Husky-Schäferhund-Mischling „Tessy“ beim Probeliegen im neuen Tier-Rettungswagen. Herrchen Jürgen Völker kann in dem umgebauten Rettungswagen Tiere (fast) aller Art transportieren. Foto: Andreas Kaier - Andreas Kaier

Lenore und Jürgen Völker haben als Betreiber der Tierrettung Mittlerer Neckar schon so gut wie alle heimischen Tiere gerettet – und einige Exoten.

Aichwald/Kreis EsslingenTiere, mit denen er bei seiner Arbeit noch nicht zu tun hatte, gibt es für Jürgen Völker von der Tierrettung Mittlerer Neckar praktisch nicht. Pythons, Uhus, Waschbären, Schwäne – wenn es im Kreis Esslingen und Umgebung läuft, schwimmt oder fliegt und Hilfe braucht, sind er und seine Kollegen zur Stelle. „Wir päppeln auch Füchse und Greifvögel auf und haben inzwischen glaube ich schon allen Esslinger Schwänen geholfen“, sagt Völker. Er und seine Frau Lenore betreiben die Tierrettung seit mehr als neun Jahren. Im Oktober dieses Jahres werden es zehn sein.

„Ich fand schon immer, dass Tiere die besseren Menschen sind“, sagt Völker über seine Motivation, sein Leben den Tieren zu widmen. Vor gut zehn Jahren habe für ihn eine berufliche Veränderung angestanden. Vom erlernten Beruf habe Völker damals schon zu viel Abstand gehabt. „Im Internet stieß ich dann auf eine Tierrettung, habe Kontakt aufgenommen und bin für eine Woche mitgefahren. Dann habe ich einen Rettungswagen gekauft.“ Ohne Idealismus geht es nicht, ist sich das Ehepaar einig, das mit seinen sieben Hunden – teils nicht mehr vermittelbare Hunde aus dem Tierheim, teils gerettete Tiere aus schlechten Verhältnissen – in Aichwald wohnt. Gefühlt alle paar Minuten klingelt eines der Telefone. Immer kann ein tierischer Notfall am anderen Ende der Leitung sein.

Mehrere ehrenamtliche Helfer

Die Völkers sind die einzigen beiden Festangestellten in der Tierrettung. Mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter runden das Team ab. Nicht jeder Freiwillige geht aber mit auf Rettungsfahrten. „Dafür gibt es eine Ausbildung, die von uns finanziert und teilweise auch bei uns absolviert wird“, so Völker. Neben einem Erste-Hilfe-Kurs, der für jeden Ehrenamtlichen dazugehört, können sich die Mitarbeiter zu Tierrettungssanitätern und Tierunfallsanitätern ausbilden lassen. Aber auch Informationsstände, zum Beispiel auf Messen, gehören zum täglich Brot der Tierrettung. Auch hier sind Ehrenamtliche gefragt – und werden immer gesucht.

Obwohl sich die Tierrettung auch mit Wildtieren und Exoten auskennt, Hund und Katze sind die häufigsten Kunden. „Wenn ein 14-jähriger Hund schon seit Tagen starken Durchfall hat, wird er natürlich zum Notfall“, erklärt Lenore Völker. Nach der Erstversorgung werden Notfälle direkt zum Tierarzt oder in die Tierklinik gebracht. Dazu kommt einer der umgerüsteten Rettungswagen zum Einsatz, die die Tierrettung ihr Eigen nennt. „Der war ursprünglich ein Krankenwagen aus der Humanrettung, aber wir haben ihn umbauen lassen“, so Völker. Wie oft die Tierrettung pro Tag angerufen wird, ist völlig unterschiedlich – und auch wetterabhängig. „Bei Regen gehen weniger Leute raus, also werden weniger Wildtiere gefunden“, sagt Lenore Völker.

Aber nicht jeder Anruf ist tatsächlich ein Notfall. „Unsere Gesellschaft ist schon dazu erzogen worden, schnell zum Arzt zu gehen“, sagt Lenore Völker. Darum kämen einige Anrufe – zum Beispiel bei einer Zecke oder einer Magenverstimmung – durchaus vor. Jürgen Völker relativiert: „Aber die Besitzer wissen oft nicht, ob sie einen Notfall vor sich haben. Für die Leute muss es okay sein, uns lieber einmal zu oft anzurufen.“ Deshalb geht er auch ans Telefon, wenn es nachts um 3 Uhr klingelt. Nicht nur Haustiere werden krank, auch Wildtiere müssen immer wieder behandelt werden. „Letztes Jahr hatten wir ziemlich viele Greifvögel“, erinnert sich Lenore Völker. Viele davon hätten zum Beispiel den Start von einer Brücke aufgrund der fehlenden Thermik nicht geschafft und seien mit Autos kollidiert. Schädel-Hirn-Traumata und Knochenbrüche sind bei Vögeln häufig. Derzeit wird auch ein Uhu mit einem gebrochenen Flügel aufgepäppelt, nachdem er – in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde, wie Völker betont – operiert wurde. Besonders häufig sind allerdings auch angefahrene Katzen. „Leider werden davon nur wenige gemeldet“, sagt Völker.

"Nach dem Anrufen bitte vor Ort bleiben"

Überhaupt ist das etwas, mit dem jeder die Arbeit der Tierrettung erleichtern kann. „Als allererstes sollte man uns anrufen“, sagt Völker. Seine Frau fügt hinzu: „Oft sagen die Leute dann am Telefon, was sie schon mit dem Tier gemacht haben, aber das war dann vielleicht genau falsch.“ Beispielsweise bei einem Unfall mit einem Tier solle man natürlich zuerst die Unfallstelle absichern. „Aber nicht versuchen, das Tier zu bergen“, ermahnt Lenore Völker. „Eventuell bestehen Rückenverletzungen, die dadurch verschlimmert werden.“ Und noch ein wichtiger Tipp: „Nach dem Anrufen bitte vor Ort bleiben“, sagt Völker. „Wenn wir ankommen und das Tier ist weg, kostet die Suche nach dem verletzten Tier wertvolle Zeit.“

Apropos Kosten. Die Tierrettung finanziert sich zu einem großen Teil über Spenden, aber auch die Einsätze selber bringen etwas Geld ein. Für den Transport des Haustiers oder für das Einfangen eines Wildtiers auf dem eigenen Grundstück wird ein gewisser Betrag fällig. „Wenn Sie zu Hause Ratten haben und einen Kammerjäger rufen, müssen Sie ja auch zahlen“, begründet das Völker. Wer dagegen einen Unfall oder ein verletztes Tier irgendwo im Landkreis Esslingen meldet, wird nicht zur Kasse gebeten. Zu was für Einsätzen Jürgen Völker und sein Team gerufen werden, hängt auch von der Jahreszeit ab. „Jetzt kommt wieder das Junggetier“, sagt Lenore Völker. „Sobald die ersten Sonnenstrahlen rauskommen, haben wir auch wieder viele Babyfüchse.“