In Steinheim sind mehrere Haushalte seit Tagen ohne Internet-Anschluss – im 21. Jahrhundert ein Desaster. Foto: Ralf Poller/Avanti

Seit zwei Wochen ist ein Straßenzug in Steinheim von der digitalen Außenwelt abgeschnitten – im 21. Jahrhundert ein Desaster. Was macht Vodafone als Anbieter? Dringen die Betroffenen mit ihrem Problem durch?

Der Fernseher? Schwarz. Die Telefonleitung? Tot. Das Internet? Nicht verfügbar. Und: keine Auskunft vom Anbieter Vodafone, was los ist. Nicht einmal eine Benachrichtigung über die Störung. In dieser Situation befinden sich seit dem 27. September die Bewohner von zehn Haushalten in Steinheim. „Es ist schwierig, einen kompetenten Ansprechpartner zu bekommen, der sich der Sache wirklich annimmt. Die Fehlerbeseitigung interessiert niemanden. Jeder schiebt es auf den anderen. Es ist sehr frustrierend“, sagt Wolfgang Mildenberger, einer der Betroffenen.

Versucht hat er vieles: Er telefonierte immer wieder mit einem örtlichen Premiumpartner von Vodafone, der bei Störungen ins Spiel kommt, aber bedingt helfen konnte. Er holte sich einen Techniker ins Haus, der feststellte, dass die Anschlussleitung tot ist – was an sich klar war. Er besuchte einen Vodafone-Shop in Benningen, wo man auf eine Hotline verwies. Mit der telefonierte er genauso wie mit den Rathäusern in Steinheim und im benachbarten Murr, wo ein Gesprächspartner die Ursache für die Störung vermutete. „Auf dem Rathaus war man sehr hilfsbereit“, sagt Mildenberger, die Zuständigkeit aber liegt anderswo. So schrieb er per Handy zwei Mails an das Beschwerdemanagement von Vodafone, auf die keine spezifische Reaktion kam. Und er ließ sich eine Sim-Karte für mehr Datenvolumen auf dem Handy schicken. Doch die Installation schlug bei der Eingabe von Nummer und Passwort fehl. „Ich war dann gesperrt.“

Die Ungewissheit treibt die Betroffenen um

Am Dienstag dieser Woche, einen Tag nach einer Anfrage unserer Zeitung an Vodafone, gab der örtliche Dienstleister Wolfgang Mildenberger auf dessen neuerlichen Anruf hin die Auskunft, dass das Problem voraussichtlich am 18.  Oktober behoben werde. „Wenn ich mich dort nicht gemeldet hätte, hätte ich das wohl nicht erfahren“, sagt er. Ihn treibt die lange Ungewissheit noch immer um. Er berichtet, schlecht zu schlafen und nicht zur Ruhe zu finden. Und er denkt an seine Nachbarschaft. „Was, wenn da eine ältere Person alleine zuhause sitzt und kein Telefon hat? Was, wenn ein Notfall passiert?“ An Homeoffice ist ebenfalls nicht zu denken. Der Ärger der Bewohner in Steinheim bezieht sich weniger auf die Störung, sondern darauf, keine Hilfe zu erhalten. „Mehrere Nachbarn haben ihren Vertrag fristlos gekündigt“, sagt Wolfgang Mildenberger. Schilderungen aus der Nachbarschaft seien identisch mit seiner Erfahrung: Es gebe keine Auskunft vonseiten Vodafones, keine persönlichen Gespräche. Ein Nachbar habe sich nun einen sogenannten Cube geholt, mit dem Internet ohne Anschluss verfügbar ist. „Die Kosten will er in Rechnung stellen.“ Wolfgang Mildenberger selbst hat die September-Rechnung reklamiert, selbiges plant er für den Oktober.

Reparaturarbeiten erfolgen am 18. Oktober

Die Anfrage unserer Zeitung beantwortete Vodafone hingegen innerhalb von nicht mal zwei Stunden. Mit Informationen, welche die zehn Betroffenen in der Brühlstraße und der Stettiner Straße nicht erhalten haben. „Ursache ist ein Anbindungsfehler auf dem unterirdischen Kabelstrang, über den die zehn Kunden ans Kabelnetz angeschlossen sind“, teilt Vodafone-Sprecher Volker Petendorf mit. Zur Behebung müsse ein Kabelschaden beseitigt, zudem ein defektes Bauteil durch ein neues Netzelement ersetzt werden. Diese Reparatur sei in der Planung, die Ausführung leider sehr aufwendig. „Es sind Tiefbauarbeiten erforderlich.“ Petendorf führt weiter aus, dass der örtliche Dienstleister die Reparaturarbeiten seit Bekanntwerden der Störung intensiv vorbereite. „Dazu erfolgten Messungen aller Netzelemente und Bestandsaufnahmen bei mehreren Vor-Ort-Terminen.“ Anschließend sei das Reparaturkonzept erstellt und eine Genehmigung für die verkehrsrechtliche Anordnung bei der Gemeinde eingeholt worden. „Durch diese akribische Vorgehensweise werden tage- oder gar wochenlange Baugruben und längere Verkehrsbehinderungen vermieden“, erläutert der Vodafone-Sprecher. Die bis zu zwei Tage dauernde Reparatur am 18.  Oktober soll nun der letzte Schritt sein.

Vodafone bittet um Entschuldigung

Die betroffenen Kunden bittet Vodafone auf Anfrage unserer Zeitung bis zum Abschluss der Reparatur noch um etwas Geduld und um „Entschuldigung für ihre vorübergehenden Unannehmlichkeiten“. Dem Unternehmen sei bewusst, dass es hier nicht nur um die technische Wiederherstellung eines Glasfaser-Kabelstrangs geht, sondern um Kunden, die klare Kommunikationsbedürfnisse haben und den Anschluss ans Kabelnetz wünschen und benötigen. Petendorf weiter: „Ich bitte um Verständnis, dass unsere Kundenbetreuung während einer derart aufwendigen Reparatur den Entstörungszeitpunkt nicht immer exakt voraussagen kann.“ Eine Auskunft darüber, dass eine Reparatur überhaupt geplant ist, hätte die Betroffenen jedoch wohl schon beschwichtigt.

Anbieter sind zu Informationen und Schadensersatz verpflichtet

Pflicht
Laut Telekommunikationsgesetz besteht für Anbieter die Verpflichtung, eine Störung unverzüglich und unentgeltlich zu beseitigen. Voraussetzung ist eine Meldung vom Verbraucher. Kann der Anbieter die Störung nicht innerhalb eines Tages beseitigen, muss er spätestens am Folgetag informieren. Er muss mitteilen, welche Maßnahmen er eingeleitet hat und wann die Störung behoben sein soll. Mit Tiefbau kann die Störung auch länger dauern.

Folge
Erfüllen Anbieter dies nicht, kann das der Bundesnetzagentur (BNA) angezeigt werden. Zum Schadenersatz erklärt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: Bei einem Komplettausfall erhält der Betroffene am 3. und 4. Tag je 10 Prozent des Monatsentgelds, mindestens aber 5 Euro. Ab dem 5. Tag sind es pro Tag 20  Prozent, mindestens aber 10 Euro. Der Betrag liegt damit recht schnell über der monatlichen Gebühr. Buttler: „Man sollte sich mit Blick auf eine mögliche Kündigung nicht auf Gutschriften einlassen.“