Beatrix Paradiso aus Murr setzt sich für Katzen auf Zypern ein und sucht Adoptanten für sie in Deutschland. Vor zwei Jahren gründete sie mit Mitstreitern dafür eigens den Verein Crazy Cat Ladies and Friends.
Der Weg hinauf im Treppenhaus gibt mit den vielen Packungen an Katzenstreu, Tiernahrung und sonstigem Zubehör, die am Treppenrand lagern, einen Vorgeschmack auf das, was den Besucher in der Wohnung erwartet: neben zwei freundlichen Menschen begrüßt eine ganze Schar samtiger Vierbeiner den Gast. Das Wohnhaus in Murr wird von drei Generationen bewohnt: unten leben die Eltern, in der Mitte die Schwester mit Tochter und oben residieren fünf Katzen und vier Kater, die allesamt verschmust und zugewandt sind, wenn es um ihr Frauchen Beatrix Paradiso und ihren Partner Emmanuel Reichertz geht.
Bis auf eine Ausnahme stammen die Stubentiger alle von der Insel Zypern. Und zwar vom Verein Friends of Larnaca Cats, der sich im November 2017 gegründet hat und mit dem das Paar intensiv zusammenarbeitet. Beatrix Paradiso hat es sich seit ihrem Zypern-Aufenthalt im Jahr 2018 nämlich zur Aufgabe gemacht, das Leid der Katzen, die auf der Mittelmeerinsel leben, zu lindern. Unterstützt wird sie dabei seit Anbeginn von ihrer Freundin Sybille Stauffer aus Benningen. Die beiden Frauen waren spontan auf die Insel geflogen, um dort Katze Annie abzuholen, in die sich Beatrix – per Foto – sofort verliebt hatte.
Über 300 verwahrloste Katzen lebten in einer Kolonie zusammen
Allerdings wurde ihr vor dem Abflug eine kleine aber wichtige Korrektur mitgeteilt: Annie ist ein Kater. Obwohl sie bereits einen Kater und eine Katze besaß, entschied sich Beatrix dennoch für einen zweiten männlichen Vierbeiner. Einer, der bewusst aus dem Ausland stammen sollte. So entstand mit dem in Milow umgetauften Mäusefänger eine internationale Zusammenarbeit, die seither viele Früchte trägt. Rasch war den Frauen, die völlig schockiert waren über das Elend der Katzen auf Zypern, klar: „Es muss dringend etwas getan werden. Über 300 verwahrloste Katzen lebten in dieser Kolonie.“
Entsetzt darüber, wie respektlos mit den Lebewesen – auch von staatlicher Seite – umgegangen werde, entschieden sich die Frauen zu helfen. „Für die Regierung ist die als ‚Staat der Katzen’ bekannte Insel nur ein Werbeeffekt“, so die Freundinnen. „Und das, obwohl Zypern der erste Staat war, in dem Katzen domestiziert worden waren.“ Die Tiere wurden eingeschifft, um sie als Helfer bei der Schlangenplage einzusetzen. „Die greifen eine Schlange nämlich im Rudel an.“
Katze und Interessent sollen perfekt zusammenpassen
So unterstützten die Frauen fortan also den erwähnten zypriotischen Verein, der da gerade noch in der Findungsphase war, erst einmal finanziell: „Wir haben vor Ort jedoch schnell erkannt: Die Leute ticken wie wir. Wir kämpfen um jedes Leben.“ So flogen die Freundinnen immer wieder nach Zypern und erlebten und gestalteten zeitweise hautnah den Aufbau der zypriotischen Organisation mit. „Wir haben dort mitgeholfen und arbeiteten immer wieder im Shelter, wo Kolonien von Katzen leben.“
Bis heute kennt Beatrix Paradiso jede Katze, die für eine Adoption vorgesehen ist, und kann deren Charakter einschätzen. Ein Umstand, der ihr hilft, das jeweils geeignete Tier für entsprechende Interessenten in Deutschland zu finden. Oberstes Gebot des engagierten Trios, zu dem auch Paradisos Partner Emmanuel Reichertz zählt, lautet nämlich: Der Katze soll es in ihrer neuen Umgebung auf Dauer gut gehen. Inzwischen hat Beatrix Paradiso so viel Erfahrung, dass sie mit großer Sicherheit Empfehlungen bezüglich einer Wunschkatze aussprechen kann. Die Tierschützerin sucht das perfekte Zusammenspiel zum Wohle der vierbeinigen Schützlinge und macht daher auch „Homechecks“, eine Art Begutachtung der Lebensumständen – entweder per Videocall oder persönlich.
