Lichterschein in der Dämmerung: Gäste aus aller Welt sind begeistert vom Ambiente des Esslinger Weihnachtsmarkts. Foto: Roberto Bulgrin

Er ist das Aushängeschild Esslingens: der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt. Schon bei der Eröffnung sind die Gassen der Altstadt erfüllt von Adventsstimmung. Was das Ambiente laut Gästen so besonders macht – und warum die Geschichte eines Standes bewegt.

Auf diesen Moment hat Esslingen hingefiebert: Der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt ist eröffnet. Welche Bedeutung der Höhepunkt im jährlichen Veranstaltungskalender für die Stadt hat, zeigt sich schon beim Auftakt am Dienstagabend. In einer Rede geht Oberbürgermeister Matthias Klopfer auf das vor 600 Jahren eingeweihte historische Rathaus ein, um dann hinzuzufügen: „Unser eigentliches Wahrzeichen ist aber der Weihnachtsmarkt.“

Eingeleitet wird der Auftritt des Schultes von einer Fanfare. Auf einer von Fackelschein erleuchteten Bühne geben sich Schauspielerinnen und Schauspieler als Zeitreisende aus dem Mittelalter aus. Narrenscherze, keltische Flötenmelodien und eine tanzende, ganz in Weiß gekleidete Fee von imposanter Größe begeistern vor allem die anwesenden Kinder auf dem Rathausplatz. Bereits der Eröffnungsabend lockt Menschen von jung bis alt in die Gassen der Innenstadt. Einige davon sind weit angereist. Klopfer hebt in seiner Rede den internationalen Ruf der Veranstaltung hervor. Er erwähnt die altehrwürdige britische Zeitung The Times, die Esslingen in ihre Liste der 29 besten Weihnachtsmärkte in Europa aufgenommen hat, und sagt: „Wir erwarten hier auch in diesem Jahr wieder mehr als eine Million Gäste aus aller Welt.“

Gäste loben Mittelalterthema des Esslinger Weihnachtsmarkts

Wer am Dienstag über den Markt schlendert, hört tatsächlich viele Gespräche auf Englisch. Zum Beispiel bei Amélia Silva und Naomi Sarpong. Die beiden Biologinnen sind mit einer Gruppe der Universität Hohenheim vor Ort. „Wir kommen aus Portugal, Taiwan, Indien, Albanien, Korea, Mexiko, Nigeria“, sagt die Professorin Silva. „Und aus Deutschland“, fügt die in der Region Stuttgart geborene Sarpong hinzu. Der Besuch in Esslingen sei inzwischen ein jährlicher Brauch ihrer Fachabteilung. Denn, so Silva: „Dieser Weihnachtsmarkt ist der schönste weit und breit.“ Sie ergänzt noch lobend: „Hier gibt Deutschland ein gutes Bild ab, man bekommt einen Eindruck von der Kultur.“

Aber auch für Menschen aus der Stadt selbst ist die Adventsstimmung immer wieder etwas Besonderes. Valerie Mahler, die in Fußnähe zum Gelände wohnt, bezeichnet den Markt als „guten Treffpunkt“. Danach gefragt, was die Veranstaltung auszeichnet, zählt die 25-Jährige auf: „Die Beleuchtung, die Dekoration, vor allem die Menschen an den Ständen.“ Außerdem lobt sie die große Auswahl an Essen und Getränken. Die reicht von Adventsklassikern wie Glühwein und Bratwurst über Falafeln mit Curry-Aprikosen-Soße bis hin zu gefüllten Hanf-Fladenbroten. Stadtoberhaupt Klopfer dürfte richtig liegen, wenn er sagt: „Hier findet jeder etwas, egal ob Veganer oder bekennender Bratwurstesser.“ Darüber hinaus werden an 180 Ständen bunt durchmischte Kunst- und Handwerkswaren feil geboten. Vieles davon ist – dem Marktnamen entsprechend – mittelalterlich angehaucht. „Das macht Esslingen besonders“, sagt Theresa Straub. „Ohne dieses Thema würden wir nicht so weit fahren“, ergänzt die 29-Jährige, die mit Freunden aus Bad Überkingen angereist ist.

Stand in der Esslinger Altstadt hat bewegenden Hintergrund

Helmut Höschle kann sich allerdings noch an die Zeiten erinnern, in denen die Veranstaltung nur Weihnachten und noch nicht das Mittelalter mit im Titel trug. Der 86-Jährige aus dem Stadtteil Berkheim schnitzt von Januar bis November kunstvolle Holzfiguren, die er dann an seinem Stand vertreibt. „Das erste Mal war ich 1981 hier, seitdem ohne Unterbrechung. Der Weihnachtsmarkt ist mein Leben.“

Rund 180 Stände säumen die Esslinger Innenstadt. Foto: Roberto B/ulgrin

Für den Franzosen Dylan Dunan ist es hingegen das erste Mal in der Stadt. Das hat einen bewegenden Anlass: Sein Freund Kadou verkaufte in den vergangenen Jahren an seinem Marktstand Trinkhörner, Ledergürtel, Masken sowie beduinisch anmutende Taschen und Tücher. Vor einigen Monaten verstarb er allerdings. Jetzt führen Familie und Bekannte den Stand fort. Dunan sagt: „Das ist eine Hommage an unseren toten Freund.“ Ein Porträt Kadous ziert die Mitte des Zeltes. Die Erlöse kommen laut Dunan der Lebenspartnerin und der kleinen Tochter des Verstorbenen zugute.

Das müssen Besucher wissen

Zeiten
 Der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt umspannt bis zum 22. Dezember ausgehend von Rathaus- und Marktplatz die Esslinger Altstadt. Er ist täglich von 11 bis 20.30 Uhr geöffnet. An Freitagen und Samstagen kann man bis 21.30 Uhr über den Markt schlendern. Zudem findet an allen vier Adventswochenenden in der Ritterstraße ein zusätzlicher Adventsmarkt statt. 

Angebot
  Die Veranstaltung bietet rund 180 Stände. Neben Gastronomen zeigen Handwerker wie Zinngießer, Filzer, Schmied, Besenbinder oder Scherenschleifer traditionelle Handwerkskunst aus längst vergessener Zeit. Außerdem stehen gut 500 kulturelle Programmpunkte an. Darunter ist ein Fackelumzug, der am Donnerstag, den 19. Dezember, vom Rathaus hinauf zur Esslinger Burg führt.