In der Gemeinde Reichenbach gibt es eine Hausarztpraxis. Dieses Angebot soll auch für die Zukunft gesichert werden. Foto: /Karin Ait Atmane

Viele junge Ärzte wollen lieber angestellt als in eigener Praxis arbeiten. Reichenbach und die Nachbargemeinden Hochdorf und Lichtenwald haben ein Gutachten für ein alternatives Modell beauftragt.

Auf kurzem Weg zum Hausarzt: Noch funktioniert das in Reichenbach, Hochdorf und mit Einschränkungen auch in Lichtenwald. Aber die Luft wird dünner, denn Ärzte, die in den Ruhestand gehen, tun sich immer schwerer damit, eine Nachfolge zu organisieren. Und auch in den drei genannten Gemeinden rückt dieser Zeitpunkt für einige der aktuell praktizierenden Mediziner näher. Kann ein „Medizinisches Versorgungszentrum“ (MVZ) die Lösung sein? Um das herauszufinden, haben die drei Gemeinden gemeinsam ein Gutachten beauftragt.

Organisatorische Zusammenführung von bestehenden Praxen

Es geht nicht um ein von der Gemeinde finanziertes Ärztehaus. Gegen dieses Modell hat sich der Reichenbacher Bürgermeister Bernhard Richter schon immer ausgesprochen. „Uns fehlt es nicht an Räumen, sondern an Ärzten“, sagt er. Wenn eine Gemeinde ein Ärztehaus baue, investiere sie Steuergelder ohne eine Garantie, dass wirklich ein Arzt einzieht. Und sie mache damit womöglich seinen bereits niedergelassenen Kollegen Konkurrenz.

Das Modell, das Richter im Auge und auch schon im Kreistag vorgestellt hat, ist ein anderes. Dabei werden die bestehenden Praxen nicht zwingend räumlich zusammengeführt, organisatorisch dagegen schon. Das bedeutet, dass sie durch eine Zentrale von ihren Abrechnungen und anderen Verwaltungsarbeiten entlastet würden. Die Ärzte und Ärztinnen wären außerdem nicht mehr selbstständig tätig, sondern Angestellte des MVZ, mit geregelter Urlaubsvertretung. Das sind zwei wichtige Aspekte, schließlich klagen Mediziner aktuell vor allem über die ausufernde Bürokratie und außerdem über die starke Arbeitsbelastung.

Rathauschefs im Gespräch mit Ärztinnen und Ärzten

Die Rathauschefs haben sich bereits mit den örtlichen Ärzten und Ärztinnen zusammengesetzt und sie nach ihren Plänen und Wünschen gefragt. „Das war ein sehr gutes, sehr offenes Gespräch“, sagt Bernhard Richter. Fast alle Ärzte hätten Interesse bekundet. Die drei Gemeinden haben deshalb das Unternehmen Diomedes, das auf Problemlösungen im Gesundheitsbereich spezialisiert ist, beauftragt zu untersuchen, ob ein von einer Genossenschaft getragenes MVZ für Reichenbach und die beiden Nachbarorte möglich ist. Solche Modelle gebe es bereits im ländlichen Raum, sagt der Bürgermeister Bernhard Richter, „aber wir sind die ersten, die im Verdichtungsraum so eine Untersuchung beauftragt haben“. Das Gutachten ist derzeit noch in Arbeit, Ergebnisse werden zum Jahresende erwartet.

Die beiden Nachbar-Bürgermeister und die zugehörigen Gemeinderäte sind grundsätzlich aufgeschlossen für die Idee. Der Hochdorfer Hausarzt, der weitere Kollegen in seiner Praxis beschäftigt, sei zwar noch einige Jahre vom Ruhestand entfernt, sagt der Bürgermeister Gerhard Kuttler. Er mache sich aber durchaus schon Gedanken über eine Nachfolge. Für Hochdorf sei wichtig, dass ein Hausarzt vor Ort in der Gemeinde bleibe, betont der Rathauschef: „Ein MVZ müsste also zumindest eine Außenstelle in Hochdorf haben.“

Gemeinsame Finanzierung des Gutachtens

Ähnlich könnte die Lösung in Lichtenwald aussehen, wo derzeit noch ein Hausarzt praktiziert, jedoch mit eingeschränkten Öffnungszeiten als Außenstelle seiner Schorndorfer Praxis. Einen Arzt vor Ort zu haben, sei „ein extrem wichtiger Punkt für die Bürgerinnen und Bürger, den es auf Dauer zu erhalten gilt“, so Lichtenwalds Rathauschef Ferdinand Rentschler. Alle drei Gemeinden finanzieren deshalb gemeinsam, wenn auch nicht zu gleichen Teilen, das Gutachten. Als langfristige Ergänzung könnten sie sich vorstellen, auch die Sozialstation und damit den Pflegebereich zu integrieren.