Deutschlands größter Medien- und Digitalkonzern will nach Expansion mithilfe Finanzinvestoren wieder zurück zu seinen Wurzeln: ein klassisches Medienhaus sein - in Familienhand.
Der internationale Medienkonzern Axel Springer wird wieder ein familiengeführtes Medienhaus und plant eine Aufspaltung seiner Geschäfte. Der Medienbereich soll im Besitz von Friede Springer und Mathias Döpfner geführt und von den Rubriken-Geschäften mit Job- und Immobilienportalen abgetrennt werden - die Pläne stehen nach Konzernangaben unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen und die Transaktion soll voraussichtlich im zweiten Quartal 2025 erfolgen.
„Die neue Struktur soll alle Geschäftsbereiche optimal für zukünftiges Wachstumspotenzial und Erfolg in ihren jeweiligen Märkten positionieren“, hieß es vom Konzern mit rund 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mit dem Schritt verändert sich auch eine vor Jahren geschlossene strategische Partnerschaft mit dem großen US-Finanzinvestor KKR: Die Rubrikengeschäfte werden zu eigenständigen Unternehmen mit neuer Aktionärsstruktur - US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) und der kanadische Pensionsfonds CPP Investments werden dort Mehrheitsaktionäre.
Die Vize-Aufsichtsratsvorsitzende und Verlegerwitwe Friede Springer teilt mit: „Es war die deutliche Vorstellung von Mathias Döpfner und mir, dass Axel Springer eines Tages wieder ein Familienunternehmen sein würde. Dass diese Vorstellung jetzt Wirklichkeit wird, erfüllt mich mit großer Freude.“ Vom Vorstandsvorsitzenden Döpfner, der wie Springer auch einen großen Anteil am Medienhaus hält, heißt es: „Bevor wir vor fünf Jahren die Partnerschaft mit KKR begannen, hatten Friede Springer und ich eine Idee, wie das Unternehmen in einigen Jahren im Idealfall aussehen könnte. Genau das geht nun wohl in Erfüllung.“ Für eine gute Zukunft des Journalismus habe man in der künftigen Struktur die „allerbesten Voraussetzungen“.
So sieht die Struktur aus
Der Deal soll so aussehen: Die Mediengeschäfte mit den Marken „Bild“, „Business Insider“, „Politico“, „Welt“, „Morning Brew“ und weitere Bereiche wie unter anderem das Online-Vergleichsportal „Idealo“ verbleiben bei Axel Springer. Knapp 98 Prozent des Unternehmens kontrollieren Döpfner (61) und Friede Springer (82). „Die restlichen Anteile behält Axel Sven Springer, ein Enkel des Firmengründers – ein kleinerer Teil seiner bisherigen Minderheitsbeteiligung. Damit wird Axel Springer zum ersten Mal seit dem Börsengang im Jahr 1985 ein Familienunternehmen, vollständig in privater Hand“, heißt es vom Konzern.
Zum dann abgetrennten Teil gehören Unternehmen wie die Stepstone Group (Jobbörse), Aviv mit Immobilienportalen und „finanzen.net“. Bei dem eigenständigen Joint Venture Unternehmen sind KKR und CCP Investments dann Mehrheitsaktionäre - Axel Springer soll Co-Minderheitsaktionär werden und es soll eine wirtschaftliche Beteiligung der Enkelkinder von Axel Springer geben. Die genaue Beteiligung steht demnach noch nicht fest. Auch wie der abgetrennte Teil künftig heißen soll oder ob es mehrere Einheiten geben soll, blieb noch offen.
Warum die Aufspaltung?
Dass sich die Wege von KKR und Springer trennen würden, war in der Medienbranche schon länger erwartet worden. Springer war Ende 2019 eine strategische Kooperation mit dem Finanzinvestor eingegangen, um mit Investitionen beschleunigt zu wachsen. 2020 zog sich Springer nach rund 35 Jahren von der Börse zurück. Zahlen, wie viel der Konzern heute wert ist, sind offiziell nicht bekannt. Die „Financial Times“ (FT) brachte vor Tagen 13,5 Milliarden Euro ins Spiel, darunter entfielen mehr als 10 Milliarden Euro auf das Portale-Geschäft. Falls die Zahlen in der FT stimmen sollten, hätte Axel Springer seinen Wert im Vergleich zur Zeit vor der Kooperation mehr als verdoppelt.
KKR ist dafür bekannt, sich für einige Jahre in Unternehmen einzuklinken und sich dann im Idealfall mit Gewinn wieder zu trennen. Anfang 2023 hatte Springer-Chef Döpfner in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, wann er damit rechne, dass sich KKR wieder aus dem Konzern zurückziehe, gesagt: „Als sie eingestiegen sind, sagten sie uns, dass sie einen Zeithorizont von mindestens fünf Jahren haben, eher sieben, vielleicht auch zehn.“ Ende 2024 werden es fünf Jahre Kooperation sein.
Eine Überlegung, die es bei Springer mit einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro und einem Gewinn von rund einer dreiviertel Milliarde Euro im Jahr 2022 gab, war ein Börsengang für die Jobbörse StepStone. Dazu kam es aufgrund der Marktbedingungen nicht. Das hätte eine andere Option sein können, wie man KKR wieder aus dem Konzern herauslöst und quasi ausbezahlt.
Ist der Schritt riskant?
Die Aufspaltung birgt auf den ersten Blick ein gewisses Risiko. Digitale Job-, Immobilien- oder Handelsplattformen sind häufig Teil des Portfolios von großen Medienhäusern, weil sie dadurch Werbeeinnahmen erzielen. Das Ganze hängt mit dem digitalen Wandel zusammen. Früher buchten Firmen Werbeanzeigen in gedruckten Zeitungen, Zeitschriften oder im Fernsehen. Mit dem Internet sind ganz andere Player auf dem Markt. Die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben - Google und andere große Plattformen sind jetzt ganz vorne. Medienhäuser können durch Rubrikenportale den Trend etwas abfedern.
Was hat Döpfner vor?
Interessant wird sein, wie Verlagschef Döpfner - seit 2002 Vorstandsvorsitzender - das internationale Mediengeschäft weiterbetreiben wird. Durch die Trennung hat der Manager freiere Hand bei Entscheidungen. Ein klarer Fokus liegt auf den USA, dort will Springer wachsen und womöglich größter Verlag werden. Springer hatte im Oktober 2021 den Kauf der digitalen US-Mediengruppe Politico abgeschlossen - das war die größte Unternehmensübernahme der Firmengeschichte. Es könnten weitere Zukäufe in den USA folgen. Neben dem Hauptsitz in Berlin gibt es einen weiteren Sitz in New York.
Perspektivisch will sich Axel Springer - ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen - vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden. Stärkste Medienmarke in Deutschland ist nach wie vor der Boulevardtitel „Bild“. Weitere Marken sind „Welt“ samt gleichnamigem Fernsehsender und die Berliner Boulevardzeitung „B.Z.“. Der Konzern setzt auf digitale Bezahlmodelle im Journalismus und auf Reichweite. Vor einiger Zeit hatte es einen Sparkurs bei den deutschen Marken gegeben. Der Konzern trennte sich von Mitarbeitern.