Der Stuttgarter Weihnachtsmarkt gilt als einer der schönsten Weihnachtsmärkte in Deutschland. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Um das Heißgetränk „Lumumba“ ist bundesweit auf Weihnachtsmärkten eine Rassismus-Debatte entbrannt. Laut Stadt werde der Name in Stuttgart nicht verwendet. Das stimmt nicht, wie unsere Redaktion nachweist. Jetzt wird gehandelt.

Patrice Emery Lumumba war vor über sechs Jahrzehnten ein Freiheitskämpfer und der erste demokratisch gewählte Regierungschef des unabhängigen Staats Kongo, der zuvor unter belgischer Kolonialherrschaft stand. Wenige Monate nach seiner Wahl im Jahr 1960 wurde er gefangen genommen, gefoltert und 1961 von einem belgischen Erschießungskommando hingerichtet. Sein Leichnam soll in Säure aufgelöst worden sein, so heißt es.

Wer diese Geschichte kennt, findet es mehr als äußerst makaber und rassistisch, dass nach diesem mutigen Freiheitskämpfer, der brutal sterben musste, ein Getränk in Deutschland benannt ist. Viele Konsumenten von „Lumumba“ kannten diesen Hintergrund bisher womöglich nicht.

Der Zirkus Roncalli hat zuerst reagiert

Dies dürfte sich geändert haben, seit bundesweit über den Namen der heißen Schokolade mit Alkohol diskutiert wird. Der Zirkus Roncalli hat die Debatte mit entfacht, indem er bei seinem Weihnachtsmarkt auf der Rheinuferpromenade in Düsseldorf den Namen von „Lumumba“ entfernt hat. Die Stadt Frankfurt empfahl den Standbetreibern, den Namen Kakao mit Rum zu verwenden.

Preisschild auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt mit „Lumumba“ im Angebot. /Stzn

Und was passiert im Kessel von Stuttgart? Auf dem Weihnachtmarkt zwischen Rathaus und Schlossplatz, so teilte die Stadt vor knapp einer Woche auf X mit, werde „nach dem Kenntnisstand des Veranstalters kein Getränk mit dem Namen „Lumumba“ verkauft“. Die Recherchen unserer Redaktion haben ergeben, dass dies nicht stimmt. Gleich mehrere Betreiber haben „Lumumba“ im Angebot zum Preis von 5,50 bis 6,50 Euro.

Dies könnte sich nun ändern. Die Wirtin Sonja Merz, von uns darauf angesprochen, hat den Namen noch am Montag in „Kakao mit Rum“ für den Straßenverkauf geändert. Die Getränkekarten seien schon gedruckt. Es sei ökologisch nicht sinnvoll, sagt sie, die nun einzustampfen und durch neue zu ersetzen. Doch eines verspricht die Gastronomin unserer Redaktion: Im nächsten Jahr werde es kein „Lumumba“ bei ihr geben, das Getränke sei ohnehin nur „eine Randerscheinung“, kein Verkaufshit.

Warum hieß es zuerst, dass in.Stuttgart „Lumumba“ nicht gibt?

Wie erklärt die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, dass es trotz anderer Bekundungen vor wenigen Tagen das Getränk unter dem Namen nun doch auf dem Weihnachtsmarkt gibt? Dies wurde zunächst ja bestritten. „In der Tat war uns zu Beginn nicht bekannt, dass einige Beschicker das Getränk unter dem Namen ,Lumumba’ verkaufen“, betont Unternehmenssprecherin Stefanie Hirrle auf unsere Anfrage, „die Betreiber melden uns vorab, was sie verkaufen, aber nicht zwingend, wie die Speisen und Getränke genannt werden.“ Bei einem Rundgang scheint dies den Verantwortlichen nicht aufgefallen zu sein, auch wenn gerade in ganz Deutschland darüber diskutiert wird.

Projektleiterin geht auf die Beschicker zu

Auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt, der für alle da sei, sollten „rassistische Begriffe keinen Platz haben“, unterstreicht die Sprecherin von in.Stuttgart. Deshalb habe sich die Projektleiterin nach der Anfrage unserer Zeitung umgesehen und habe vier Stände mit „Lumumba“ entdeckt. Im persönlichen Gesprächen habe sie den Beschickern „die Problematik erklärt“.

Alle vier Betreiber hätten versprochen, den Namen zu ändern. Wenn dies aus ökologischen Gründen wie bei Sonja Merz nicht sofort möglich sei, da die Getränkekarte bereits gedruckt ist, hofft in.Stuttgart darauf, dass im nächsten Jahr der umstrittene Namen völlig verschwindet.

Was der Comedian Cossu von der Debatte hält

Der baden-württembergische Comedian Lukas „Cossu“ Staier, dessen Vater aus dem Kongo stammt, hat sich auf Instagram und TikTok klar geäußert. „Wenn man den Hintergrund kennt: Wo wäre das Problem zu sagen, ja okay, irgendwie alles nicht so ganz cool?“, schreibt der Mann aus dem Schwarzwald auf den Internet-Portalen. Man müsse kein Aktivist gegen Rassismus sein, um zu verstehen, dass so eine Metapher in Verbindung mit so einem schlimmen Ereignis „einfach nicht sein muss“. Die Verbindung von schwarzer Hautfarbe und „dunklen“ Kolonialwaren wie Schokolade, Tee oder Kaffee sei kolonialrassistisch, erklärt „Cossu“, da man die Menschen aus den Kolonien mit „Konsumwaren“ gleichsetze.