Vor allem in Neubausiedlungen fallen sie auf: Immer häufiger sieht man in Häusern auch querliegende Fenster. Foto: picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

In Neubau-Vierteln fällt es vor allem auf: Hier sind neben großen Panoramafenstern vermehrt auch überraschend kleine, quer und sehr hoch an der Wand liegende Fenster eingebaut. Aus gutem Grund.

Große, bodentiefe Fensterfronten waren und sind in Neubauten gefragt. Aber es gibt auch einen auffallenden Gegentrend, der auf den ersten Blick überrascht: Oft werden aktuell recht schmale Fenster im oberen Bereich der Wand quer eingebaut.

Das hat vor allem praktische Gründe: Für mehr Privatsphäre etwa im Schlafzimmer, aber vor allem auch zum Kosten sparen. Denn mit kleineren Scheiben lässt sich im Winter mit weit weniger Aufwand die Wärme im Haus halten und im Sommer das Gebäude vor Hitze schützen.

Zwar sind die Zeiten, als kleine Fensterhöhlen die einzige Möglichkeit waren, möglichst viel Wärme im Haus zu halten, längst vorbei. „Dank moderner Isoliertechnik sind Wärmeverluste im Winter kein Thema mehr“, sagt Frank Koos, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade. An der Südfassade könnten gerade große Fenster sogar zur Erwärmung der Innenräume genutzt und damit Heizenergie gespart werden. Fenster mit Ost- oder West-Ausrichtung können in ihrer Energiebilanz einer sehr gut gedämmten Wand entsprechen.

Aber diese Wirkung habe ihren Preis, sagt Stefan C. Würzner vom Bauherren-Schutzbund: „Glas hat einen fünf- bis zehnmal schlechteren Dämmfaktor als eine Wand, man muss also einigen Aufwand treiben. Um eine ebenso gute Dämmung hinzubekommen, braucht es mindestens eine Dreifachverglasung.“ Diese sei für kleinere Fensterflächen natürlich preiswerter als für große.

Um beim Hausbau zu sparen, werden daher die verschiedenen Fensterformate gemischt. „Manche Bauherren planen schmale Fenster auf der Nordseite, weil dort wenig solare Gewinne auftreten und sich größere Fenster nicht lohnen würden“, so Koos.

Aber hieran scheiden sich die Meinungen. Hersteller- und Handelsvertreter Koos zeigt sich wenig begeistert: „Wer so Energie sparen will, hat nur vermeintlich einen Vorteil. Denn er bezahlt dafür den Preis von weniger Tageslicht und fehlender Sicht nach draußen.“

Aber es kann in manchen Räumen eben auch von Vorteil sein, wenn man nicht auf voller Länge durchsichtige Scheiben hat. Etwa dort, wo man Einblicke von draußen vermeiden möchte, zum Beispiel im Bad oder Schlafzimmer, seien schmale horizontale Fenster, also mit einem Wandanteil im unteren Bereich eine gute Lösung, sagt Klaus-Jürgen Edelhäuser von der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

Auch in der Küche sind solche Fenster – oft als Oberlichter bezeichnet – praktisch: „In kleinen Räumen machen sich horizontale Oberlichter gut“, sagt Bauherrenberater Stefan C. Würzner. „Es kommt viel Tageslicht herein, der Blick nach draußen ist frei und man gewinnt Stell- oder Arbeitsfläche.“ Allerdings darf man sich von den Spareffekten nicht täuschen lassen: Wenn man dann mehrere kleine Fenster in einem Raum einbaut statt ein großes, sind die Kosten unterm Strich wieder höher, erklärt Jürgen Benitz-Wildenburg. Auch bei der Wärmedämmung gebe es dann einen Nachteil: „Denn kleinere Fenster haben im Verhältnis einen größeren Rahmenanteil, der meistens einen schlechteren Dämmwert als ein modernes Dreifachglas hat und zudem auch weniger Sonnenlicht in den Raum lässt“, so der Experte.

Ob Panoramafenster oder schmales Fenster – in modernen Gebäuden haben also viele Fenstervarianten ihre Berechtigung, sie müssen nur am richtigen Ort sitzen. Daher sollte man bei der Planung die Himmelsrichtungen abwägen. Aber Klaus-Jürgen Edelhäuser rät, auch die Funktion der Räume im Blick zu haben. In einem Arbeits- oder Gästezimmer könne eine dieser zwar kleineren, hoch und quer liegenden Fensteröffnungen reichen, wenn sie ausreichend groß ist. Im Kinderzimmer oder in Wohnräumen sollte schon viel Tageslicht und eine Blickbeziehung nach außen vorhanden sein – Tendenz also zum Panoramafenster.

Aber selbst für das Wohnzimmer gibt es noch eine Alternative: Mehrere kleinere vertikale Fenster ermöglichen ebenfalls Transparenz. Damit aber genügend Licht in die Räume kommt, sollten die Fenster nicht direkt unter Dachüberständen angebracht werden, wo Schatten auf sie fällt, rät Jürgen Benitz-Wildenburg. Außerdem empfiehlt der Fensterexperte: „Wer die Wahl hat und Transparenz zulassen möchte, sollte eher zu hohen schmalen Fenster greifen als zu Querfenstern. Sie leuchten einen Raum besonders im Winter besser aus.“

Und wer sich doch für breite Querformate entscheidet, sollte unbedingt Kippfenster nehmen. Bei Drehfenstern würden die Beschläge durch den extremen Hebel so stark belastet, dass sie nicht lange halten.