Die Ludwigsburger Raser sind wegen Mordes angeklagt. Frühere Prozesse zeigen, wie unterschiedlich Gerichte urteilen – auch in Stuttgart.
Zwei junge Frauen sind tot, weil zwei Männer mutmaßlich ein illegales Rennen durch Ludwigsburg lieferten. Nun geht es um die Frage: Welche Strafe ist angemessen? Am Dienstagvormittag stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass sie den Tod von Merve (23) und Selin (22) als Mord einschätzt. Es ist nicht die erste Mordanklage bei tödlichen Unfällen durch Raser – doch nicht jedes Mal folgt das Gericht den Anklägern.
Erstmals wegen Mordes angeklagt wurden zwei Raser aus Berlin. Die jungen Männer lieferten sich am 1. Februar 2016 kurz nach Mitternacht ein spontanes Rennen über den Kurfürstendamm. Mit bis zu 170 km/h rammte einer ein Auto, dessen Fahrer bei Grün in die Kreuzung einfuhr. Der Arzt im Ruhestand starb noch am Unfallort. Doch bis zum Urteil war es ein langer Weg. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidungen des Berliner Landgerichtes mehrfach auf. Erst 2022 erklärte das Bundesverfassungsgericht final, dass es keine Bedenken dagegen hat, eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen.
Weitere Mord-Urteile folgen
2019 folgten weitere Fälle. In Hamburg raste ein Mann mit bis zu 155 km/h auf der Flucht vor der Polizei absichtlich auf die Gegenfahrbahn und tötete einen Taxi-Passagier. Das Gericht stellte fest, dass ihm Menschenleben – auch sein eigenes – gleichgültig waren, und verurteilte ihn wegen Mordes. In Darmstadt verurteilte das Landgericht einen führerscheinlosen 19-Jährigen zu sechseinhalb Jahren Jugendstrafe: Er floh mit 180 km/h über die A5 und raste auf einem Parkplatz mit 110 km/h in ein Familienauto. Die Mutter starb, ihr Sohn wurde schwer verletzt.
Das jüngste Urteil zu einem Rasermord ist Mitte Mai in Gera gefallen. Dort hatte sich ein 25-Jähriger mit einem Kollegen ein Rennen geliefert. Bei einem riskanten Überholmanöver auf einer Landstraße prallte er in einer Kurve frontal mit dem Wagen einer 21-Jährigen zusammen. Sie starb noch am Unfallort, der Täter erhielt lebenslange Haft.
Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge
Bei tödlichen Unfällen mit Rasern denken viele Menschen der Region Stuttgart automatisch an das junge Paar Jaqueline Blochel und Riccardo Kranen. Die zwei Mitarbeiter des Ufa-Palast in Stuttgart-Nord wollten nach Feierabend aus der Tiefgarage des Kinos fahren, als sie von einem 550-PS-starken Mietauto erfasst und getötet wurden. Der Fahrer des Jaguars wurde wegen Mordes angeklagt – aber nicht wegen Mordes verurteilt.
Stattdessen verurteilt die vierte große Jugendstrafkammer des Landgerichts Stuttgart den 21-jährigen Mert T. wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. „Dass Sie ein Mörder sind, konnten wir nicht feststellen“, hieß es bei der Urteilsverkündung.
Es gibt einige weitere Beispiele wie das von Mert T. aus Stuttgart. Es gibt aber auch Fälle, bei denen milde Urteile nachträglich verschärft wurden. In Niedersachsen kamen 2022 bei einem Rennen zwei Kinder ums Leben. Zunächst verurteilte das Gericht den 41-jährigen Fahrer wegen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge. In zweiter Instanz wurde der Fall neu bewertet – das Urteil lautete am Ende Mord und lebenslange Haft.