JP Morgan hat nun nicht nur Bankfilialen in der realen Welt, sondern auch eine im Metaversum. Foto: dpa/Justin Lane

Die US-Großbank JP Morgan ist als erstes Finanzinstitut in der virtuellen Welt Metaversum eingestiegen. Die Amerikaner glauben an einen Milliardenmarkt dank der dort stark wachsenden Finanztransaktionen.

Stuttgart - Jamie Dimon, der Chef der größten US-Bank, JP Morgan hat sich bisher nicht als großer Freund virtueller Welten gezeigt. Insbesondere den so genannten Kryptowährungen stand er lange skeptisch gegenüber. Doch die neueste Filiale seines Finanzunternehmens, in der sogar sein Porträt hängt, ist etwas Besonderes. Als erste Bank hat JP Morgan in dem von Facebook propagierten, so genannten Metaversum eine virtuelle Präsenz eröffnet. Die Metaversum-Bankfiliale, die man als so genannter Avatar auch virtuell betreten kann, ist in einem fiktiven Japan in Metajuku angesiedelt – eine Anspielung auf das bunte Tokioter Einkaufsviertel Harajuku – angesiedelt. Der Bezug auf Japan ist kein Zufall: Japaner gelten virtuellen Welten gegenüber als besonders aufgeschlossen.

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Oynx Lounge heißt sie und ist im so genannten Decentraland angesiedelt, einem von einem kommerziellen Anbieter etablierten Teilbereich der virtuellen Welt. Die Bank will bei den finanziellen Transaktionen, die im Metaversum abgewickelt werden, an vorderster Linie dabei sein. Physische und virtuelle Welt werden sich nach Meinung der Bank dabei verbinden: Nach einer virtuellen Testfahrt mit einem Auto könnte es beispielsweise real gekauft werden.

Vorreiter Spieleanbieter

Ein erster großer Bereich für virtuelle Finanztransaktionen sind schon heute Spieleanbieter. Dort sind die Nutzer bereit, für virtuelle Werkzeuge oder Spieleigenschaften real zu bezahlen. Aber auch die Verwahrung von virtuellen Vermögenswerten wie Kryptowährungen ist aktuell schon ein Markt.

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JP Morgan erwartet, dass im Metaversum immer mehr digitale Güter und Dienstleistungen gehandelt werden. Und da die Bezahlvorgänge nicht mehr, wie etwa bisher auf Spieleplattformen, an einzelne Betreiber und Marken gebunden sind, sieht man hier eine wachsende, potenzielle Rolle von Banken. Die Transaktionen werden meist mit Kryptowährungen abgewickelt werden.

Grundstückspreise haben sich verdoppelt

Die US-Bank rechnet aktuell im Paralleluniversum mit einem Marktvolumen von etwa einer Milliarde Dollar im Jahr – und dies ist erst der Anfang. Grundstückspreise im Metaversum haben sich im vergangenen halben Jahr bereits verdoppelt, auch deshalb, weil immer mehr Unternehmen dort Präsenz zeigen. Dazu gehören etwa der große US-Einzelhändler Walmart, der Sportartikelhersteller Nike, aber vor allem auch der Unterhaltungsbereich wie Disney oder der Musikanbieter Warner Music. Auch die Luxusmarke Gucci beispielsweise besitzt bereits ein virtuelles Grundstück.

Verlagern sich Offline-Aktivitäten künftig online?

„Die Elemente eines neuen digitalen Zeitalters konvergieren in grossem Umfang. Das Metaversum ist die treibende Kraft, die diese Elemente zu einem einheitlichen Erlebnis zusammenführt“, schreibt die Bank in einer aktuellen Analyse. Man rechnet damit, dass einige kommerzielle Aktivitäten, die bisher Offline stattfinden, sich in den virtuellen Raum verlagern könnten – das könnten Immobilienbesichtigungen sein, Testfahrten mit Autos oder das könnte auch Bildungsangebote betreffen. Damit würden die zu erzielenden Umsätze weit über den bisherigen Online-Markt hinausgehen.

Metaverse könnte reale Strukturen spiegeln

Die US-Bank glaubt, dass im Metaverse ein Stückweit die aktuelle Wirtschaftswelt abgebildet wird. Es werden sich der Bank zufolge nach dem Muster von Decentraland separate digitale Welten etablieren, die ihre eigene Spielwährung und ihre eigene virtuelle Bevölkerung aufweisen. Damit würde es zu ähnlichen Transaktionen kommen wie heute in der Weltwirtschaft – also einem Zahlungsverkehr, dem Handel von Devisen oder der Verwahrung von Finanzanlagen. Nicht zuletzt wird es auch darum gehen, Betrug zu verhindern. Die Bank glaubt deshalb, dass sie ihre bisherige Kompetenz in der realen Welt auf die virtuelle Realität übertragen kann.