Viele Krankenhäuser sind am Limit – nun kündigen auch noch Pflegekräfte wegen der berufsbezogenen Impfpflicht. Foto: epd/Uli Deck

Der Lörracher SPD-Abgeordnete Takis Mehmet Ali fürchtet noch dramatischere Engpässe in Heimen und Kliniken, wenn Pflegekräfte kündigen. Er wirbt für eine pragmatisch Lösung.

Lörrach - Der Lörracher SPD-Bundestagsabgeordnete Takis Mehmet Ali will erreichen, dass die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ rasch geändert wird, weil viele Pflegekräfte deswegen kündigen.

Wie schätzen Sie die Lage ein?

Ich habeviele Gespräche mit Einrichtungen geführt, vor allem aus der Eingliederungshilfe. Das Bild ist uneinheitlich. An manchen Standorten sind alle Mitarbeitenden geimpft – an anderen müssten neun von 42 Vollzeitkräften ersetzt werden, weil neun nicht geimpft sind. Mein Fazit: Es gibt – trotz der unterschiedlichen Lage –, ein echtes Problem. Die Versorgung von Patienten in Kliniken, Pflegebedürftigen oder Bewohnern von Behinderteneinrichtungen ist in Gefahr.

Was können Sie dagegen tun?

Im Moment ist es so, dass Kräfte der Impfpflicht ausweichen, in dem sie in die Jugendhilfe, die offene Sozialarbeit oder die Wohnungslosenhilfe wechseln. In Südbaden kommt zudem das Problem dazu, dass die Schweiz nicht weit ist – und dort gibt es diese Impfpflicht nicht. Ich mache mich deshalb dafür stark, dass wir in Berlin rasch eine pragmatische Lösung finden.

Wie könnte eine solche pragmatische Lösung für die Heime aussehen?

Man muss genau schauen, wo es tatsächlich die Gefahr gibt, dass eine ungeimpfte Kraft Bewohner anstecken kann. Und darauf sollte die Pflicht abstellen. Wenn also jemand in einem Altenheim nicht direkt in der Pflege selbst beschäftigt ist, sondern beispielsweise als Alltagsbetreuer mit einem Bewohner spazieren geht, kann man das differenziert lösen – und zwar so, dass nur die unmittelbare Pflege selbst der Pflicht unterliegt.

Aber dennoch könnten Beschäftigte in andere Bereiche abwandern.

Deshalb bin ich dafür, die Impfpflicht zu erweitern – sie dabei aber differenzierter anzulegen. Sie sollte überall gelten, wo vulnerable und von Covid-19 besonders gefährdete Menschen nah beieinander sind oder auf Dauer zusammenleben – also auch in einer Einrichtung für Wohnungslose zum Beispiel. Wo sie aber gilt, sollte sie nur die betreffen, die unmittelbar Kontakt mit den Patienten oder Bewohnern haben.

Was ist damit gewonnen?

Das macht es für die Einrichtungen einfacher, die Arbeitsabläufe zu planen. Anstelle einer starren Vorgabe haben sie dann mehr Spielraum, die Kräfte einzusetzen, ohne dabei die Risiken zu übersehen. Denn es bliebe ja dabei, dass geimpfte Mitarbeitende die direkte Pflege selbst leisten.

War es ein Fehler, die partielle Impfpflicht einzuführen?

Nein. Sie ist richtig, um vulnerable Personen zu schützen. Wir brauchen für die Zeit bis zum Beginn der allgemeinen Pflicht eine Lösung für die Einrichtungen und Kliniken.