Der Choreograf Grégory Darcy will Menschen belohnen, die sich auf eine unbekannte Situation einlassen. Foto: Angela Ehrlich/AE

Der Choreograf Grégory Darcy plant die inklusive Street-Art-Performance „Tanzt mit mir!“. Hinter einem Vorhang warten Tanzpartner auf neugierige Passanten.

Ein Musikertrio sitzt unbeweglich an der Straße. Daneben ein Vorhang, der mehrere Personen verdeckt und nur ihre Hände zeigt. Das ist die Ausgangssituation der inklusiven Tanzperformance von Grégory Darcy. Sie entstand im Rahmen einer Residence von Kubi-S, einem Netzwerk für kulturelle Bildung. Kubi-S veranstaltet vom 20. bis 22. Mai 2022 das Festival „Funkeln inklusive“ mit vielen Veranstaltungen zur Inklusion in der Stuttgarter Kultur.

Herr Darcy, Sie wollen Passanten überraschen und zum Mittanzen einladen. Warum haben Sie dafür den Kulturkiosk am Züblin-Parkhaus gewählt und nicht einen zentraleren Platz?

Wichtig an diesem Projekt ist nicht eine große Bühne, sondern die menschliche Seite. Ich kenne diesen Ort von einer Gruppenausstellung. Er bot sich an, um diese spontane Idee unkompliziert umzusetzen; an anderen Orten war das aus unterschiedlichen Gründen unmöglich. Außerdem verfügt die Kulturkiosk-Macherin Sara Dahme über ein gutes Netzwerk.

Passanten sehen nur Hände, die sich einem entgegenstrecken, und eine Gruppe unbeweglicher Musiker. Wie soll ich darauf reagieren?

Jeder, der vorbeigeht, sieht den schönen roten Vorhand und die Hände. Man kann einfach weiterlaufen. Erst wenn man neugierig ist, Berührungsängste überwindet und eine der Hände ergreift, wird etwas passieren. Neugierde ist Voraussetzung für das Projekt „Tanzt mit mir!“.

Die Hände gehören Tänzern mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Werden diese ganz spontan auf die Passanten reagieren?

Mir war es wichtig, diesen Künstlern eine sichere Struktur zu geben. Für jede Persönlichkeit unter den Tänzern erklingt eine Musik, zu der sie gerne tanzt. Mit ihr kann ich die Tänzer dabei unterstützen, den Ablauf und die Bewegungen, die wir geplant haben, einzubringen und den Paartanz zu leiten. Die Herausforderung besteht ja schon darin, mit jemandem zu tanzen, den man nicht kennt. Und wer mutig genug ist, eine Hand zu ergreifen, soll sich auch sehr wohlfühlen. Wir haben an alles gedacht, damit diese Person ein schönes Erlebnis hat.

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Ein Vorhang verbirgt die fünf Tänzer. Empfinden Sie es so, dass manche Menschen in unserer Gesellschaft für andere unsichtbar sind?

Nein, in diese Richtung habe ich gar nicht gedacht. Ich fühle das nicht in Stuttgart; das ist eine internationale Stadt mit einer großen Willkommenskultur. Aber für jeden Menschen ist es wichtig, sich in unbekannte Zonen vorzuwagen. Wer hat schon einmal mit jemandem getanzt mit Rollstuhl, Downsyndrom oder transgender? Im Tanz spürt man, dass Unterschiede kein Problem sind, und geht danach hoffentlich leichter auf andere zu.

„Tanzt mit mir!“ am 22. Mai, 18.30, 19 und 19.30 Uhr am Kulturkiosk, Lazarettstraße 5

Info

Termin
„Tanzt mit mir!“ am 22. Mai, 18.30, 19 und 19.30 Uhr am Kulturkiosk, Lazarettstraße 5

Festival
Das Projekt entstand im Rahmen einer Residence von Kubi-S, einem Netzwerk für kulturelle Bildung, das alle Anliegen kultureller Teilhabe zentral koordiniert. Kubi-S veranstaltet vom 20. bis 22. Mai 2022 das Festival „Funkeln inklusive“, welches das Thema „Inklusion in der Stuttgarter Kultur“ mit verschiedenen künstlerischen und fachlichen Veranstaltungen in den Mittelpunkt rückt.