Schlangen mögen es warm. Wer eine als Haustier hält, für den kann es nun angesichts der steigenden Energiepreise teuer werden. Foto: dpa/Axel Heimken

Weil sich die Halter exotischer Tiere den Strom für Wärmequellen, spezielle Lampen und mehr nicht mehr leisten können oder wollen, gibt es ein Problem. Vor allem in Stuttgart wird es im Tierheim jetzt schon eng.

Es ist ein sonniger Oktober-Tag. Nach dem vielen Regen tun das Licht und die Wärme der Sonne gut. Im Tierheim in Filderstadt sind dennoch die Lampen an. Einige der tierischen Bewohner brauchen höhere Temperaturen, als sie das Wetter hergibt. Der Python etwa hat es sich im Terrarium unter seiner Wärmequelle gemütlich gemacht. Darunter herrschen 30 Grad, erklärt Antje Päglow, die Tierheimleiterin. Auch seine Nachbarin, die Kornnatter, liebt es mollig und verweilt unter einer UV-Wärmelampe. „Das sind keine Energiesparlampen. Reptilien kosten viel Geld durch hohe Stromkosten“, sagt sie. Will heißen: Alle Welt redet vom Energiesparen, bei den Reptilien sind Tierhaltern indes die Hände gebunden. Und das wird durchaus zum Problem.

Dieser Tage hat der Deutsche Tierschutzbund Alarm geschlagen: Wegen steigender Energiepreise befürchtet er eine Flut abgegebener oder ausgesetzter Exoten in den Tierheimen. „Wenn der Strompreis auf 50 Cent pro Kilowattstunde steigt, wird bei der Haltung einer Bartagame allein die UV-Beleuchtung mit jährlich rund 230 Euro zu Buche schlagen.“ So wird Patrick Boncourt, Reptilienexperte beim Tierschutzbund, in einer Mitteilung zitiert. Zusammen mit weiteren Betriebskosten für Tagesleuchten, weiteres technisches Gerät sowie Futter und Tierarztkosten komme man für eine kleine Echse schnell auf 500 bis 800 Euro pro Jahr. Es sei zu befürchten, dass sich einige Halter das nicht mehr leisten könnten – und versuchten, ihr Tier loszuwerden.

Auch die Tierheime brauchen Unterstützung

In Stuttgart ist die Welle laut der Sprecherin Petra Veiel bereits da. Jede Menge Kornnattern, Land- und Wasserschildkröten, ein Chamäleon, eine Boa Constrictor und andere Exoten tummeln sich im Botnanger Tierheim, „alle sind seit Mitte dieses Jahres gefunden oder übergeben worden“. 77 Reptilien habe man in diesem Jahr bereits aufgenommen und liege damit am Rand der Kapazitäten. „Oberkante Unterkiefer“, sagt sie. Dass noch mehr Tiere kommen könnten, befürchtet auch sie. Die Leute seien zum Sparen gezwungen – und wälzten Verpflichtungen aufs Tierheim ab. „Das treibt uns die Kosten in die Höhe, um ein Vielfaches. Auch wir brauchen Unterstützung“, sagt Petra Veiel.

Grundsätzlich sind viele kleine Tierheime, etwa das in Kirchheim, nicht oder kaum auf die Unterbringung und Versorgung exotischer Arten vorbereitet – weil etwa beheizte Terrarien oder spezielle Beleuchtungen fehlen. Die Anfragen kommen dennoch. Im Tierheim in Esslingen haben sich laut dem Leiter Horst Theilinger bereits Leute nach der Abgabe von Schildkröten erkundigt. Aus welchen Gründen? „Das sagen die oft nicht.“ Außerdem betreuen er und sein Team aktuell eine ausgesetzte Boa. Eine Frau hatte diese Ende September in Wernau in ihrem Garten entdeckt. Horst Theilinger geht davon aus, dass in puncto Reptilien noch mehr über sein Tierheim hereinbrechen wird. „Auf jeden Fall. Alles, was Strom braucht, ist in Gefahr.“ Etliche Echsen etwa seien in der Anschaffung günstig, „viele Leute denken nicht dran, was noch auf sie zukommt“.

Werden mehr Tiere unter schlechten Bedingungen gehalten?

Und dann? Im Tierheim Esslingen ist der Platz begrenzt. Horst Theilinger spricht von einem Kleintierhaus und zwei Terrarien, „da wird es schnell eng. Wir sind drauf angewiesen, die Tiere möglichst schnell wieder abzugeben“. Eine Möglichkeit sei die Auffangstation in München, aber die sei mittlerweile auch überlaufen. „Die verschärfen auch ihre Auflagen zur Aufnahme“, sagt Horst Theilinger.

In Filderstadt wird es ebenfalls eng. „Ich habe jetzt noch ein Terrarium frei. Mehr Reptilien kann ich schlicht und ergreifend nicht aufnehmen“, sagt Antje Päglow. Was ihr indes noch mehr Sorgen macht als eine mögliche Schwemme: dass Halter um zu sparen schlichtweg den Strom im Terrarium abstellen und Echsen, Schlangen und Co. frieren lassen könnten. „Dann werden die Tiere halt unter ganz blöden Bedingungen gehalten. Das sehe ich eher als kritische Sache“, betont sie. Auch Petra Veiel glaubt bei den vielen ausgesetzten oder übergebenen Reptilien nur an die „Spitze des Eisberg. Es wird viele verendete oder schlecht gehaltene Tiere geben“.