Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Nach einem Beitrag der Eßlinger Zeitung flammt eine heftige Diskussion auf. Viele kritische Stimmen auch auf Facebook.

EsslingenDie meisten Teilnehmer an einer Online-Umfrage der Eßlinger Zeitung haben sich gegen den Abriss den Landratsamts in Esslingen ausgesprochen. Vor knapp 40 Jahren wurde der Sitz der Kreisverwaltung eingeweiht. 2023 soll er schon wieder abgerissen werden, weil – so lautet die Begründung des Landkreises – das Gebäude nicht mehr den modernen Anforderungen entspricht. Und weil nach alt neu kommt, solle bis Ende 2025 gleichfalls am Esslinger Neckarufer ein Neubau entstehen. Die Eßlinger Zeitung fragte ihre Online-Nutzer: Ist das eine gute Entscheidung?

Von den knapp 1000 Teilnehmern votierten drei Viertel gegen den Abriss. Denn ein Gebäude nach dieser verhältnismäßig kurzen Zeit wieder abzureißen, sei unsinnig und alles andere als nachhaltig. Ein Fünftel der User fand die Entscheidung für den Abriss richtig. Es sei wichtig, dass ein solches Gebäude die modernen Anforderungen der Digitalisierung und Barrierefreiheit erfülle.

Kunst am Bau verschwindet

Die Diskussion flammte auf nach einem EZ-Beitrag, der den Abriss im Zusammenhang mit den Kunstwerken am Bau thematisierte, die voraussichtlich zusammen mit dem Bau demontiert werden. In diesem Beitrag hatte sich der Bildhauer Wolfgang Klein beklagt, dass der Abriss wohl auch das Ende seiner dreiteiligen Stahl-Plastik „Landschaft im Raum“ bedeuten würde, die er für den großen Sitzungssaal entworfen hatte. Wolfgang Kleins Werke sind auch noch mit anderen öffentlichen Gebäuden verbunden. Jetzt müsse er zusehen, wie eines nach dem anderen verschwinde. Deshalb stelle sich die Frage, ob Kunst am Bau unter solchen Vorzeichen überhaupt noch sinnvoll sei: „Wir dachten immer, wir bauen für die Ewigkeit. Wenn Gebäude nur noch 30 oder 40 Jahre stehen, bekommt Kunst am Bau etwas viel zu Vergängliches.“

Landkreis-Sprecher Peter Keck erklärte im EZ-Beitrag den Abriss: Ein Gebäude müsse seine Funktion erfüllen, das sei beim alten Landratsamt nicht mehr der Fall. „Als das Landratsamt gebaut wurde, hat keiner an Powerpoint-Präsentationen in Sitzungen gedacht, von Digitalisierung war noch nicht die Rede, Barrierefreiheit stand damals noch nicht so im Fokus wie heute, und ein Sitzungssaal war einfach ein Sitzungssaal. Heute muss er multifunktional sein.“

150 Millionen für Neubau

Auch auf Facebook wird heftig diskutiert. Der EZ-Beitrag provozierte mehr als hundert Kommentare. Facebook-Nutzer Pawel Ebert zum Beispiel meint: „Mehr bezahlbarer Wohnraum wäre sinnvoller, obwohl man schon sagen muss, dass das grüne Gebäude irgendwie nie schön war! Da täte ein Fassadenwechsel eher gut.“ Silke Baumer argumentiert in eine ähnliche Richtung: „Das Geld wäre in sozialen Wohnbau besser investiert.“ Tom Knebel fragt einfach nur: „Zu viel Geld über?“

„Zu viel Geld“ dürfte als Grund allerdings ausgeschlossen sein. In der größten Stadt des Landkreises Esslingen gibt es beispielsweise eine Haushaltssperre, weil mit 27 Millionen Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen ist. Auch in anderen Kommunen gehen die Einnahmen zurück. Nach jüngsten Schätzungen belaufen sich die Baukosten des neuen Landratsamts auf rund 150 Millionen Euro, wenn man die Übergangslösungen während des Baus mit einrechnet.