Hito Steyerl hat 2015 bei der Kunstbiennale in Venedig den Deutschen Pavillon gestaltet. Foto: dpa/Stephanie Pilick

Die Kunstprofessorin Hito Steyerl fordert, im Humboldt-Forum im rekonstruierten Berliner Stadtschloss keine koloniale Kunst der Vergangenheit auszustellen, sondern globale Alltagskultur der Gegenwart.

Berlin - Die Multimedia-Künstlerin Hito Steyerl will das Humboldt Forum im rekonstruierten Berliner Stadtschloss als Konsequenz aus der Corona-Krise umwidmen: „Es klingt paradox, aber da jetzt auf verschiedensten Ebenen klar wird, dass die Ära neoliberaler Globalisierung vorbei ist – warum nicht das Berliner Schloss neu definieren als „Palast der vernakularen Kulturen“?“, fragt Steyerl, die seit Jahren zu den einflussreichsten Video- und Konzeptkünstlerinnen gezählt wird. „Vernacular“ kommt aus dem Englischen und steht in etwa für „einheimisch“.

Um Alltagskulturen der arbeitenden Menschen verschiedener Umgebungen solle es im Humboldt Forum dann gehen, findet Steyerl. „Die sind ultrakomplex und interessant und heben sich himmelweit von den pompösen und deplatzierten Kulturvorstellungen ab, die in diese überflüssige Hülle hineindiktiert wurden“, sagt die Professorin an der Universität der Künste Berlin. „Dort könnte ökologische und technische Kompetenz entwickelt werden, die aus den Nachbarschaften und konkreten Lebensumgebungen kommt und zu deren nachhaltiger Selbstverwaltung beiträgt, anstatt peinliche nationale Selbstdarstellung zu betreiben.“

Geplant sind bislang allem außereuropäische Exponate

Das 644 Millionen Euro teure Humboldt Forum soll bis Herbst 2021 in drei Schritten als Kultur- und Ausstellungszentrum eröffnet werden und vor allem außereuropäische Exponate zeigen. Die 40 000 Quadratmeter umfassende äußerliche Rekonstruktion des historischen Stadtschlosses bespielen dann die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit zwei ihrer Museen, das Land Berlin und die Humboldt-Universität.

Gezeigt werden sollen Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins. Diskutiert wird dabei auch über die koloniale Vergangenheit von Ausstellungsstücken.