Die Kaltensteinhalle in Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) ist mit der Hugo-Häring-Plakette ausgezeichnet worden. Was macht die Halle so pfiffig?
Ein paar gezielte Schläge mit dem Hammer, dann hängt sie. Die Hugo-Häring-Plakette schmückt seit Freitagmittag den Eingangsbereich der Kaltensteinhalle in Vaihingen an der Enz. Das quadratische Emblem gilt in Fachkreisen als hohe Auszeichnung. Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) in Baden-Württemberg zeichnet nur besonders gelungene Bauwerke damit aus. Aber was macht die Sporthalle derartig pfiffig?
Geschwitzt wird, während der Vaihinger Baubürgermeister Klaus Reitze mit Vertretern der Architektur- und Baubüros im Foyer fachsimpelt. Unten in der dreigeteilten Sporthalle üben sich Schüler im Fosbury-Flop, um im Hochsprung die Latte zu überqueren. Hoch hängt auch die Latte für Architekten, die sich mit ihrem Bauwerk beim Wettbewerb zum Hugo-Häring-Preis bewerben. „Es ist kein unwesentlicher Preis – man muss schon etwas bieten“, sagt Klaus Reitze und spricht von einer „großen Begeisterung und Akzeptanz der Bevölkerung“ für die Sporthalle, die seit etwa zwei Jahren im Schulzentrum unterhalb des Schlosses Kaltenstein in Betrieb ist. Reitze drückt nun die Daumen, damit die Kaltensteinhalle im zweiten Teil des Hugo-Häring-Wettbewerbs in diesem Jahr einen Landespreis erhält.
Wer zum ersten Mal die Halle betritt, fällt sofort die angenehm gedämpfte und dennoch helle Atmosphäre auf. Die Wände sind alle holzgetäfelt, sogar die Decke mit ihren 57 rund 35 Meter langen Trägern ist aus dem Naturmaterial. „Das Holz überbrückt die großen Spannweiten“, erklärt Björn Osmann vom Münchener Büro Dietrich/Untertrifaler. Er ist auch stolz, dass etwa die Technik hinter der Holzverkleidung versteckt ist. Stahlbeton wurde beim Bau der etwa 9,4 Millionen Euro teuren Halle nur am Boden verwendet.
Ein weiteres Plus der Kaltensteinhalle: Niemand wird vom Gegenlicht geblendet, das durch die 36 Oberlichter einfällt. Geschickt nutzten die Planer die Hanglage aus, um die Fensterfront niedrig zu halten. Das lobt auch die Jury des BDA, die das einfallende Licht auf mehreren Ebenen im Sinne einer „homogenen Raumwirkung“ gut verteilt sieht: „Selbst die Umkleideflure profitieren so vom natürlichen Tageslicht.“
Angetan vom Ergebnis ist auch Waldemar Mann, der ehemalige Leiter der Hochbauabteilung in Vaihingen. Unter seiner Ägide entstand das schmucke Gebäude bis zu Manns Ruhestand im Jahr 2021. Ein Wasserschaden sorgte kurz vor der geplanten Einweihung noch einmal für einen schmerzhaften Rückschlag. Aus einem defekten Rohr waren Wassermassen unter den Boden gesickert, der aufwendig instand gesetzt werden musste.
Die Aufregung über die Schäden ist längst verflogen – die Sporthalle mit ihrer Fläche von 1325 Quadratmetern ist laut Stadtverwaltung „voll ausgelastet“. Schulen und Vereine können eine ausziehbare Tribüne für 560 Zuschauer ebenso nutzen wie den großzügigen Foyerbereich. Gerade diese Kombination von Versammlung und Sport hält der Architekt Patrik Stremler vom Büro Dietrich/Untertrifaller für das soziale Gefüge einer Stadt für wesentlich. Es sei ein „Aushängeschild für die Denkweise der Kommune“. Die Juroren des Vorarlberger Holzbaupreises 2021 habe man bereits mit dem Konzept „auf internationaler Ebene“ überzeugen können.
Das Material beruhigt offenbar auch diejenigen, die gern mit Schmiererein Turnhallen und andere Wände verschandeln. Zumindest an der Fassade aus gelochtem und schwarzbraun eloxiertem Aluminium-Mäanderblech seien bisher keine Graffiti entstanden, berichtet Klaus Reitze für die Stadtverwaltung. Der Brandschutz ist übrigens durch eine spezielle Beschichtung auf den Holzelementen gewährleistet. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach trägt zu einer nachhaltigen Energieversorgung bei.
Was ist der Hugo-Häring-Preis?
Bedeutung
Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten in Baden-Württemberg verleiht seit 1969 im Abstand von drei Jahren den Hugo-Häring-Preis für vorbildliche Bauwerke im Ländle. Das Verfahren ist zweistufig. Im ersten Teil werden Auszeichnungen (Plakette) verliehen, im zweiten die Landespreise, was für 2024 noch aussteht. Die erste Stufe wird auch „kleiner Hugo“ genannt, die zweite „großer Hugo“.
Teilnehmer
Im aktuellen Verfahren der Jahre 2023 und 2024 sind 581 Projekte eingereicht worden. Davon erhielten 114 eine Auszeichnung, darunter auch die Fuchshofschule in Ludwigsburg.