Ein betagter Opel Astra ist das erste von drei Fahrzeugen, mit denen es am 7. Mai auf die Reise geht. Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Wer Schnapszahlen nicht leiden kann, ist bei dieser Rallye fehl am Platz. 7777 Kilometer müssen von den Teilnehmern zurückgelegt werden. 111 Teams gehen an den Start. Für den Kauf ihrer schrottreifen Fahrzeuge dürfen die Mannschaften nicht mehr als 1111 Euro, pro Übernachtung nicht mehr als 11,11 Euro ausgeben. Tagesetappen dürfen nicht länger als 666 Kilometer sein. Ach ja - und die Startgebühr beträgt, wie sollte es anders sein, 222 Euro. Noch verbleiben zweieinhalb Monate, bis sich die sechs Stuttgarter Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik am 7. Mai von Oberstaufen aus auf den Weg nach Jordanien machen. Was sie dort erwartet? Ein Abenteuer mit Strapazen, Schlaglöchern und Schweißvergießen, aber auch voller Erfahrungen, die wohl keiner von ihnen so schnell vergessen wird. Dafür sorgen bereits die Regeln des Wettbewerbs: Die Autos müssen mindestens 20 Jahre alt sein. Entsprechend marode präsentiert sich der Fuhrpark der 666 Teilnehmer. Dennoch: Straßentauglichkeit ist Pflicht. Mit dem ersten der drei Fahrzeuge haben die sechs jungen Männer aus Stuttgart zumindest einen Volltreffer gelandet. „Wir haben den Opel Astra für den symbolischen Preis von einem Euro einem Bekannten abgekauft und er hat nicht einmal besonders viele Kilometer auf dem Tacho“, sagt Phillip Renz stolz. Jetzt hoffe man, nochmals so viel Glück zu haben. „Am besten wäre es, wenn alle Fahrzeuge dasselbe Modell sind. Dann wäre das Problem der Unterbringung von Ersatzteilen, Werkzeug und Ersatzreifen leichter zu lösen“, sagt Carsten Rischmüller und verweist auf den knappen Platz. Dass es bei der zwölften Auflage des Rennens nicht vorrangig um Schnelligkeit geht, versteht sich von selbst. Im Vordergrund der Rallye steht vielmehr die Absicht, gemeinsam Gutes zu tun, und sich mit Personen aus anderen Kulturen auszutauschen. So besucht das Stuttgarter Team auf der Reise in Tirana (Albanien) ein SOS-Kinderdorf, für dessen Bewohner sie derzeit Hilfsgüter sammeln. „Angefangen von Stiften, Wasserfarben, Malbüchern bis hin zu Bällen ist alles willkommen“, sagt Jan Luca Kästle. Eine gewisse Größe sollten die Spenden nicht überschreiten: Denn auch sie wollen in den drei Fahrzeugen verstaut sein.

Hinzu kommt: Kofferraum und Rückbank müssen während der dreiwöchigen Reise als Schlafstätte herhalten. Nicht immer kann ein Zelt aufgebaut und eine preiswerte Unterkunft für die Nacht gefunden werden.

Die Studierenden, die sich in Anlehnung an ihre Startnummer den Namen „Team 101 Nacht“ gegeben haben, finden ihren Weg auf Landkarten - ein Navigationsgerät ist nicht erlaubt. Auch die Fahrt über Autobahnen und Mautstrecken ist verboten. Die Fahrzeuge verfügen über einen GPS-Tracker, sodass die Reise der Crew im Internet mitverfolgt werden kann. Abgesehen von einzelnen vorgegebenen Punkten wird die Route von jedem Team individuell zusammengestellt. Welche Strecke durch Europas Süden und Osten die jungen Männer aus Stuttgart nehmen werden, ist noch offen. Alle sechs liebäugeln mit einer Fahrt entlang am Meer - „wegen der landschaftlichen Reize“, betont Kästle. Gleichwohl weiß das Team um die damit verbundenen Nachteile: Eine deutlich längere Strecke und das Passieren von Grenzen mehrerer Nicht-EU-Länder, was einen weiteren Zeitverlust bedingt. Von der Türkei aus geht es weiter mit der Fähre nach Israel und Jordanien, wo sich in Akaba am Roten Meer das Ziel befindet. Dort werden schließlich die drei mitgebrachten Auto-Veteranen für den guten Zweck gespendet - sofern sie die Fahrt einigermaßen wohlbehalten überstanden haben. Die Rückreise erfolgt für die Teilnehmer mit dem Flugzeug.

Renz rechnet mit Kosten von rund 15 000 Euro, davon allein 2200 Euro für den Sprit. Die Suche nach Sponsoren hat bereits begonnen - und soll nach Abschluss der letzten Universitäts-Prüfungen im März noch intensiviert werden. Dass dem Sieger der Allgäu-Orient-Rallye am Ende ein Kamel winkt, stellt für die Studenten keinen besonderen Anreiz dar. „Das Tier darf eh nicht nach Deutschland eingeführt werden.“ Kästle winkt lachend ab. Vielmehr bleibt das Kamel vor Ort in Jordanien und wird einem Bauern gespendet.

Die verbleibende Zeit bis zu der Abreise will gut genutzt sein. „Als Luft- und Raumfahrttechnik-Studenten könnten wir ein Auto zwar zum Fliegen bringen, es zu reparieren, ist aber eine andere Sache“, gesteht Rischmüller. Und so gibt es im April noch ein wenig Nachhilfe beim Schrauben - von der Motorsportgruppe der Uni Stuttgart.

Unsere Zeitung wird weiter von den Erlebnissen des Stuttgarter Teams berichten. Wer mehr über die Studenten erfahren beziehungsweise diese unterstützen möchte, findet Informationen unter www.team101nacht.de.