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Angeblich zum Abschied gab der 80-jährige Schlagerstar noch einmal bewährtes Liedgut zum Besten: für inbrünstige alte Fans und ironische neue.

StuttgartEin Auftritt Heinos ist mutmaßlich die einzige Gelegenheit, im Stuttgarter LKA/Longhorn Besucher mit dem Rollator einlaufen zu sehen. Wo sonst harte Rockmusik oder derber Straßenrap geboten werden, lädt der 80-Jährige zu seiner „Und Tschüss“-Tour. Angeblich will er aufhören mit der Musik und den Konzerten. Nur: Man kann sich das nicht so richtig vorstellen. Denn zum einen sind solche Ankündigungen im Musikgeschäft oft unglaubwürdig. Zum anderen war Heino immer irgendwie da: mit Skandälchen im schwarzbraunen Grenzbereich und natürlich mit seiner Musik.

Die Rollator-Frau kann mehr als ein Lied davon singen: „Rosamunde“, „Blau blüht der Enzian“, „Karneval in Rio“ und so weiter. Heinos unlängst vollzogene Wandlung zum vermeintlichen Rockmusiker ist nur weiterer Ausdruck einer erstaunlichen Anpassungsfähigkeit. Körperlich scheint der Mann mit der Sonnenbrille fast alterslos; musikalisch ist er immer mit der Zeit gegangen – wenn auch stets ein paar Jahre zu spät, damit er auf seinem Weg sicher niemand verliert.

Der Blick in Heinos Stuttgarter Publikum verrät, dass er sogar Anhänger dazugewonnen hat. Da sind würdevoll ergraute Ehepaare und Männergruppen, die vom Vorglühen kommen. Man sieht Mutter und Tochter, Enkelin und Oma; die einen sind aus ehrlicher Anhängerschaft da, die anderen mit ironisch auftoupierter Heino-Perücke. Das schafft bis heute nur der Schlager.

Das Konzert im LKA ist ein Potpourri aus vielen alten Nummern und einigen nachgespielten deutschsprachigen Hits. Live klingen „Das Model“ von Kraftwerk oder „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen, mit der markant tiefen Stimme und rollendem R vorgetragen, fast wie Original-Heino-Lieder. Erstaunlich, mit welcher Nonchalance er sich aus dem Katalog einheimischer Konsensmusik bedient. Am Ende ist alles Schlager, und zumindest die von Heino ausgewählten Stücke beschreiben bei Lichte betrachtet die Fortsetzung jener vordergründig wohlgeordneten Welt, die er schon immer besungen hat. Was nicht ausschließt, dass zwischen den Zeilen Lebensnähe durchschimmert: „In der dritten Hütte hab’ ich sie geküsst / Keiner weiß, was dann geschehen ist.“

Vor allem fühlt sich die Welt bei diesen deutschen Liedern ein wenig übersichtlicher an, als sie in Wahrheit ist. Und genau das ist es doch, was den Schlager immer noch ausmacht.