Und tschüss! Viele Esslinger erinnern sich noch, wie das grüne Landratsamtsgebäude in den 1970er Jahren gebaut wurde. Jetzt weicht es einem Neubau. Foto: Roberto Bulgrin

Löchrige Lieferketten, steigende Kosten: Dennoch sind im Landkreis Esslingen 2022 wieder Millionen verbaggert und in Beton umgesetzt worden. Allerdings konnte und wollte da nicht jeder mithalten.

Manche hatten Glück und gaben ihre Bauarbeiten noch in besseren Zeiten in Auftrag. So etwa der Landkreis mit seiner neuen Landratsamtsdependance in Plochingen. Andere – wie etwa die Stadt Plochingen selbst – haben bei ihren Bauvorhaben die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs voll abbekommen. Und wieder andere haben sich entschieden, das Risiko doch nicht auf sich zu nehmen. So hat Kirchheim auf die Sanierung des Kornhauses vorerst verzichtet. Schlaglichter auf die Baustellen 2022 im Kreis Esslingen.

Kreisverwaltung in Bewegung Im Frühjahr haben 225 Mitarbeitende des Dezernats für Gesundheit, Ordnung und Verkehr mit Führerscheinstelle und Ausländeramt sowie das Kreismedienzentrum, die Registratur und der Abfallwirtschaftsbetrieb die neue Landratsamtsfiliale in Plochingen bezogen. Mit dem mehr als 40 Millionen Euro teuren Glasbau inklusive Parkhaus hat die Kreisverwaltung ihren Standort am früheren Kreiskrankenhaus auf 500 Bedienstete ausgebaut. Währenddessen wurden viele andere Behörden auf Zwischenquartiere verteilt – denn vor wenigen Wochen bissen sich die Bagger in den grünen Landratsamtsbau, der in den 1970er Jahren in den Esslinger Pulverwiesen hochgezogen worden war. Ihm folgt ein 144 Millionen Euro teurer Neubau, was nicht jeder Bürger nachvollziehen kann.

Am Image arbeiten Auch der große, lang gezogene Baukörper auf dem alten Esslinger ZOB tut sich noch schwer, die Akzeptanz in der Bürgerschaft zu finden. Im Sommer hat das Qbus, in dem die LBBW zahlreiche Mikroappartements, einen der größten Lebensmittelmärkte in der Region, Gastronomie, Büros, eine Mobilitätsstation und ein ambulantes Reha-Zentrum beherbergen will, Richtfest gefeiert. An der Längsseite des Gebäudes soll eine Spur der Berliner Straße weichen und so Platz für die Außenbewirtschaftung und ein paar Bäume schaffen. Auch auf dem Campus Neue Weststadt der Hochschule Esslingen ist Richtfest gefeiert worden. Dort investiert das Land 146 Millionen Euro.

Reanimation der Hotelbranche Es war sicher nicht einfach, einen Nachmieter in der von der Pandemie gebeutelten Hotel-, Gastro- und Veranstaltungsbranche zu finden. Die Stadt Esslingen hat in diesem Jahr den Vertrag mit der Leonardo-Gruppe unterschrieben, die das ehemalige Park Consul Hotel wiederbeleben will. Angekündigt ist erst eine umfangreiche Sanierung, bis die Gruppe dann Mitte 2023 wieder Gäste im früheren Vorzeigehotel neben dem Neckar Forum beherbergen will. Auch das hat unter Corona schwer gelitten: Die städtische Eventgesellschaft Esslingen live hatte 2021 gewaltige Verluste eingefahren.

Millionen für Krankenhäuser Sowohl ins Städtische Klinikum Esslingen als auch in die Medius-Kliniken des Landkreises fließen mehrstellige Millionenbeträge. Das Esslinger Klinikum steht vor dem größten Bauvorhaben seiner Geschichte. Gebaut wird in mehreren Abschnitten, dafür braucht es für die kommenden Jahre einen Modulbau mit 152 Betten. Ende Oktober sind die ersten Bauelemente eingeschwebt. In der Nürtinger Medius-Klinik konnte nach der Erweiterung des OP-Traktes auch die Erweiterung des Bettenhauses Anfang des Jahres abgeschlossen werden, für die Zentrale Notaufnahme steht mittlerweile der Rohbau. Und in Ruit entsteht ein neuer Bettentrakt mit 150 Betten und ein Verbindungsbau zwischen dem Erweiterungsbau aus dem Jahr 2010/11 und dem alten Bestandsgebäude. Für die Zeit während des Umbaus wurde ein Interimsbau mit 128 Betten aufgestellt.

Stadt zieht die Reißleine  Noch zu Jahresbeginn war die Stadt Kirchheim fest entschlossen, die Generalsanierung ihres historischen Kornhauses endlich in Angriff zu nehmen – auch wenn die Kosten schon damals um eine Million auf knapp 13 Millionen Euro in die Höhe geklettert waren. Im Sommer hat die Stadt die Sanierung dann doch noch ausgesetzt, nachdem die Ergebnisse der ersten Ausschreibungen bis zu 200 Prozent über den Erwartungen lagen.

Nachbarschaftsstreit beigelegt Lieferprobleme, Kritik am Baustellenmanagement, eine Kostensteigerung, die das knapp 50 Millionen Euro schwere Projekt nach aktueller Hochrechnung um zehn Millionen Euro teurer werden lässt: Die Sanierung und Erweiterung des Plochinger Gymnasiums lassen bislang wenig Freude bei der Stadt aufkommen. Ein kleines Trostpflaster kam kurz vor Weihnachten: Die Nachbargemeinden beteiligen sich nun doch mit gut fünf Millionen Euro an den Kosten – allerdings nur für den Neubau.

Land runter im Baugebiet Das umstrittene Ostfilderner Baugebiet Parksiedlung Nord-Ost hat es gleich mehrmals in die Schlagzeilen geschafft. Im Sommer scheiterte die Stadt mit ihrem Bebauungsplan ein weiteres Mal vor Gericht. Im kommenden Jahr wird sie sich mit einem erneuten „Heilungsverfahren“ versuchen. Der Investor, die Hofkammer, hat indessen unverdrossen weitergebaut – denn Bebauungsplan und Baugenehmigung sind zwei paar Stiefel. Dann ist vor wenigen Tagen eine provisorische Erdaufschüttung auf die Breslauer Straße gerutscht. So jedenfalls beschreibt die Hofkammer das Problem. Seitdem ist dieser Abschnitt der frequentierten Verbindungsachse zwischen Neckartal und Filder gesperrt – was wohl bis in den Januar anhalten wird.