Die Proportionen müssen stimmen: Dafür lernen angehende Holzbildhauer wie Sophia Böhner spezielle Übertragungstechniken. Foto: dpa/Angelika Warmuth - dpa/Angelika Warmuth

Holzbildhauer erlernen ein Handwerk mit langer Tradition. Mit Herrgottschnitzereien hat der Beruf aber nur noch wenig zu tun. Eine Ausbildung für (Lebens-)Künstler.

Oberammergau/BischofsheimMal mithilfe eines Schnitzmessers, mal mit der Motorsäge konzentriert sich Sophia Böhner darauf, aus einem Stück Holz ein Kunstwerk zu schaffen. Die 21-Jährige lernt an der Berufsfachschule in Oberammergau die Grundlagen des Holzbildhauerhandwerks. „Wir haben das Glück, dass wir sehr breite Möglichkeiten haben, und auch viel über Holz hinaus kennenlernen“, erzählt sie.

Eigentlich gehört der Beruf zu den dualen Ausbildungen. Inzwischen bieten aber vorwiegend spezialisierte Berufsfachschulen die Ausbildung an. „Das liegt daran, dass die meisten Holzbildhauer heute Ein-Mann-Betriebe führen“, erklärt Michael Kühnert, Lehrer an der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauer in Bischofsheim. Die hätten in der Regel keinen Bedarf an Auszubildenden.

Holzbildhauer beginnen ihre Arbeit mit einer Zeichnung, entweder von konkreten Figuren und Skulpturen oder aber von abstrakten Objekten. „Also lernen auch die Auszubildenden erst mal Zeichnen“, erklärt Kühnert. Die Schüler fertigen zum Beispiel Akte oder Naturstudien an. Als nächstes geht es darum, die zweidimensionale Zeichnung in eine dreidimensionale Form zu bringen. Dazu schaffen Holzbildhauer erst ein Vormodell aus Ton, dann eins aus Gips. „Und erst dann beginnt die Skulpturarbeit und das Formen in Holz.“ Daher stehen auch Fächer wie Drechseln und Schreinern auf dem Lehrplan.

Die Schüler lernen den Umgang mit unterschiedlichen Werkzeugen wie Schnitzeisen, Sägen, Raspel oder Hobel. An der Holzbildhauerschule in Bischofsheim erwirbt jeder Auszubildende einen Maschinenschein. Denn auch große Geräte kommen zum Einsatz. „Am Anfang haben viele Respekt vor der Kettensäge“, erzählt Kühnert. Die Schüler würden sich aber schnell einarbeiten.

Sophia Böhner ist im zweiten Schuljahr ihrer Ausbildung. Nach einem einwöchigen Praktikum in der ersten Klasse an der Berufsfachschule stand für sie fest, dass die Ausbildung genau das Richtige für sie ist. Für den Zugang zur Ausbildung ist keine Vorbildung vorgeschrieben. Viele der Berufsfachschulen haben jedoch einen Eignungstest. „An unserer Schule gehört dazu eine Mappe mit 15 grob vorgegebenen Motiven, zum Beispiel Naturstudien“, erzählt Böhner. Auch an der Berufsfachschule in Bischofsheim gibt es eine Aufnahmeprüfung.

Von Christus bis Haifisch

Holzbildhauer arbeiten später längst nicht nur mit Holz. „Uns ist wichtig, dass die Schüler auch andere Materialien kennenlernen“, sagt Kühnert. Deshalb arbeiten die Auszubildenden auch mal an einem Steinmodell oder schnitzen im Winter an einem Eisblock.

Kreativität ist somit die wichtigste Voraussetzung für die Arbeit als Holzbildhauer. Die Schüler bekommen zum Beispiel das Thema „Unterwasserwelten“ vorgegeben und können sich austoben. „Da kann dann von Qualle bis Haifisch alles dabei sein“, sagt Kühnert. Aber auch die „Klassiker“ gehören dazu, etwa eine kaputte Christusfigur zu restaurieren oder Originalfiguren zu replizieren. Die Arbeit mit Holz erfordert viel Geduld. „Man arbeitet zum Teil über einen Zeitraum von drei bis vier Monaten an einem Objekt“, erklärt Böhner. Geschick, Motivation und Disziplin sollten Interessierte ebenfalls mitbringen, so Kühnert.

Die angehenden Holzbildhauer müssen sich überlegen, wie sie die Schulzeit finanziell stemmen können. „Wir bekommen an der Schule kein Lehrgehalt“, erklärt Böhner. Dass ihr Ausbildungsweg auch nicht in eine Festanstellung führt, ist Sophia Böhner bewusst. Die angehende Holzbildhauerin ist aber fest entschlossen, den Weg als freischaffende Künstlerin zu gehen.

Es gibt ganz unterschiedliche Optionen nach der Lehrzeit. „Die Menschen arbeiten zum Beispiel als Restaurator, studieren Architektur, einige gehen an die Kunstakademie oder machen sich selbstständig, das ist ganz vielfältig“, erklärt Kühnert.

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