In der Denkendorfer Moste fahren ständig Autos vor, vollbeladen mit Obstsäcken. Wiesenbesitzer liefern ihre Äpfel ab, aus denen dann Körschtal-Apfelsaft hergestellt wird.
DenkendorfEs geht Schlag auf Schlag: Kaum hat die Moste in Denkendorf für die Obstannahme geöffnet, fährt ein Auto nach dem anderen vor. Aus Anhängern und Kofferräumen werden Säcke mit Äpfeln ausgeladen und wahlweise an der Abgabestelle der Firma Häussermann Fruchtsäfte in große Boxen geleert oder direkt daneben von Silas Grammlich und seinen Helfern von der Denkendorfer Landjugend in einem traditionellen Verfahren zu Apfelsaft oder Most gepresst. Die Wiesenbesitzer freuen sich – anders als im vergangenen Jahr – über eine reiche Obsternte.
Steffen Schweizer kommt mit seinen beiden Söhnen angefahren. Jonas (9) und Simon (7) packen eifrig beim Ausladen der Säcke mit an. „Wir haben auch beim Auflesen geholfen“, erzählen sie stolz. Ihrem Vater ist es wichtig, „meinen Kindern etwas von dem weiterzugeben, wie es früher war“. Die Äpfel stammen von der eigenen Wiese. „So wissen wir genau, welche Äpfel im Saft sind.“ Außerdem möchte er das Engagement der Landjugend unterstützen. 100 Liter Saft will er pressen und im Bag-in-Box-Verfahren, also vakuumverpackt in Plastikschläuchen, abfüllen lassen.
Zunächst werden die Äpfel gewaschen, dann klein gehäckselt und in Lagen zwischen Tüchern gepresst. Diese Packpresse habe den Vorteil, „dass der Saft sehr klar ist und nicht mehr gefiltert werden muss“, erklärt Grammlich. Gespannt beobachten Jonas und Simon, wie „ihr“ Apfelsaft in eine große Tonne sprudelt, bevor er erhitzt und damit haltbar gemacht wird. Natürlich dürfen alle probieren: „Total lecker und süß“, schwärmt Jonas. Und auch sein Vater ist zufrieden. „Eigentlich war ich skeptisch, weil die Äpfel noch sehr klein sind und zum Teil grün, aber der Saft schmeckt ganz prima.“
Gutes Obst gebe einfach guten Saft, sagt Grammlich. Die Sonne hat den Äpfeln Süße gegeben, wegen der Trockenheit seien sie allerdings kleiner, erklärt er. Die Apfelsaison hat in diesem Jahr früher begonnen als sonst. „Die Leute sollten jetzt ernten, denn sonst fallen die Äpfel ab und faulen“, betont Valentin Raisch von der Landjugend.
Den erhitzten Saft füllt Silas Grammlichs Bruder Benjamin in Plastikbeutel, die mit einem kleinen Zapfhahn versehen sind, und in einen Karton gesteckt werden. Die Boxen packen Steffen Schweizers Söhne stolz in den Kofferraum des väterlichen Autos. 18 Monate ist der Saft mindestens haltbar. Die Überreste der ausgepressten Äpfel, den Trester, holen sich der örtliche Schäfer und der Jagdpächter als Futter für ihre Tiere ab.
Vor vier Jahren hat die Gemeinde Denkendorf von der Volksbank Plochingen die Moste übernommen, im zweiten Jahr organisiert nun Silas Grammlich den Mostbetrieb. Das Bag-in-Box-Verfahren hat er neu eingeführt. Bürgermeister Ralf Barth schaut interessiert zu, wie die Verarbeitung des Obstes funktioniert. Die Gemeinde habe in den vergangenen Jahren regelmäßig in die Moste investiert. „Es ist uns wichtig, diese Tradition zu erhalten und so unseren Beitrag zur Förderung der Streuobstwiesen zu leisten“, betont er. Dass die Firma Häussermann aus dem angelieferten Obst „Denkendorfer Körschtal-Apfelsaft“ presst, freut den Bürgermeister. Die Anlieferer bekommen für ihre Äpfel entweder Geld oder Gutscheine für den Saft. Die Gemeinde serviert den örtlichen Saft bei Veranstaltungen. „Auch zu Besuchen bei Jubilaren nehme ich den gerne mit“, sagt Barth.
Bag in Box kommt gut an: „Vor allem junge Familien entdecken das Mosten wieder. Sie wollen wissen, wo ihr Saft herkommt“, berichtet Grammlich. Traditionellen Apfelmost mache heute kaum noch jemand. 2017 war wegen des Frostes im April ein Totalausfall, aber 2016 habe man 45 Tonnen Äpfel zu Saft verarbeitet, erzählt Valentin Raisch.
Die Kunden kommen nicht nur aus Denkendorf, sondern aus der ganzen Umgebung. Das ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass es immer weniger Mostereien gibt. Drei Tonnen Äpfel hat die Landjugend am ersten Samstag für die Firma Häussermann entgegengenommen und 3,5 Tonnen direkt gemostet. Für das kommende Wochenende habe man bereits Anmeldungen für 6,5 Tonnen zur Bag-in-Box-Verarbeitung – „aber wahrscheinlich werden es mehr“, vermutet Grammlich.
„Ich trinke kaum Apfelsaft, aber ich möchte einfach nicht, dass meine Äpfel auf der Wiese verfaulen“, sagt ein älterer Mann, während er einen großen Sack nach dem anderen in die Kiste der Obstannahme leert. Sieben Euro bekommt er an diesem Nachmittag für den Doppelzentner.
Die Obstannahme der Denkendorfer Moste ist bis etwa Ende Oktober jeweils mittwochs von 14 bis 17 Uhr und samstags von 14 bis 17.30 Uhr geöffnet. Das Obst muss in Säcken angeliefert werden. Für die traditionelle Obstpressung müssen bei Silas Grammlich (Telefon 0174 8425807) Termine vereinbart werden.
www.moste-denkendorf.de