Die Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt Foto: dpa/Arne Dedert

Der Branchenprimus hat 2022 mehr als fünf Milliarden Euro verdient. Doch eines seiner wichtigsten Ziele erreicht Bankchef Christian Sewing nur mithilfe eines Steuereffekts.

Mit einem Nettogewinn von fünfeinhalb Milliarden Euro hat die Deutsche Bank ihr bestes Jahresergebnis seit 2007 vorgelegt. Das war am Vorabend der Finanzkrise – die auch für den deutschen Branchenprimus in eine schmerzhafte Umstrukturierung mündete. Nun könne man die Früchte ernten, schrieb Bankchef Christian Sewing am Donnerstag an seine Mitarbeiter: „Unsere Bank ist heute profitabler, effizienter, besser diversifiziert, robuster und risikoärmer – und damit in einer starken Position, um im globalen Wettbewerb nicht nur zu bestehen, sondern weiter anzugreifen.“

An die Übernahme eines konkurrierenden Instituts habe er dabei nicht gedacht, stellte Sewing auf der Bilanzpressekonferenz klar. „Wenn Sie Marktanteile konstant gewinnen, dann ist das für mich angreifen.“ Und dabei tritt die Deutsche Bank auch gegen die großen Konkurrenten an der Wall Street an: Bei den Unternehmenskunden und im Investmentbanking merke man, „dass viele Kunden gern eine Alternative zu den US-Banken haben“, sagte Sewing.

Höhere Dividende geplant

Die Investmentbank steuerte auch 2022 wieder den größten Anteil zum Konzerngewinn bei. Aber das Geschäft mit Privat- und Unternehmenskunden verzeichnete hohe Wachstumsraten, getrieben vor allem von den steigenden Zinsen.

Profitieren sollen davon auch die Aktionäre: Der Deutsche-Bank-Vorstand will dem Aufsichtsrat empfehlen, die Dividende für das Geschäftsjahr 2022 von 20 auf 30 Cent zu erhöhen. Dies sei „nur ein Zwischenschritt“, versicherte Sewing. 2025 solle die Hälfte des Gewinns an die Aktionäre fließen.

Aktie im Minus

An den Börsen gab es dafür keine Vorschusslorbeeren: Die Aktie der Deutschen Bank verlor am Donnerstag gegen den Trend an Wert und bildete das Schlusslicht im Dax.

Ein Grund dafür könnte sein, dass die Deutsche Bank eine ihrer wichtigsten Zielmarken, nämlich eine Eigenkapitalrendite von acht Prozent, nur mithilfe eines Steuereffekts übersprang. Mit einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro machte er zugleich ein Viertel des Nettogewinns aus. Die Deutsche Bank hat 2022 nämlich die Bewertung latenter Steueransprüche geändert: Durch Verrechnung mit früheren Verlusten erwartet sie in den USA Steuereinsparungen, die wegen der verbesserten Geschäftslage höher ausfallen dürften als bislang angenommen.

Ohne diesen Effekt wäre die Eigenkapitalrendite, die 2022 auf 9,4 Prozent stieg, um 2,7 Prozentpunkte niedriger ausgefallen. Sewing sagte dazu, bei der Festlegung des Acht-Prozent-Ziels vor dreieinhalb Jahren habe man weder mit dem Krieg in der Ukraine noch mit den daraus folgenden Kostensteigerungen rechnen können. In den nächsten Jahren will er die laufenden Kosten trotz Inflation stabil halten und gleichzeitig die Erträge steigern. Dadurch soll bis 2025 die Aufwand-Ertrag-Relation unter 62,5 Prozent sinken – 2022 musste die Bank für jeden Euro Ertrag noch 75 Cent aufwenden.

Die Belegschaft wächst wieder

Zweifel am Sparwillen der Deutschen Bank nährt der Umstand, dass die Zahl der Mitarbeiter zuletzt wieder gestiegen ist. Sewing hatte bei Ankündigung seines Sparprogramms im Juli 2019 den Abbau von 18 000 der damals weltweit rund 91 000 Vollzeitstellen angekündigt. Dieses Ziel verfolgt die Bank schon länger nicht mehr, im vergangenen Jahr ist die Belegschaft nun aber deutlich gewachsen, von knapp 83 000 auf fast 85 000 Vollzeitstellen. Sewing begründete dies mit der Festanstellung von rund 6000 zuvor freien Mitarbeitern, was Kosten spare. Zudem seien jährlich rund 1000 Hochschulabsolventen eingestellt worden: „Diese Bank muss in die Zukunft investieren.“

Dass Sewing die schwierige Vergangenheit hinter sich lassen will, wird auch daran deutlich, dass die Deutsche Bank ihre hauseigene Deponie für Altlasten dichtmacht: Die verbleibenden Bestände würden auf ein anderes Segment übertragen, kündigte Finanzchef James von Moltke an.