Der „Jugend-debattiert“-Wettbewerb der Stuttgarter Schulen in Feuerbach. Foto: Alexander Mak

Bei „Jugend debattiert“ lernen Schülerinnen und Schüler nach allen Regeln der Kunst, Meinungen auszutauschen und unterschiedliche Standpunkte zu vertreten. In Feuerbach saßen sich jetzt die besten Diskutanten aus sieben Stuttgarter Schulen gegenüber.

Wie geht diskutieren? Mit allem, was dazu gehört: argumentieren, zuhören, ausreden lassen, auf das Gegenüber eingehen? Von Talkshows und TV-Runden zur Bundestagswahl lernt man das eher nicht. Eine bessere Adresse für einen gepflegten, respektvollen und konstruktiven Austausch von Argumenten ist das unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stehende, 2001 eingeführte Format „Jugend debattiert“, das in etlichen Schulen gepflegt wird und das dazu beiträgt, junge Leute zu überzeugenden Diskussionsteilnehmern auszubilden.

In der Festhalle in Feuerbach saßen sich jetzt die besten Diskutanten des Königin-Olga-Stifts, der Paracelsus-Gymnasiums, des Neuen Gymnasiums Leibniz, des Eschbach-Gymnasiums Freiberg, des Königin-Katharina-Stifts, des Heidehof-Gymnasiums und der Merz-Schule gegenüber, um vor einer Jury und großem Publikum ihre Argumente und ihr Argumentationsgeschick zu messen. Die Schülerinnen und Schüler der Altersgruppen I und II (8./9. Klasse und 10./11. Klasse) hatten sich zuvor jeweils bei „Jugend-debattiert“-Wettbewerben an ihren Schulen durchgesetzt. Jetzt ging es darum, sich innerhalb des Regionalverbunds Stuttgart für die nächste Runde zu qualifizieren.

Es geht um Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen und Überzeugungskraft

Um zwei Fragestellungen wurde mit Argumenten gerungen: Soll es eine verbindliche Kennzeichnungspflicht für Fahrräder geben? Und: Sollen extreme Parteien in Talkrunden – beispielsweise an Schulen – zugelassen werden? Jeweils zwei Pro- und zwei Contra-Diskutanten saßen sich auf der Bühne gegenüber, um nach einem festen Verfahren – Eröffnungsrede, freie Aussprache, Abschlussrede – nach allen Regeln der Kunst zu argumentieren. Für die Jury entscheidend sind dabei Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft, wie Alexander Mak, Lehrer und Regionalverbundkoordinator von „Jugend debattiert“ in Stuttgart erklärt.

In der Altersgruppe I machte Paula Reinhardt (Neues Gymnasium Leibniz) vor Sara Marie Temelkov (Paracelsus-Gymnasium), Pauline Hof (Heidehof-Gymnasium) und Friedrich May (Merz-Schule) auf die Juroren den stärksten Eindruck. Angesichts von rund 85 000 Fahrradunfällen im Jahr in Deutschland und der Diebstahlsproblematik sprach sie sich in einem von großer Sachkenntnis geprägten Austausch mit den Kontrahentinnen und für eine verbindliche Kennzeichnung von Fahrrädern aus.

Sollen extreme Parteien von Podiumsdiskussionen ausgeschlossen werden?

Ebenso ernsthaft und kompetent verlief die Diskussion in der Altersgruppe II zur Frage „Extreme Parteien bei Podiumsdiskussionen?“ Vor der Bundestagswahl war dieses Thema an etlichen Schulen aufgeschlagen – zuletzt am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Filderstadt-Sielmingen. Dort hatte es Kritik an der Teilnahme eines AfD-Bundestagskandidaten an einer Podiumsdiskussion gegeben. Ungeachtet der Neutralitätspflicht der Schulen pochten Ferry Commentz (Neues Gymnasium Leibniz) und Maximilian Streu (Merz-Schule) für einen Ausschluss, weil extreme Parteien die demokratische Debattenkultur gefährdeten und es schwierig sei, deren populistische Argumentation an der Schule „nachzuarbeiten und einzuordnen“. Die Contra-Redner Julian Berrer (Königin-Katharina-Stift) und Klara Maria Holitzner (Heidehof-Gymnasium) hielten dagegen, Demokratie und Meinungsfreiheit bedeuteten immer auch die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. Abweichende Meinungen sollten nicht ausgeblendet werden.

Das Landesfinale wird im Landtag ausgetragen

In der engagierten Diskussion sehen die Jurymitglieder am Ende Julian Berrer vor Ferry Commentz, Klara Maria Holitzner und Maximilian Streu. Mit viel Lob und Tipps der Jury ausgestattet, vertreten die beiden Erstplatzierten den Regionalverbund Stuttgart nun auf Landesebene. Die Qualifikation zum Landesfinale findet am 21. März statt, das Landesfinale am 4. April. Und das im Plenarsaal des Landtags – im Idealfall ein perfekter Ort für Debattenkultur und gute Argumente.