Mountainbiker im Schönbuch: Immer der Nase und den gelben Schildern nach. Foto: Decksmann

Es ist nicht einfach, in und um Stuttgart herum ausgeschilderte Mountainbike-Strecken zu finden. Im Schönbuch soll es drei davon geben. Wir haben eine getestet – mit diesem Ergebnis.

Herrenberg - Der Schönbuch als das größte zusammenhängende Waldgebiet in Württemberg bietet drei offiziell ausgeschilderte Mountainbike-Touren. Unser Rad-Experte Tom Hörner hat die beliebte Jäger-Spezial-Tour getestet - und gibt Tipps, wie die Tour zum schönen Erlebnis wird:

Es ist nicht so, dass das Rad vorher sauber gewesen wäre. Einen feuchten Lappen hätte es schon vertragen. Aber nach dieser Tour war mit einem Lappen nichts mehr zu machen. Da half nur noch ein Wasserschlauch. Vielleicht sollte man, wenn man zu einer Wald-und-Wiesen-Tour aufbricht, nicht nur die Wettervorhersage im Blick behalten. Sondern sich daran erinnern, was die Tage und Wochen davor war. Da gab es Regen, sehr viel Regen. Und sehr viel Regen, haben wir jetzt gelernt, versickert nicht unbedingt sofort im Erdreich. Mancherorts bilden sich Pfützen, die geradezu darauf warten, bis ein Radler daher rollt und ihm das Vorderrad wegrutscht. An manchen Stellen hätte es einen nicht gewundert, hätte ein Wasserbüffel seine Hörner aus dem Sumpf gestreckt.

Wohin führt die Tour?

Der Schönbuch als das größte zusammenhängende Waldgebiet in Württemberg bietet drei offiziell ausgeschilderte Mountainbike-Touren in der Region – und das ist, wenn der Blick nicht trügt, eine kleine Besonderheit. In Stuttgart ist man gerade dabei, einen Freizeitplan zu erarbeiten, an dessen Ende auch ein paar offizielle Mountainbike-Trails herauskommen sollen. Passionierte Geländeradfreunde wie Benedikt Herré vom Verein Mountainbike Stuttgart schauen neidvoll nach Freiburg im Breisgau, wo die Frauen und Männer auf den grobstolligen Reifen angeblich wie im siebten Himmel über Stock und Stein holpern.

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Welche Touren stehen zur Wahl?

Die drei Routen, die im Schönbuch zur Wahl stehen, tragen verheißungsvolle Namen, als da wäre die mittelschwere Jäger-Spezial-Tour, die anspruchsvolle Spritztour und eine leichte Ranzenpuffer-Tour. Ranzenpuffer klingt interessant, so heißt eine der zig Sagengestalten, von denen es in dem Waldgebiet südlich von Stuttgart nur so wimmelt. Aber leicht erscheint uns zu leicht. Deshalb fiel die Wahl auf die Jäger-Spezial-Tour. Sämtliche Strecken findet man samt Wegbeschreibungen, Kommentaren und Navi-Daten zum Herunterladen auf der Homepage des Naturparks Schönbuch.

Warum kein Proviant nötig ist

Startpunkt ist am Parkplatz Schönbuchturm. Von dort geht es über den Alten Rain mit seinem Hochseilgarten im Uhrzeigersinn Richtung Nufringer Gemeindewald. Im Grunde muss man immer nur der gelben Beschilderung folgen. Wo die fehlt, auf den roten Jäger-Tour-Hinweis achten, der allerdings nicht ganz so groß ausgefallen ist. Die Strecke ist knapp 18 Kilometer lang, hat 280 (teils kurze, aber knackige) Höhenmeter. Oft rollt man auf breiten, geschotterten Waldwegen, der eigentliche Trailanteil dürfte bei 20 Prozent liegen. Die zwei Stunden, die man für die Strecke laut Beschreibung braucht, erscheinen uns auch bei schwierigen Verhältnissen als sehr großzügig bemessen, sodass man auf einen Vesperrucksack verzichten kann, zumal beim Start- und Zielpunkt das Naturfreundehaus Herrenberg mit einem weitläufigen Biergarten liegt. Eine Wasserflasche für unterwegs kann freilich nie schaden.

Warum Rücksicht nicht schadet

„Die Jäger Spezial-Tour“, schreibt ein Kommentator im Netz, „eignet sich hervorragend zum Abschalten nach einem langen Arbeitstag am Abend.“ An Sonn- und Feiertagen, möchten wir hinzufügen, sind etwa im Bereich des Herrenberger Hochseilgartens auch etliche Wanderer unterwegs, so dass man sich auf den schmalen Pfaden mit Vorsicht bewegt. In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine, heißt’s im Schlager. Im Wald ist er es auch nicht: Deshalb, gebt Acht aufeinander! Und wegen einem freundlichen Dankeschön, wenn ein Wanderer zur Seite tritt, ist noch keinem Mountainbiker ein Zacken aus dem Helm gebrochen.

Wer hat’s erfunden?

Mit etwas Glück fährt einem im Schönbuch auch jener Mann über den Weg, der das Mountainbike nach Deutschland geholt hat: der Radpionier, ehemalige Radsportler und Unternehmer Wolfgang Renner, 74. Die Idee zu einem geländegängigen Rad kam Renner nicht, wie man vielleicht vermuten mag, in Kalifornien, der Wiege des Mountainbikes, sondern 1976 im Karwendelgebirge. Nach dem dritten Platten an seinem Crossrad hatte der Sportler die Nase voll. Da traf er auf eine Gruppe Eingeborener aus Mittenwald, die ihre alten Räder mit breiten Reifen geländetauglich gemacht hatten. „Da wusste ich, dass ich auch breite Reifen brauche“, sagt er. Schon viele Radler konnte Renner von den Vorzügen eines Mountainbikes überzeugen, nur bei einem gelang es ihm nicht: „Ich bleib Bergsteiger, ich lauf zu Fuß“, sagte ihm einst Reinhold Messner. „Messner hält es wohl mit der tschechoslowakischen Lauflegende Emil Zátopek“, sagt Renner. „Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.“ Doch zurück aufs Rad und in den Schönbuch.

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Wie kommt man hin?

Wer den Aufstieg zum Schönbuchturmparkplatz nicht scheut, dem sei eine Anfahrt mit der S 1 nach Herrenberg empfohlen. Das Problem in den Ferienmonaten im Sommer besteht allerdings darin, dass die Bahnstrecke renoviert wird und der Zug an manchen Tagen aus Fahrtrichtung Stuttgart in Gärtringen endet. Von da an gilt Busersatzverkehr – und das bedeutet für Pedaleure: Sie müssen draußen bleiben und selbst weiterfahren. Deshalb lohnt vorab ein Blick auf den Fahrplan. Die Parkplätze am Waldfriedhof und Schönbuchturm sind vor allem an Wochenenden auch mal überfüllt. Wer den Schönbuch mit Kind, Kegel und Radanhänger bereisen will, der sollte sich lieber auf den breiten, inzwischen recht gut ausgeschilderten Hauptwegen halten.