Im Keller hat Beatrix Paradiso eine eigene Pflegestation
Aber auch die Familie in Deutschland zieht an einem Strang, wenn es um die Fürsorge für die schnurrenden Vierbeiner im eigenen Haus geht; wenn auch in durchaus unterschiedlichen Ausprägungen. Mit der kompromisslosen Leidenschaft von Beatrix Paradiso, die sich den Schutz der Katzen zu ihrer Lebensaufgabe gemacht hat, dürften ohnehin nur wenige Menschen mithalten können. Im ausgebauten Keller, wo sie ihren Heimarbeitsplatz errichtet hat, führt die Murrerin nämlich eine kleine Pflegestation für geschundene Tierseelen aus Zypern.
18 Vierbeiner sind es im Augenblick. Fünf davon sind bereits an Adoptanten vermittelt und warten auf ihren Umzug. Die anderen Katzen hat Paradiso mit nach Deutschland genommen, weil sie entweder kränklich oder zu klein und zart sind, um auf Zypern im Wettbewerb um das Futter in der Kolonie bestehen zu können: „Katzen die mit dem Fläschchen aufgezogen wurden, unterliegen bei diesem Kampf hoffnungslos.“ Auch in den untersten Räumen des Hauses herrscht das Credo: Alle Katzen finden Platz genug, um sich aus dem Weg zu gehen.
Dafür geht es sozusagen auch hinauf in die dritte Dimension, etwa auf Schränken oder Hutablagen. Zudem haben alle eigenen Katzen ein eingezäuntes Freigehege. Paradiso, die in der Software-Qualitätssicherung tätig ist, arbeitet viel von zuhause aus. So sind die Samtpfötchen immer gut betreut. Ist sie nicht da, übernehmen der Partner oder die Freundin, die auch ungeliebte Aufgaben stemmt, etwa wenn ein Tier gestorben ist. „Es ist wie eine zweite Arbeitsstelle“, so die unermüdliche Katzen-Aktivistin, die daher nachvollziehbarerweise das Engagement auf mehrere Schultern verteilt wissen will.
Medikamente und Arztbesuche gehen ins Geld
Das Trio hat daher Anfang 2022 mit anderen Katzenfreunden den Verein Crazy Cat Ladies and Friends gegründet. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, den zypriotischen Verein finanziell zu unterstützen: Futter, Medikamente und Arztkosten werden etwa finanziert. Denn jede Katze erhält neben den Vorgaben wie Chip, Tollwutimpfung und Heimtierausweis auch noch eine zweifache Grundimmunisierung und die Parasitenbehandlung, bevor sie zu ihren neuen Besitzern kommt. Jeder Adoptant zahlt 170 Euro, in denen auch die Transportbox inbegriffen ist.
Dass die Katzen persönlich betreut nach Deutschland gebracht werden, ist den beiden Frauen sehr wichtig. Entweder holt eine von ihnen persönlich das entsprechende Tier auf Zypern ab, oder die Katze kommt per Flugpate nach Deutschland, wo es direkt am Flughafen abgeholt wird. „Jeder Flug auf die Insel belastet aber nicht das Vereinskonto sondern wird als private Reise getragen“, sagt Paradiso, die sich den Katzen wie eine Mutter Teresa annimmt.
Bis auf eine Person haben bislang alle Murrer Vereinsmitglieder der zypriotischen Partnerorganisation bereits einen Besuch abgestattet und sich vor Ort einen Eindruck verschaffen können. „Sie waren fasziniert davon, wie zugänglich die Katzen sind. Waren aber auch schockiert von den Zuständen. Das Ganze wird zum Suchtfaktor, man wird total tief hineingezogen“, sagt Beatrix Paradiso, die die zypriotischen Katzen für etwas Besonders hält: „Wegen ihres sanften und aufgeschlossenen Charakters. Sie integrieren sich leicht und verstehen sich untereinander überraschend gut.“ Verständlich, dass sie ihre Schützlinge in einem „perfekten Zuhause“ untergebracht wissen will.