Bundesarbeitsminister Heil hält es für unabdingbar, Geflüchtete aus der Ukraine auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Viele würden länger hier bleiben, da ein Ende des Kriegs noch nicht absehbar ist.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hält längerfristige Perspektiven für Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem deutschen Arbeitsmarkt für unabdingbar. „Das ist eine Frage der Humanität, aber das ist auch eine Frage der Vernunft“, sagte Heil vor Beratungen mit Vertretern von Arbeitgeber- und Sozialverbänden sowie Gewerkschaften am Mittwochnachmittag in Berlin. Die Zerstörungen und die Länge des Krieges seien nicht vollständig absehbar. Daher würden viele Menschen längere Zeit in Deutschland bleiben.
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind nach Angaben der Bundespolizei rund 280.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die tatsächliche Zahl könnte aber höher liegen, da die Vertriebenen derzeit nicht lückenlos registriert werden. Ukrainer und Ukrainerinnen mit biometrischem Pass dürfen zudem ohne Visum einreisen und sich für 90 Tage frei innerhalb der EU bewegen. Sie müssen sich erst registrieren, wenn diese Zeit abgelaufen ist oder wenn sie staatliche Leistungen beantragen.
Anerkennung von Qualifikationen soll beschleunigt werden
Heil will mit Arbeitgebern und Gewerkschaften unter anderem darüber beraten, wie die Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen beschleunigt werden kann. Zwar sei der Aufenthaltsstatus der Menschen aus der Ukraine mit einer Arbeitserlaubnis gekoppelt, doch viele könnten ihre Qualifikationen nicht nachweisen, sagte Heil am Mittwoch im „Morgenmagazin“ der ARD. Ziel sei es, dass die Menschen nicht in Hilfstätigkeiten gedrängt werden.
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Der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Ulrich Lilie, sagte: „In der Ukraine erworbene Kompetenzen müssen zügiger geprüft und anerkannt werden.“ Zugleich warnte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) aber auch davor, die Menschen mit überhöhten Erwartungen zu überfordern. „Zunächst einmal müssen die Menschen in Deutschland ankommen.“
Für gute Chancen auf eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt müssten als Erstes die grundlegenden Bedürfnisse wie Wohnen sichergestellt sein. „Kinder müssen gut versorgt sein in Kita und Schule“, sagte Lilie, der auch der Präsident des Bundesverbandes der Diakonie ist. Da derzeit hauptsächlich Frauen mit Kindern nach Deutschland kommen, sollte in spezifische Beratungs- und Förderstrukturen für Frauen mit Migrationshintergrund investiert werden.
Bundesamt: Ausreichend Sprachkurse möglich
„Insbesondere braucht es eine Ausweitung von Sprachkursen mit Kinderbetreuung“, sagte Lilie. Schließlich seien mit stärkeren Arbeitnehmerrechten ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken und den Kriegsflüchtlingen faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sieht für die Geflüchteten aus der Ukraine ausreichend Möglichkeiten, an Sprach- und Integrationskursen teilzunehmen. „Derzeit sind knapp 1500 Kursträger bundesweit zugelassen sowie mehr als 50 000 Lehrkräfte, von denen zuletzt mehr als 12 000 aktiv waren“, sagte ein Sprecher dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwoch). Da die finanzielle Förderung durch das Bundesamt von der Zahl der jeweiligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer abhänge, könnten die Träger jederzeit mehr Teilnehmer aufnehmen und mehr Kurse anbieten.