Bei dem Tanzprojekt sollen Menschen zusammenkommen und gemeinsam Spaß haben Foto: Simon Granville

In der Melchior-Jäger-Halle in Höpfigheim bringt ein Tanzprojekt des DRK Kreisverbandes Ludwigsburg Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen. Die Teilnehmer erfahren Tanz als Mittel der Inklusion und des Miteinanders. Wie gelingt das?

„Eins, zwei, drei – Hey, Ho!“, zählt Thomas Haag. Die gut dreißig Tänzer in der Melchior-Jäger-Halle in Höpfigheim haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt, einen inneren und einen äußeren Kreis. Der innere Kreis bewegt sich im Takt der Musik nach vorne. Die Tänzerinnen im äußeren Kreis machen eine Drehung. Fast ausschließlich Frauen sind der Einladung des DRK-Kreisverbandes Ludwigsburg gefolgt, um in der integrativen Tanzgruppe mitzutanzen. Ein Teilnehmer und Taktgeber Thomas Haag sind die einzigen Männer auf der Tanzfläche. Mit dabei aber: vier Rollstühle und ein Rollator.

Jasmin ist eine der Rollstuhltänzerinnen – und eine der jüngsten auf der Tanzfläche. „Ich dachte: ‚Ein bisschen mehr Tanzen schadet nie‘“, sagt die 40-Jährige lachend. Sie hat viel Erfahrung, macht Paartanz mit einem Partner ohne Behinderung, und so richtig herausgefordert fühlt sie sich bis jetzt noch nicht. „Aber ein inklusives Sportangebot direkt vor der Tür, das musste ich mir unbedingt anschauen.“

Kurs soll mindestens bis Sommer 2025 stattfinden

„Tanzen – gemeinsam einzigartig“, ist die Beschreibung des DRK-Projekts. Grundsätzlich gäbe es einfach viel zu wenig inklusive Angebote, sagt Heike Steck, die beim DRK für die Gesundheitsprogramme zuständig ist. Der Kurs richte sich an alle, aber eben auch an beeinträchtigte und ältere Menschen. Neben der Bewegung steht für Heike Steck die Gemeinschaft im Vordergrund: Menschen sollen hier zusammenkommen und gemeinsam Spaß haben. Es soll ein verlässliches Angebot sein, das mindestens bis zum nächsten Sommer im zweiwöchigen Turnus stattfindet. Steck freut sich, dass so viele Tanzfreudige nach Höpfigheim gefunden haben: „Ich habe es mir gewünscht, aber gar nicht richtig vorstellen können“, sagt sie.

Nach einer Trinkpause geht es in der Halle weiter. Die beiden Übungsleiter Thomas Haag und Inge Claus stimmen die Gruppe auf einen Walzerschritt ein: „Eins, zwei, drei – und wieder zurück “, zählt Haag. „Und dann die Drehung.“ Die Seit- und Kreuzschritte deutet Jasmin mit einer kleinen Drehbewegung ihres Rollstuhls an. Der Stuhl kann nur vorwärts und rückwärts fahren, nicht zur Seite.

Trainer wandeln Tänze ab, damit jeder mitmachen kann

Thomas Haag ist seit zehn Jahren Übungsleiter für Line-Dance, seit zwei Jahren auch für Seniorentanz. Er und seine Mitstreiterin Inge Claus haben Familienmitglieder, die beeinträchtigt sind: „Dadurch sind wir auf die Idee gekommen etwas für Menschen zu machen, die nicht immer höher, schneller, weiter können“, sagt er. Die beiden möchten unterschiedliche Tanzformen ins Repertoire aufnehmen, die sie so abwandeln, dass auch die Tänzer mit Behinderung gut mitmachen können. Haag hat einen Übungsrollstuhl dabei. So kann er die Bewegungen selbst ausprobieren und vormachen.

Als einige Tänzer bei einer Sequenz nicht richtig in den Takt kommen, unterbricht Inge Claus. „Durchatmen. Ankommen“, sagt sie: „Wir achten aufeinander. Wir teilen jetzt die Gruppe und machen einen Tick langsamer.“

Dann erklingen die ersten Takte von „Stand by me“. Die Gruppe wiederholt den Tanz, den sie am Anfang geübt hat. „Damit es im Gedächtnis bleibt“, sagt Thomas Haag. Anschließend gibt es wieder eine Trinkpause.

Manche Teilnehmer sind auch aus beruflichem Interesse da

„Ich finde das Angebot auch für Menschen wichtig, die nicht beeinträchtigt sind. So verlieren sie die Berührungsangst“, sagt Helga Siller. Die 62-Jährige ist aus persönlichem und beruflichem Interesse hier. Sie tanzt in der Line-Dance-Gruppe von Thomas Haag mit und arbeitet in einem Pflegeheim. Dort macht sie Sitztanz mit den Bewohnern, deswegen war sie neugierig auf die inklusive Gruppe. „Aber das ist doch nochmal etwas ganz anderes“, stellt sie fest.

Die Gruppe besteht fast nur aus Frauen. Foto: Simon Granville

„Nur mal reinschnuppern“ wollte Margit (65). Sie überlegt, ob sie dabeibleibt: „Ich finde das Angebot gut, ein schönes Miteinander und ich habe auch schon einige Bekannte getroffen“, erzählt sie. Die 82-jährige Elfie Sackmann ist mit drei Frauen aus der DRK-Altersgymnastik-Gruppe aus Rielingshausen in die Melchior-Jäger-Halle gekommen.

Tanzen hat sie durch ihr Leben begleitet. „Früher mit Petticoat und Rock’n’Roll. Dann kam Twist, das haben wir alles mitgemacht. Jetzt tanze ich manchmal noch zu Hause zu den alten Schlagern“, erzählt sie. Der Nachmittag hat ihr gut gefallen: „Vor allen, dass so viele unterschiedliche Menschen zusammengekommen sind.“

Kurs noch offen für Interessierte

Thomas Haag holt die Teilnehmer für die letzte Tanzrunde an diesem Nachmittag in die Hallenmitte. Als alle ihre Position gefunden haben, beginnt er langsam den Takt anzuzählen.

Info: Die Gruppe trifft sich samstags von 14.30 bis 16.30 Uhr in der Melchior-Jäger-Halle in Steinheim-Höpfigheim. Es gibt einen Terminplan. Anfragen bei Thomas Haag, Telefonnummer 0157-78825859, oder Heike Steck, DRK, Telefonnummer 07141-121225.