Helge Schneider feiert am Sonntag seinen 65. Geburtstag. Foto: dpa/Bernd Thissen

Wie genau Helge Schneider als „Musikclown“ (Eigenbezeichnung) vielen Menschen Freude bereitet, ist kaum zu beschreiben. Dass er es mit großem Erfolg tut, ist seit über einem Vierteljahrhundert unbestritten. Vor 65 Jahren wurde er im Ruhrgebiet geboren.

Mülheim/Ruhr - Als sich Helge Schneider im vergangenen Jahrhundert „Katzeklo“ ausdenkt, hat er seinen Kater „Fritz“ vor Augen. „Fritz habe ich unheimlich viel zu verdanken“, erzählt der Jazzpianist. „Damit hat unheimlich viel angefangen.“ Schneider hatte damals schon mehrere Platten gemacht. 1994 folgt dann ein Auftritt der selbst ernannten „singenden Herrentorte“ bei „Wetten, dass..?“ mit „Katzeklo“: „Ist dann irgendwie ganz berühmt geworden, und auch heute noch irgendwie so.“ Am 30. August wird Schneider 65 Jahre alt. Groß feiern will er nicht.

Als „Komiker. Komponist. Musiker. Entertainer. Buchautor. Filmemacher. Multiinstrumentalist. Schauspieler.“ beschreibt sich Schneider in einer handgeschriebenen Ein-Seiten-Biografie auf seiner Homepage. Weniger wäre auch untertrieben. Schneider schreibt Krimis wie „Das scharlachrote Kampfhuhn - Kommissar Schneiders letzter Fall“. Er komponiert das Musical „Mendy - das Wusical“, das am Schauspielhaus Bochum gespielt wird. Er dreht Filme wie „Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“ und spielt selbst darin mit. Ein Vielfachkünstler, bei dem jede Einordnung zu kurz greift.

Schneider kommt in Mühlheim auf die Welt

Seine Bühnenprogramme tragen schräge Titel: „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers“ etwa im Frühjahr 2020, nach 20 Aufführungen beendet durch Corona. „Mein Name ist Helge Schneider, ich möchte sie heute zum Lachen bringen“, begrüßt er sein Publikum bei einer Aufführung im Februar in der Grugahalle in Essen. Die allermeisten Fans haben an diesem Abend viel Spaß. Die Übrigen denken vielleicht zu viel nach über tiefgründig-absurde Sätze wie „Wir können was ändern, indem wir was ändern.“

Auftritte, bei denen er „nur“ Musik macht, kann er nicht. „Ich muss immer irgendeinen Quatsch machen, das kommt dann einfach dazu“, sagt er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ihm sei sehr wichtig, dass „das kindliche Gemüt, was ich auf der Bühne entfalte, nicht zerstört wird.“ Auch im wirklichen Leben schleppe er es immer „irgendwo“ mit. „Das ist verdammt wichtig.“

Schneider wird in Mülheim geboren, sein Vater arbeitet bei der Post. „Die Schule war für ihn kein Hindernis. Er machte weder Abitur noch ähnliches“, schreibt er über sich. Seine Begabung am Klavier bringt ihn schon 1972 ans Konservatorium Duisburg, wo er zwei Semester studiert. „Als sie rausgekriegt haben, dass ich überhaupt gar keine Volksschulreife habe, haben sie mich runtergeschmissen.“

Vier Frauen und sechs Kinder

Auch Cello lernt er als Kind ein paar Jahre lang. „Ich war sehr talentiert als Cellist.“ Eines Tages sei er zu seinem Lehrer gegangen und habe gesagt: „Ich will Blues- und Rockgitarrist werden.“ Als er dem Lehrer dann etwas auf einer E-Gitarre vorgespielt habe, sei der „total fertig“ gewesen. „Er sagte: „Da kann ich nicht gegen an. Das verstehe ich nicht.“ Das war das Aus für den Unterricht. Es war wirklich traurig.“ Ausbildungen zum Bauzeichner und Landschaftsgärtner bricht er ab. Zeitweise arbeitet er auch als Straßenfeger. Mit verschiedenen Gruppen macht er Musik, ab 1977 ist er ausschließlich als Musiker unterwegs.

Seitdem ist viel passiert. Mit vier Frauen hat er sechs Kinder. Rund 20 Alben hat er bislang veröffentlicht. Das neueste, „Mama“, ist am 28. August erschienen: 14 Stücke, einmal quer durch den weiten Schneiderschen Musikkosmos: Ein Westernsong ist dabei („Der müde Reiter“), ein Arbeiterlied („Der Boss“) und auch eine herrlich durchgeknallte Klang-Sprechcollage über das „ayurvedische Massagezentrum Lotusblüte“ in Paderborn („Die neue Mode“). In „Petes Raumpatrouille“ greift er das musikalische Thema der Science-Fiction-Kultserie „Raumpatrouille Orion“ auf. Alle Instrumente spielt er selbst.

„Diesmal habe ich ganz komplett alles selbst gemacht: aufgenommen, gespielt, gemixt, nur dann abgegeben zum Mastern“, erzählt Schneider. Zwei 16-Kanal-Aufnahmegeräte hat er in seiner großen Mülheimer Wohnung stehen. In einer Nische ist ein kleines Studio mit schalldichten Wänden und Glasscheiben eingebaut.

Schneider, der Unermüdliche - nach dem Album ist vor dem nächsten: „Ich habe oben einen Konzertflügel stehen und schon ein bisschen aufgenommen, um zu gucken, wie das klingt. Und das klingt super - das wird meine nächste Platte. Eine Klavierplatte, improvisiert, solo, ohne Quatsch, nur Musik. Das gab’s noch nicht.“