Ministerpräsident im Krisenmodus: Winfried Kretschmann Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Die Coronazahlen steigen - und im Bundestag und bei den Regierungschefs von Bund und Ländern wird das weitere Vorgehen beraten. Es geht um gelockerte Schutzauflagen und die Frage, ob eine Impfpflicht kommt.

Der Bundestag berät an diesem Donnerstag über eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland. Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung mehrerer Gesetzentwürfe und Anträge. Die Entscheidung, ob es zu einer Impfpflicht kommt, fällt voraussichtlich in drei Wochen. Dann ist die Abstimmung geplant.

Zudem ist Corona auch Thema bei den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten. Unklar war im Vorfeld allerdings, ob die Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Beschlüsse fasst. Die Spitzenrunde will sich auch mit der Flüchtlingssituation infolge des Ukrainekriegs in Deutschland befassen.

Im Bundestag war am Vortag erstmals der Entwurf für ein geändertes Infektionsschutzgesetz beraten worden, der an diesem Freitag bereits beschlossen werden soll. Trotz steigender Infektionszahlen soll der Großteil der bundesweit möglichen Schutzmaßnahmen zum Frühlingsanfang am Sonntag entfallen. Die Länder sollen die Auflagen weitgehend selbst durch Landesgesetze neu ermöglichen können. Bis 2. April soll es eine Übergangsfrist geben. Die Länder wollen die Übergangsfrist nach ihren bisherigen jeweiligen Ankündigungen und Beschlüssen auch weitgehend nutzen.

Karl Lauterbach verteidigt die Pläne

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Pläne. „Ich muss Kompromisse finden, die funktionieren, darf das aber nicht machen zu Lasten der Gesundheit der Bevölkerung oder der eigenen Glaubwürdigkeit“, sagte er am Mittwochabend in „RTL Direkt“. Er habe Verständnis für die Bedingung der FDP, dass alle Maßnahmen künftig mit einer möglichen Überlastung des Gesundheitssystems in einer Region begründet sein müssten. Die Länder müssten ihre Möglichkeit jetzt nutzen, bekräftigte er. „Das muss genutzt werden, wo die Fallzahlen so hoch sind.“

Beim Thema Impfpflicht ist nach den Beratungen im Bundestag eine Abstimmung ohne Fraktionszwang vorgesehen. Allerdings haben CDU/CSU und AfD eigene Anträge als Fraktionen vorgelegt. Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) hatten sich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, um neue mögliche Lockdowns im Herbst und Winter zu vermeiden. Eine Mehrheit dafür ist aber nicht sicher.

Auf dem Tisch liegen mehrere Vorschläge: 

Impfpflicht ab 18:

Der Vorschlag kommt von einer Gruppe um den Grünen-Politiker Janosch Dahmen und den stellvertretenden SPD-Fraktionschef Dirk Wiese. Nach dpa-Informationen hatten sich zuletzt 235 Abgeordnete verschiedener Parteien dem Antrag angeschlossen. Der Bundestag hat 736 Abgeordnete. Diesem Gesetzentwurf zufolge würde eine Impfpflicht ab 1. Oktober greifen und wäre bis Ende 2023 befristet. Erwachsene müssten ab Oktober in der Regel in der Lage sein, einen Impf- oder Genesenennachweis vorzuzeigen, sonst droht ein Bußgeld.

Mögliche Impfpflicht ab 50:

Eine Abgeordnetengruppe um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann spricht sich für eine Beratungspflicht und eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren aus. Dem Vorschlag haben sich laut Ullmanns Büro bisher 45 Politiker angeschlossen. Ungeimpfte Erwachsene sollen zunächst zu einer ärztlichen Pflicht-Impfberatung. Je nach Corona-Lage und Stand der Impfkampagne könnte der Bundestag später in einem zweiten Schritt eine Impfpflicht ab 50 beschließen - befristet bis Ende 2023.

„Impfvorsorgegesetz“:

CDU und CSU machen als Fraktion einen eigenen Vorschlag: Ein Impfregister soll aufgebaut werden, damit klar wird, wer geimpft ist und wer gezielt angesprochen werden müsste. Einen Impfpflichtbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt lehnt die Union ab und spricht sich stattdessen für einen „gestuften Impfmechanismus“ aus. Dieser könnte eine Impfpflicht vorsehen, aber nur für bestimmte besonders gefährdete Bevölkerungs- und Berufsgruppen.

Anträge gegen die Impfpflicht:

Einen Antrag gegen die Einführung einer Impfpflicht hat eine Abgeordnetengruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki eingebracht. Dem haben sich nach Angaben aus Kubickis Büro 50 Abgeordnete verschiedener Parteien angeschlossen. Neben diesem parteiübergreifenden Antrag hat auch die AfD einen Antrag gegen die Einführung einer Impfpflicht eingebracht.