EM im Einsatz

Heute können die Spezialfahrzeuge direkt in die Justizvollzugsanstalten hineinfahren. Erst dort werden die Türen der Busse und Kabinen geöffnet. Sollte es unterwegs einen Notfall geben, bei dem die Tür geöffnet werden muss, werde stets die Polizei zur Sicherung angefordert, erklärt Frank Jansen.

Übrigens leistet umgekehrt auch die Transportzentrale je nach Risikoeinschätzung Amtshilfe für die Polizei, etwa bei politischen Großveranstaltungen oder Hochrisikospielen im Fußball. „Wir stehen da bereit, wo man uns nicht gleich sieht“, sagt der JVA-Leiter. „Auch jetzt bei der Europameisterschaft“, fügt er hinzu.