Elly Schlein will als neue Chefin der PD die Opposition wieder einen und moralisch aufrichten. Foto: dpa/Roberto Monaldo

Elly Schlein ist zur neue Chefin der sozialdemokratischen PD gewählt worden. Die Linke wird damit zur wichtigsten Gegnerin von Regierungschefin Giorgia Meloni.

Eine der ersten, die Elly Schlein (37) zur Wahl gratulierten, war Giorgia Meloni (46). Vom Regierungspalast in Rom aus schickte Meloni ihre Glückwünsche an die neue Chefin des PD und fügte etwas maliziös hinzu: „Ich hoffe, dass die Wahl einer jungen Frau an die Spitze der Partei der Linken dabei helfen wird, nach vorne und nicht immer nur rückwärts zu schauen.“ Die Opposition und insbesondere der PD befindet sich in der Tat in einem erbärmlichen Zustand: Die Partei ist in mehrere Parteiflügel aufgesplittert, zerstritten, gelähmt. Bisher musste sich Meloni mehr vor den Machos in ihrer eigenen Regierung – Silvio Berlusconi und Matteo Salvini – fürchten als vor der Opposition.

Wahlbeteiligung überraschend hoch

Das könnte sich nun ändern. „Die Wahl hat gezeigt, dass es die Linke in Italien noch gibt und dass sie lebendig ist“, erklärte Schlein, nachdem ihr Sieg in der Basisbefragung feststand. Die Wahlbeteiligung war überraschend hoch: Landesweit hatten sich über eine Million Parteimitglieder und Sympathisanten in die Wahllokale begeben. Schlein, die erst vor wenigen Monaten wieder dem PD beigetreten war, schlug ihren Gegenkandidaten, den altgedienten Parteisoldaten und Ex-Kommunisten Stefano Bonaccini, mit 54 zu 46 Prozent der Stimmen. Ausschlaggebend für ihren Sieg waren die großen Städte Rom, Mailand, Turin, Neapel oder Palermo, wo sie am meisten gepunktet hat. „Das Resultat ist ein klares Mandat, die Partei von Grund auf neu auszurichten“, erklärte die neue Parteichefin.

Schlein fordert den ökologischen Umbau, Gleichstellung, Mindestlohn, Vermögenssteuer und Solidarität mit Migranten; sie ist feministisch, offen bisexuell und spricht – neben den Frauen – vor allem ein progressives, urbanes Publikum an. Gleichzeitig dürfte sie ihren Sieg auch einem „Meloni-Effekt“ verdanken: Nachdem die Rechte in Italien im vergangenen Herbst erstmals in der Geschichte Italiens eine Frau an die Spitze der Regierung gebracht hatte, wollte die PD-Basis die Führung der Partei ebenfalls einer Frau anvertrauen. Und der weit rechts stehenden Ministerpräsidentin wollten die linken Wählerinnen und Wähler eine weit links politisierende Parteichefin entgegenstellen, eine „Anti-Meloni“. Der PD wird unter Elly Schlein im Vergleich zu ihrem Vorgänger, Ex-Premier Enrico Letta, einen spürbaren Linksruck vollziehen.

Schlein will die Opposition stärken

Neben der Neupositionierung der Partei wird Schleins wichtigste Aufgabe darin bestehen, die Opposition wieder zu einen und moralisch aufzurichten. Zu diesem Zweck hatte sie schon vor ihrer Wahl Signale der Entspannung in Richtung der Fünf-Sterne-Protestbewegung ausgesendet. Vor der Parlamentswahl am 25. September war es zwischen dem PD und den „Grillini“ zum Bruch gekommen, was den Wahlsieg Melonis und ihrer Rechtskoalition überhaupt erst ermöglicht hatte. Ob eine Annäherung mit dem populistischen Fünf-Sterne-Chef, Ex-Premier Giuseppe Conte, möglich ist, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Aber ohne Kooperation der beiden stärksten Oppositionsparteien stehen gegen die starke Meloni sowohl der PD als auch die Fünf Sterne auf verlorenem Posten.

Ob mit oder ohne Conte: Mit Elly Schlein wird nun eine 37-jährige Oppositionsführerin eine 46-jährige Regierungschefin herausfordern - eine Konstellation, die in der bis vor kurzem noch fast ausschließlich von älteren Herren dominierten italienischen Politik kaum jemand für möglich gehalten hätte. Frau gegen Frau, weit links gegen weit rechts. Giorgia Meloni hatte sich im Wahlkampf mit diesen Worten zur Wahl empfohlen: „Ich bin Giorgia, ich bin eine Frau, ich bin eine Mutter, ich bin christlich.“ Elly Schlein konterte auf ihre Weise: „Ich bin eine Frau, ich liebe eine Frau, ich bin nicht Mutter, aber deswegen bin ich nicht weniger Frau.“ Schlein gegen Meloni: Das verspricht ein interessantes Duell zu werden.