Seinem Vorschlag für die Rekord-Dividende haben 99 Prozent der Aktionäre zugestimmt: Ola Källenius. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Bei der Jahreshauptversammlung des Stuttgarter Autobauers stellen Anteilseigner die wirtschaftliche Abhängigkeit von China infrage.

Bei der Jahreshauptversammlung schlägt die Stunde der Aktionäre: Sie stellen Vorstand und Aufsichtsrat kritische Fragen. So fragt etwa Hendrik Schmidt vom Vermögensverwalter DWS bei der virtuellen Sitzung der Mercedes-Benz Group nach der großen Abhängigkeit von China. 2021 hat der Konzern mehr als ein Drittel der 2,1 Millionen produzierten Fahrzeuge allein in China abgesetzt.

Konzernchef Ola Källenius räumt die hohe Bedeutung ein, sie werde sogar perspektivisch noch steigen: „Der Anteil der Verkäufe wird noch zunehmen.“ Auch andere Weltregionen sollten aber zulegen, im Übrigen analysiere der Vorstand ständig die Risiken.

Fragen zur Luxusstrategie

Aktionärsschützer Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will wissen, ob die Luxusstrategie auch in Zukunft noch Profit abwerfen könne, und Mercedes-Finanzvorstand Harald Wilhelm erklärt: „Der Absatz der Top-End-Fahrzeuge ist 2021 um dreißig Prozent gesteigert worden, wir rechnen damit, dass wir in 2022 noch einmal eine Steigerung um zehn Prozent erzielen.“

Bewegt haben die Aktionäre zudem die Folgen des Ukraine-Kriegs mit dem Stopp des Russland-Geschäfts, die Fortschritte beim Klimaschutz sowie der Stand der rechtlichen Aufarbeitung des Dieselskandals. Källenius und Aufsichtsratschef Bernd Pischetsrieder gaben routiniert Auskunft. In Bedrängnis brachte keine der Fragen und Anträge die Manager und Kontrolleure.

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Die Zahlen, die das Unternehmen für das vergangene Jahr und für die ersten drei Monate 2022 vorgelegt hat, bieten auch wenig Anlass für Kritik. Obwohl der Absatz rückläufig ist, hat der Konzern den Gewinn nach Steuern und Abgaben im Geschäftsjahr 2021 auf 19,2 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. An die Anteilseigner wird denn auch eine Rekorddividende von fünf Euro je Aktie ausgeschüttet, wie die Versammlung mit 99 Prozent der Stimmen beschloss. Bereits am Mittwoch hatte der Konzern bekannt gegeben, dass im ersten Quartal zwar der Absatz um ein Zehntel weiter zurückging, aber die Umsatzrendite im Geschäft mit Pkw auf einen Rekordwert von 16,4 Prozent gestiegen ist. Damit wird das Unternehmen fast so rentabel wie Wettbewerber Porsche und Ferrari.

Aktie unterbewertet?

Ingo Speich von Deka Investment bemängelt aber: „So verlockend die neue Positionierung ist, so groß sind die Zweifel am Kapitalmarkt.“ Mit einem Verhältnis von Kurs zu Gewinn von 5,8 sei die Aktie des Unternehmens im deutschen Leitindex immer noch unterbewertet.

Källenius bereitet die Eigner darauf vor, dass die Lieferengpässe bei den Chips, die die Produktionszahlen 2021 gebremst haben, anhalten. Er rechne zwar mit einer leichten Verbesserung ab Juli, die Probleme würden aber bis ins Jahr 2023 andauern. Der Krieg Russlands in der Ukraine werde bei „bestimmten Komponenten die Engpässe noch einmal verschärfen“. Ola Källenius mahnt daher eine eigenständige Rohstoffstrategie Europas an.

Für 2022 gibt Källenius als Ziel aus, die Elektromobilität zu skalieren, also den Bau von batterieelektrischen Autos im industriellen Maßstab hochzufahren. „2021 stieg der Absatz von Elektroautos um 90 Prozent, 2022 soll er um weitere 100 Prozent wachsen.“ Im Sommer hatte Källenius die Elektrostrategie noch einmal verschärft und die Devise „Electric only“ ausgegeben. 2021 hatte der Konzern in Europa die CO2-Flottengrenzwerte erreicht. Im Schnitt verbrauchte damit jeder neu zugelassene Mercedes in Europa 115 Gramm je gefahrenen Kilometer. Ab 125 Gramm wären Strafzahlungen fällig geworden. In den Absatzmärkten China und USA erreichte der Autobauer die Vorgaben aber nicht aus eigener Kraft, er musste vielmehr Verschmutzungszertifikate von Dritten zukaufen.

Källenius sagt: „Als Schwede brauche ich den Schwaben nicht das Sparen beizubringen.“ Dennoch werde er an seinem Kurs der Kostendisziplin festhalten.