Oberbürgermeister Frank Nopper reagierte bei einem Interview mit dem SWR gereizt. Foto: IMAGO/Oliver Willikonsky

Im Interview mit dem Südwestrundfunk (SWR) ist Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) der Kragen geplatzt. Mit der Rhetoriktrainerin Mariella Guarneri werfen wir einen genaueren Blick auf das Gespräch. Was ist da schief gelaufen?

Der SWR-Beitrag „Amt am Limit – Der Staat vor dem Kollaps?“ beleuchtet die Probleme in den Behörden des Südwestens – mit besonderem Fokus auf die Landeshauptstadt Stuttgart. Die überlastete Ausländerbehörde, Schwierigkeiten bei der Digitalisierung – die Liste der Herausforderungen in den Ämtern ist lang. Über diese Themen sprachen die SWR-Redakteure auch mit OB Frank Nopper. Dabei zeigte sich der Rathauschef sichtlich verärgert und reagierte angriffslustig. „Mir ist der Gaul durchgegangen“, räumte er später ein.

Reaktion auf kritische Fragen: Angriff statt Sachlichkeit

Rhetoriktrainerin Guarneri erklärt, dass es im Wesentlichen drei Arten gibt, auf kritische Fragen zu reagieren: Flucht, Angriff oder das sogenannte „Toter-Mann-Prinzip“, bei dem die Interviewten vor Schock oder Überforderung gar nicht mehr reagieren. „Es ist völlig normal, dass sich unser Gehirn in solchen Momenten in ein Notfallprogramm schaltet“, so Guarneri.

Als es darum geht, was denn genau bei der Digitalisierung der Baugenehmigungen schieflaufe und ob es sich dabei um ein Umsetzungsproblem der Stadt Stuttgart handele, gelingt es OB Nopper nicht, sachlich zu bleiben. Er reagiert aufgebracht: „Und Sie kommen jetzt auf die Art und Weise: Sind Sie zu blöd, um das zu organisieren? Das ärgert mich sehr. Ich bin wirklich extrem verärgert.“

Im Fall von Nopper sei eine Mischung aus Angriff und Flucht zu beobachten. „Es wirkt, als kämpfe er gegen den Rest der Welt. Ein gemeinsames Ziel ist in seinen Antworten nicht erkennbar“, analysiert Guarneri. „Er hat nur einen Angriff wahrgenommen und auf diesen reagiert.“

Worte im Mund umgedreht

Zwar könne man ohne das gesamte Interview nicht genau beurteilen, wie es zu dem Punkt kam, dass die Situation eskalierte, aber der ausgestrahlte Ausschnitt zeige eine klare Kampfrhetorik. Nopper verließ die sachliche Ebene und nahm die Fragen der Journalistin offenbar sehr persönlich.

Besonders deutlich wird dies, als er der Fragestellerin unterstellt, sie halte ihn für „dämlich“ oder „nicht in der Lage“, die Probleme in den Griff zu bekommen. „Er legt der Fragestellerin Worte in den Mund und macht deutlich, dass er die Kritik auf sich als Person bezieht“, erklärt die Kommunikationsexpertin.

Kein souveräner Auftritt als Repräsentant der Stadt

„Er müsste die Situation besser einordnen, das größere Bild aufzeigen und sich als Person komplett aus der Diskussion herausnehmen“, empfiehlt Guarneri. In einem solchen Interview gehe es nicht um den Menschen Frank Nopper, sondern um den Oberbürgermeister als Repräsentanten der Stadt.

Souveränität, so die Rhetoriktrainerin, zeigt sich in der Fähigkeit, sich Raum und Zeit zu verschaffen. „Leider hat Nopper hier zu reaktiv gehandelt. Er hätte die Gesprächsführung aktiver in die Hand nehmen und zeigen sollen, was in der Verwaltung bereits unternommen wird, um die Probleme anzugehen.“ Von einem Oberbürgermeister erwarte man, dass er den Überblick behalte und die Situation klar zusammenfasse. Das sei ihm im Interviewausschnitt nicht gelungen.

Wie also besser auf kritische Fragen reagieren?

In einer solchen Situation sei es entscheidend, sich zunächst Zeit zu verschaffen. „Er hätte die Frage bis zum Ende anhören und dann abpuffern sollen“, erklärt Guarneri. Gut sei es auch, das Gefragte erst einmal aufzugreifen und zu paraphrasieren.

Zwar habe er etwas ähnliches gemacht, aber eben nicht auf sachlicher Ebene. Stattdessen entgegnete er auf die Frage der Journalistin, was denn genau schieflaufe, plump: „Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, dass Sie damit nicht klarkommen.“

„Nopper hätte klar benennen können, dass es mehrere Ursachen für die Probleme gibt“, erläutert Guarneri. „Man erwartet von einem OB nicht, dass er zu jedem Detail sofort eine Antwort hat. Aber er hätte aufzeigen können, dass es spezielle Abteilungen gibt, die sich um die Themen kümmern, und wie man den Kontakt zu ihnen herstellt. Sein Job ist es, den Überblick zu behalten.“

Schwaches Argument: „Anderswo ist es noch schlimmer“

Auch bei der Diskussion um die Probleme der Ausländerbehörde hinterließ Nopper keinen souveränen Eindruck. Guarneri kritisiert insbesondere seine Aussage, dass die Situation in anderen Städten noch schlechter sei. „Das ist ein sehr schwaches Argument“, so die Trainerin. „Stattdessen wäre es überzeugender gewesen, die Ursachen des Problems sachlich zu erklären und konkret darzulegen, was die Stadtverwaltung tut, um die Lage zu verbessern.“