05.02.2018 Unglück mit mehreren Toten in Esslingen-Mettingen

 Foto: SDMG

In Mettingen ist eine vierköpfige Familie an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Ein Angehöriger hat die Rettungskräfte alarmiert, nachdem er bewusstlose Menschen in dem Haus entdeckt hatte.

Von Fabian Schmidt

Esslingen - Das waren Szenen, die möchte man nicht erleben, die möchte man schnell vergessen. Was sich am Montag an der Ecke Obertürkheimer/ Lerchenbergstraße abgespielt hat, will man nicht schreiben – und sollte man auch nicht. Martin Kuhn musste diese Szenen an vorderster Stelle miterbleben, die aus dem Tod der jungen vierköpfigen Familie resultierten. Der Kreisbereitschaftsleiter des DRK-Kreisverbands Esslingen betreute die trauernden Angehörigen, am Ende 60 an der Zahl, die nach und nach ankamen. Vier Notfallseelsorger vom Notfallnachsorgedienst Esslingen und eine Schnelleinsatzgruppe mit neun Personen waren ebenfalls vor Ort. Neben dem Notfallnachsorgedienst des Rettungsdienstes leistete auch ein Imam Trauerarbeit. „Wir haben ein Zelt aufgestellt und dieses beheizt“, sagte Martin Kuhn vom DRK.

Dort wurde der Tod von vier Menschen betrauert, allem Anschein nach türkischstämmig. Zwei 29-Jährige und ihre Kinder, das Mädchen drei Jahre jung, der Junge vier, sind wohl aufgrund einer Kohlenmonoxidvergiftung ums Leben gekommen. Jedenfalls wiesen die Ermittlungsergebnisse der Polizei vom Montag darauf hin, und der Einsatzleiter des Rettungsdienstes, Marc Lippe, sprach von „Anhaltspunkten“, die auf die Heizung als Ursache hinwiesen. Spekulationen um einen Defekt an der Heizungstherme in anderen Medien wollte Björn Reusch, Pressestellenleiter der zuständigen Polizei in Reutlingen, aber nicht kommentieren. „Die Ermittlungen zur Unglücksursache in #Esslingen laufen. Mit Ergebnissen ist nicht vor Ende der Woche zu rechnen“ twitterte die Polizei. Fest stehe, dass es sich um einen Unglücksfall gehandelt hat.

Bei unklarer Lage Hilfe rufen

Fest steht zudem, dass die Kohlenmonoxidmelder der Rettungskräfte anschlugen. Sie zeigten laut Einsatzleiter Lippe bereits im Terrassenbereich einen Wert von etwa 115 ppm an. Ab 100 ppm dringen die Retter aus Eigenschutz nur mit Atemschutz in die Räumlichkeiten ein. Im Haus schlugen die Regler gar bis 300 ppm aus, zwei bis drei kräftige Atemzüge können bei dieser Konzentration ausreichen, um innerlich zu ersticken, verdeutlichte Marc Lippe. Deshalb warnte er auch ausdrücklich davor, bei einer unklaren Lage mit bewusstlosen Personen den Retter zu spielen. „Kohlenmonoxid merkt man nicht, und das ist das Gefährliche. Man wird schnell ohnmächtig.“ Daher hat der Angehörige, der zwei Personen im Erdgeschoss des Reiheneckhauses am Boden liegend vorgefunden hatte, richtig gehandelt.

Sein Notruf ging um 12.12 Uhr bei der Polizei ein. Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizeibeamte rückten nach Mettingen aus. Auch der Gasnotdienst der Stadtwerke Esslingen war vor Ort. Dessen routinemäßige Untersuchungen lieferten keine auffälligen Ergebnisse. Da aber die Kohlenmonoxidmelder der Rettungskräfte anschlugen, waren Atemschutzmasken notwendig. Die Feuerwehrleute fanden in dem Haus die Eltern und deren beiden Kinder, bei allen konnte nur noch der Tod festgestellt werden.

Damit die Kriminaltechniker und auch der Notarzt das Gebäude betreten konnten, lüftete die Feuerwehr das Haus. Ein motorbetriebener Lüftschlauch war laut der Esslinger Wehr etwa 30 Minuten im Einsatz. Danach wuselten im und um das Gebäude sehr viele Personen herum. Die Experten tauschten sich immer wieder aus, bugsierten Gerätschaften in das Haus hinein, um ihre Untersuchungen vornehmen zu können.

Schaulustige sammeln sich

Auf der Straße sammelten sich immer mehr Schaulustige, auf einem Balkon in der Nähe verfolgten vier Personen das Treiben über einen längeren Zeitraum. Die Fenster des Gebäudes standen weiter offen, Tücher dienten an einigen Stellen als Sichtschutz vor den Voyeuren. Gegen 18 Uhr verließen die letzten Rettungskräfte laut Polizei-Tweet den Unglücksort, an dem sich die Tragödie ereignet hatte und der die genaue Ursache laut der Behörde am Montag noch nicht preisgab.

Kohlenmonoxid - geruchlos und tödlich

Das sehr giftige Kohlenmonoxid (CO) ist ein brennbares, farb- und geruchloses Gas. Es entsteht unter anderem, wenn Materialien wie Holz, Kohle oder Gas ohne genügend Sauerstoff verbrennen, etwa in geschlossenen Räumen oder bei defekten Heizanlagen, wie dies in Mettingen der Fall gewesen sein könnte. Auch bei der Lagerung von Holzpellets sowie an Stromaggregaten, die mit Diesel oder Benzin betrieben werden, können giftige Abgase wie Kohlenmonoxid entstehen.
Kohlenmonoxid blockiert den Transport von Sauerstoff im Blut. Bei einer Vergiftung kommt es zu Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Bewusstlosigkeit - und im schlimmsten Fall Erstickungstod. Vor allem im Schlaf werden die Symptome nur selten bemerkt.

648 Menschen starben nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015 in Deutschland an einer Kohlenmonoxidvergiftung. (dpa)