Landschaftsschutz versus Insekten- und Naturschutz - mitunter stehen sich zwei sehr ehrenwerte Anliegen im Weg. So geschehen in Karlsruhe, wo ein Öko-Imker mit Behörden um insektenfreundlichen Bienenhabitate streitet.
Schön, oder? Zwischen Steinen tummeln sich Wildbienen und Schmetterlinge, wohnen Blindschleichen oder Eidechsen. Ein Traum für Naturschützer - eigentlich. Und doch liegt seit geraumer Zeit ein Karlsruher Imker wegen seiner insektenfreundlichen Trockenmauern und Hochbeete im Clinch mit der Stadt Karlsruhe. Die zuständigen Behörden verlangen unter Bezug auf Vorschriften des Landschaftsschutzes, dass er die idyllischen und vor Insekten und Kleintieren wimmelnden Anlagen entfernt - und damit „ein Paradies für Insekten und Igel und Vögel zerstört“, wie der Imker Marc La Fontaine berichtet. Er will die Anordnung der Stadt, von der er das Grundstück 2019 gepachtet hat, nicht hinnehmen und im Zweifelsfall vor Gericht ziehen.
Das zuständige Liegenschaftsamt hingegen sieht in den etwa einen halben Meter hohen Steinmauern und Hügelbeeten eine „illegale topographische Veränderung“, die in ihrer Dimension so nicht genehmigungsfähig sei, wie ein Sprecher der Stadt Karlsruhe auf Anfrage sagte. „Das muss auf ein verträgliches Maß reduziert werden.“ Denn das Problem ist nach Worten der Behörden - involviert ist auch das Umweltamt -, dass das etwa 640 Quadratmeter große Grundstück im Karlsruher Stadtteil Wolfartsweier in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. „Wenn wir da nicht einschreiten, sieht es bald überall so aus“, sagte der Stadtsprecher.
La Fontaine empört das. „Was ich hier betreibe, ist Insektenschutz in seiner pursten Form“, sagt er. In seinem Pachtvertrag steht wörtlich: „Die Anlage von Nistgelegenheiten, Futter- und Wasserplätzen und naturnaher Kleinstlebensräume (Teich, Trockenmauer u.ä.) ist erwünscht.“ Nichts anderes habe er gemacht, sagt La Fontaine. „Wie sollen eine Trockenmauer und Tierhabitate entstehen, wenn dies als Verstoß dann geahndet wird?“, fragt er sich.
Wie die Behörden argumentieren
Im Vertrag steht aber ebenfalls, dass etwa die „Errichtung von Baulichkeiten jeder Art“ einer Genehmigung des Bauordnungsamtes und der Zustimmung des Liegenschaftsamtes bedürfen. Das sei nicht geschehen, monieren die Behörden. Sie pochen bisher auf Rückbau und berufen sich dafür auch auf die Verordnung für das Landschaftsschutzgebiet „Oberwald Rißnert“, in dem das Pachtgrundstück liegt.
Für den Naturschutzbund Nabu ist die Gemengelage nicht ganz einfach. „Aus Naturschutzsicht wäre es sehr schade, wenn zurückgebaut wird“, sagt Artur Bossert, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Karlsruhe. Bei einer Begehung des Grundstückes im März sei man sehr angetan gewesen von dem, was dort entstanden sei, die Arbeit des Imkers sei wichtig. Aber wenn die rechtliche Situation den von La Fontaine geschaffenen Biotopen entgegenstehe, seien auch Naturschützern die Hände gebunden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat ebenfalls Verständnis für beide Seiten. „Es ist nachvollziehbar, dass für das Liegenschaftsamt hier die Grenzen der Umgestaltung überschritten sind“, sagt Hartmut Weinrebe,Regionalgeschäftsführer vom BUND Mittlerer Oberrhein. Gleichwohl sei es aber wichtig, dass auf solchen Grundstücken auch Möglichkeiten für Artenschutz eingeräumt würden.
Pächter halten sich nicht immer an die Vorgaben
Gleichzeitig werfe der Fall um den störrischen Imker auch ein Schlaglicht auf so manches, viel gravierenderes Problem in Landschaftsschutzgebieten. Solche Flächen gibt es im Südwesten nach Zahlen aus dem Umweltministerium viele: Über 805 000 Hektar und damit 22,53 Prozent der Landesfläche sind demnach als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Pächter halten sich aber nicht immer an die Vorgaben und geltenden Vorschriften, sagen BUND und Nabu.
Er kenne beispielsweise Streuobstwiesen, auf denen Obstbäume abgeholzt und nicht nachgepflanzt wurden oder Gebiete durch nicht genehmigte sogenannte Geschirrhütten für Werkzeug oder andere Gerätschaften zersiedelt seien, sagt Nabu-Experte Martin Klatt. Allein auf der Gemarkung Karlsruhe gebe es viele Grundstücke im Landschaftsschutzgebiet, die unerlaubt eingezäunt seien bis hin zu nicht gestatteten Wochenendhäusern oder Stellplätzen für Autos, ergänzt Bossert. „Es wäre gut, wenn da engmaschiger kontrolliert würde“, findet er. Das sieht auch BUND-Experte Weinrebe so. In der Regel würden Behörden mangels Personal solche Verstöße kaum entdecken und ahnden.
La Fontaine will im Zweifel vor Gericht ziehen
Seinen Behördenärger hat La Fontaine jedenfalls nicht einem Beamten der Stadt im Außeneinsatz zu verdanken, sondern einer privaten Anzeige. Gegen den bis Ende des Monats geförderten Rückbau seiner Mauern und Beete wehrt er sich mit Händen und Füßen und hat Widerspruch eingelegt. „Hundertprozentig ziehe ich sonst vor Gericht“, sagt der Imker. Der Nabu Karlsruhe könnte sich eine Ausnahmegenehmigung für das Grundstück vorstellen.
Nach Auskunft der Stadt vom Mittwoch will das Liegenschaftsamt im Mai das Gespräch mit La Fontaine suchen. Bis dahin sei die Frist zum Rückbau ausgesetzt.