Seit Längerem kündigt die Stadt Ludwigsburg drastische Einsparungen an, jetzt wird es konkret. Ein Katalog mit 23 Punkten mit teils drastischen Folgen für Schulen, Kitas und soziale Projekte steht zur Debatte. „Wir haben keinen Plan B“, heißt es aus dem Rathaus.
Mitte 2023 begann die Stadt Ludwigsburg mit ihrem Sparprogramm „WIN LB“ den Sanierungsprozess des Haushaltes. Welche Auswirkungen dieses Programm auf die Bürgerschaft hat, war lange unklar. Das ändert sich in dieser Woche schlagartig. In einer Paketlösung stellt die Stadtverwaltung dem Gemeinderat 23 konkrete Entscheidungsvorschläge vor, die so gut wie alle Ludwigsburger auf die eine oder andere Weise treffen könnten – von Steuererhöhungen über höhere Beiträge für Schulessen bis zu Kürzungen für die Waldorfschule. Ein Überblick in sechs Erkenntnissen.
1. Die Konzepte würden besonders Kinder und Jugendliche treffen
Von den 23 Maßnahmen der Stadt haben acht direkte Auswirkungen auf Kitas und Schulen. Beispielsweise sollen die Essensbeiträge der Eltern von aktuell 3,50 Euro ab April 2025 auf vier Euro steigen. Damit nähere man sich dem tatsächlichen Cateringpreis von 4,20 Euro an, argumentiert die Stadt.
Zudem soll der Zuschuss für die Waldorfschule um 50 Prozent gekürzt werden. „Die Reduzierung trifft die Schule hart“, schreibt die Stadt. Aufgrund der angespannten Haushaltslage sei dies aber unumgänglich. Auch die Zuschüsse für das Sportinternat sollen gekürzt werden. Die freiwilligen Beiträge für Veranstaltungen wie Abi-Bälle sowie für Schullandheime und Schüleraustausche sollen komplett gestrichen werden.
2. Soziale Projekte stehen vor dem Aus
Neben den Schulen treffen die Sparpläne vor allem den sozialen Bereich – bei einer Ratsentscheidung für den Katalog stehen vier Projekte vor dem Aus. Etwa die suchtpräventive Arbeit der Caritas, die seit mehr als 20 Jahren über Alkohol- und Cannabiskonsum aufklärt. Auch das Projekt „Connect“ könnte beendet werden, ein offenes, soziales Angebot für Jugendliche und junge Geflüchtete.
Die Stadt will darüber hinaus die freiwillige Unterstützung am Jugendbegleitprogramm des Landes einstellen – Schulangebote abseits des Unterrichts würden zusammenschrumpfen. In Eglosheim steht zudem die Sozialberatung auf der Streichliste. Als einziger Stadtteil gibt es dort noch einen eigenes Beratungsangebot, dessen Wegfall von allgemeinen Sozialberatungsangeboten aufgefangen werden soll.
3. Das Parken soll teurer werden
Eine weiterer Gedanke, der für Diskussionen sorgen wird, ist die Erhöhung der Parkkosten. Auf allen Straßen der Innenstadt soll in Zukunft ein einheitlicher Tarif von drei Euro pro Stunde gelten. Zuvor kostete die Stunde 2,40 Euro, rund um das Marstallcenter und die Schulen sogar nur 1,40 Euro.
Auch die Parkkosten in der West-, Ost- und Südstadt sowie rund um die Hochschulen sollen erhöht werden – von einem Euro auf 1,50 Euro. Zu guter Letzt soll auch der Preis für den Anwohner- und Gewerbeparkausweis von 120 Euro auf 180 Euro pro Jahr steigen.
4. Die Stadtverwaltung spart intern
Ein Werkzeug, von der sich die Stadtverwaltung große Einsparungen erhofft, ist die Einführung eines digitalen Dokumentensystems. Das soll die Bearbeitungs- und Transportzeiten verkürzen sowie Druckkosten sparen. Zudem will die Stadt Mietverhältnisse von Büroflächen beenden und weiter an den Personalkosten schrauben. Laut Oberbürgermeister Matthias Knecht hat die Stadt in diesem Jahr unterm Strich kein neues Personal aufgebaut, nun gilt es, bis zu 200 Stellen abzubauen.
Neben diesen großen Baustellen soll laut Stadtkämmerer Harald Kistler innerhalb der Verwaltung eine weitere Million Euro durch kleine Projekte eingespart werden. Beispielsweise werden insgesamt weniger Broschüren gedruckt, Abos von Fachpresse gekündigt und Weihnachtskarten nur noch digital versendet.
5. En-bloc-Entscheidung soll für Mehrheit im Gemeinderat sorgen
Das Paket ist so vielfältig geschnürt, dass jede Gemeinderatsfraktion über ihren Schatten springen muss. Für Konservative wären Überlegungen wie die Gewerbesteuererhöhung auf 400 Prozent und der Anstieg der Parkkosten schmerzhaft. Für links-ökologische Parteien wiederum die Einsparungen im sozialen Bereich.
Anfang Dezember soll der Gemeinderat en bloc über das Maßnahmenbündel abstimmen. Damit sollen Diskussionen über die einzelnen Vorschläge und das Aufschnüren des Pakets verhindert werden. In Gesprächen mit Stadträten ergibt sich aktuell ein geteiltes Bild, ob dieses Vorgehen realistisch ist. Einige sagen, dass es ein schmerzhaftes Paket braucht, um endlich Fortschritte zu machen. Andere sehen Diskussionsbedarf zu einzelnen Punkten.
6. Der Oberbürgermeister drückt sein Bedauern aus – sieht aber keine Alternative
„Wir haben keinen Plan B“, sagt Harald Kistler während der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Wenn dieses Konsolidierungsprogramm nicht durchgehe, würde das finanzielle Gerüst der Stadt komplett zusammenbrechen, warnt der Stadtkämmerer.
„Das nimmt auch uns mit, das können Sie uns glauben“, sagt Matthias Knecht. Er selbst habe direkte Beziehungen zu den betroffenen Einrichtungen, beispielsweise zur Waldorfschule, in der er selbst Schulsprecher war. Die Stadtverwaltung sei sich bewusst, dass die Einsparungen die Bevölkerung direkt treffen und für Diskussionen sorgen werden – es führe aber kein Weg daran vorbei, um die Zukunft der Stadt zu sichern. Trotz oder gerade wegen der schweren Situation fordert Knecht die Gesellschaft und den Gemeinderat zum Zusammenhalt auf.