Der Weg zur familiären Harmonie ist weit für Francois (Frédéric Chau, Mitte). Foto: Neue Visionen/Etienne George - Neue Visionen/Etienne George

Ein junger Mann, der sich vor Jahren mit seinem chinesischen Vater überworfen hat, wird Vater und erinnert sich plötzlich wieder seiner Wurzeln. Doch der Weg zurück zu seiner Familie ist steinig.

EsslingenVielen ist der Schauspieler Frédéric Chau durch die Erfolgskomödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ ein Begriff. Damals spielte er eine jungen Chinesen, der die Tochter des Titelhelden ehelichte und damit dessen Argwohn weckte. Das Aufeinandertreffen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist für französische Filmemacher ein dankbares Thema. Mit der Idee zu Julien Abrahams Kinokomödie „Made in China“ hat Frédéric Chau diesem Sujet eine weitere Facette hinzugefügt. Und wieder geht es darum, wie Menschen mit ihren Wurzeln umgehen und wie wichtig es ist, sich der eigenen Identität zu versichern.

Francois (Frédéric Chau) ist um die 30 und will sich als Fotograf etablieren. Dass seine Familie aus Asien stammt, würde er am liebsten vergessen, seit er sich mit seinem Vater überworfen hat. Damals hat Francois der ganzen chinesischen Gemeinde in Paris den Rücken gekehrt, und er hatte seither nie das Gefühl, dass ihm etwas fehlt. Nur wenn er sich und seinen Freund Bruno (Medi Sadoun) wieder mal aus einer peinlichen Situation herausboxen muss, nutzt er die Vorteile, die ihm ein anderer kultureller Hintergrund bieten kann. Doch dann eröffnet ihm seine Freundin Sophie (Julie de Bona), dass sie ein Kind von ihm erwartet – und sie macht ihm klar, dass er vor seiner Herkunft nicht ewig davonlaufen kann. Damit sein Kind nicht nur Vater und Mutter hat, sondern auch Großeltern und andere Verwandte, beschließt Francois, sich seiner Familie wieder anzunähern.

Weil er weiß, dass das kein leichter Weg sein wird, nimmt er Bruno als moralische Stütze mit und wagt sich nach vielen Jahren wieder ins chinesische Viertel von Paris. Während ihn Tanten, Onkel, Nichten und Neffen im Überschwang begrüßen, begegnen ihm sein Vater und sein Bruder mit offener Ablehnung. Bruno ist ihm dabei erst mal keine große Hilfe – er tappt von einem Fettnäpfchen ins nächste und verguckt sich in Francois’ Jugendfreundin Lisa (Mylène Jampanoï), was die Sache nicht einfacher macht. So steht die Rückkehr des verlorenen Sohnes unter keinem glücklichen Stern, und Francois muss sich ganz schön ins Zeug legen, um das Herz seines Vaters zurückzugewinnen. Doch mit der Zeit wird ihm immer klarer, wie viel er verpasst hat, solange er sich seiner Herkunft verweigert hat.

Als er die Idee zu dieser Komödie entwickelte, hat sich Frédéric Chau im eigenen Erfahrungsschatz bedient. „Die Fragen nach Identität und Herkunft spiegeln absolut meine persönliche Erfahrung wider“, erzählt der Schauspieler. „Ich denke insbesondere an die Kluft zwischen der Art und Weise, wie die Menschen mich ansahen, weil ich anders aussehe, obwohl ich mich zutiefst französisch fühle, in meiner Erziehung und in meinem täglichen Leben. Wie Francois lehnte ich meine Herkunft für eine Weile ab, besonders als ich ein Kind war. Denn diese Stigmatisierung und Verhöhnung war mit meiner Herkunft verbunden. Ich wollte akzeptiert werden wie alle anderen auch. Als ich mich weiterentwickelte, wurde mir klar, dass alles, was mir passiert war, auf meine Wurzeln zurückzuführen war. So versöhnte ich mich mit ihnen.“

Regisseur Julien Abraham und sein Ko-Autor Kamel Guemra haben aus Frédéric Chaus Idee das Drehbuch für eine kurzweilige Komödie entwickelt, die alte Vorurteile durch den Wolf dreht. „Um ein Klischee auszuhebeln, muss man es umdrehen“, findet Abraham. „Das heißt, man muss es jemandem in den Mund legen, der davon betroffen ist. Dadurch gelingt es sehr oft, die Absurdität des Klischees sichtbar zu machen.“ Abraham und sein Hauptdarsteller loten mit viel Gespür aus, was es heißt, ein Leben zwischen zwei Kulturen zu führen. Das tun sie nicht bierernst und schon gar nicht moralinsauer, sondern mit Wortwitz und Humor.

Ein junger Mann, der seine asiatische Herkunft seit vielen Jahren verleugnet, muss sich in Julien Abrahams Komödie „Made in China“ der eigenen Identität stellen. Das bringt ihm Selbsterkenntnis und dem Publikum ein intelligentes Vergnügen.