Moskau lässt die nuklearen Muskeln spielen und startet ein Manöver mit seiner neuen Interkontinentalrakete „Yars“. Diese kann außergewöhnlich große Atomsprengköpfe tragen.
Die Meldung in den Medien liest sich auf den ersten Blick unspektakulär: „Russland startet Militärmanöver mit dem Interkontinentalraketensystem Yars.“ Die Übungen würden in drei russischen Regionen durchgeführt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit, ohne die Regionen konkret zu benennen. Außerdem würden „eine Reihe von Maßnahmen zur Tarnung und Abwehr moderner Luftaufklärungsmittel“ durchgeführt werden, hieß es weiter.
Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Was ist das Yars-Missile-System?
Über das Interkontinentalraketensystem Yars-Missile sind nur wenige taktische und technische Merkmale bekannt. Experten-Berichten zufolge haben die Flugkörper eine Reichweite von 12.000 Kilometern.
Nach westlichen Geheimdienstinformationen ist die RS-24 „Yars“ eine silogestützte, mobile ballistische Interkontinentalrakete aus russischer Produktion. Sie ist eine Weiterentwicklung der RS-12M2 Topol-M (Nato-Codename SS-27 Sickle-B), welche mit Mehrfachsprengköpfen bestückt ist. Derzeit befinden sich rund 153 RS-24 Raketen in der mobilen und rund 20 RS-24 Raketen in der stationären Version im Dienst der russischen Raketentruppen.
Wie zerstörerisch ist die Yars-Rakete?
Die 21 bis 23 Meter lange Rakete kann drei bis vier Mehrfach-Nukleargefechtsköpfe mit je 100–300 Kilotonnen (kt) TNT tragen.
Zum Vergleich: Die Atombombe „Little Boy“, die am 6. August 1945 von dem amerikanischen B-29-Bomber über der japanischen Stadt Hiroshima abgeworfen wurde, hatte eine Sprengkraft von etwa 13 Kilotonnen TNT-Äquivalent (zur Info: TNT-Äquivalent ist eine Maßeinheit für die bei einer Explosion frei werdende Energie).
Eine einzelne Yars-Rakete hätte demnach eine maximale Zerstörungskraft von 1200 kt. Das entspricht mehr als 90 Hiroshima-Bomben.
Welche Folgen hätte die Explosion einer Yars-Rakete?
Die Umweltorganisation Greenpeace hatte 2020 in einer Studie „Auswirkungen einer Atombombe auf Deutschland“ die Folgen einer atomaren Explosion von 550 kt (also weniger als der Hälfte der Zerstörungskraft einer einer Yars-Rakete) auf eine Großstadt berechnet. Das durch die Auswirkungen betroffene Gebiet hätte eine Fläche von 213 Quadratkilometern.
US-Mediziner hatten bereits 2002 die Todeszahlen infolge einer 13-Kilotonnen-Atombomben-Explosion berechnet. In ihrer Studie im „British Medical Journal“ kamen sie auf mindestens 250 000 Tote.
Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) hat modelliert, dass eine 100-kT-Atombombe eine Region im 80-Kilometer-Radius zerstören und verstrahlen würde.