Die Gesundheitsämter im Südwesten haben die schärfste Sanktion noch nie angewandt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert eine Ende der Berufsimpfpflicht.
Viereinhalb Monate nach Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist in Baden-Württemberg von den 44 Gesundheitsämtern noch kein einziges Betätigungs- oder Betretungsverbot für impfunwillige Mitarbeiter verhängt worden. Dies bestätigte das Sozialministerium in Stuttgart am Mittwoch auf Anfrage. „Wir stehen mit den Ämtern im regelmäßigen Austausch, und aktuell haben sie uns mitgeteilt, dass sie noch in der Phase der Anhörung und Prüfung des einzelfallbezogenen Verwaltungsverfahrens sind“, so Ministeriumssprecher Florian Mader. Am Ende des Verfahrens spielten verschiedene Kriterien in der Abwägung eine Rolle – auch die Versorgung der Patienten oder betreuten Menschen.
Ein Drittel brachte Impfnachweis später
Ende Juni hatte das Ministerium von rund 450 Bußgeldverfahren berichtet, die gegen Beschäftigte ohne Impf- oder Genesenausweis angelaufen sind und Beträge von 250 bis 300 Euro umfassen. Das Ministerium sieht es als Erfolg an, dass ein Drittel von 37 000 Beschäftigten, die zunächst keinen Impfnachweis vorgelegt hatten, dies im Nachgang dann doch taten. Mit 92 Prozent sei die Quote der immunisierten Beschäftigten in Pflegeheimen im Land übrigens „sehr hoch“ und besser als in der Gesamtbevölkerung im Südwesten (83 Prozent). Dies lasse sich sicher auf die Impfpflicht, die in Krankenhäusern, Heimen und Arztpraxen gilt, zurückführen.
Krankenhausgesellschaft zweifelt am Sinn
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat unterdessen eine Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gefordert. Sie weiterzuführen, sei „weder sinnvoll noch vermittelbar“, sagte die Vizevorstandsvorsitzende Henriette Neumeyer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Man sei für die Impfpflicht gewesen, „weil wir in der Delta-Welle von einer hohen Schutzwirkung auch für die vulnerablen Gruppen im Krankenhaus ausgegangen sind“. Mit der Omikron-Variante sei diese Erwartung hinfällig geworden. Die Impfung diene nur noch dem Selbstschutz. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will an der Pflicht aber festhalten. Ob sie über den 31. Dezember 2022 hinaus verlängert werde, stehe noch nicht fest, sagte seine Pressesprecherin.