Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist für alle, die ihn regelmäßig benutzen, eine Herausforderung. Die Wege sind weit, die Aufenthaltsqualität ist eher mäßig. Nun schließt auch noch ein stark frequentiertes Café.
Wer seinen Kaffee am Stuttgarter Hauptbahnhof nicht aus einem Pappbecher trinken möchte, muss in Zukunft gut planen. Zum 31. Dezember schließt das Caroshi, ein Mix aus Café, Imbiss und Bäckerei, das Dank der Baustelle von Stuttgart 21 aus einer Lage eher am Rande des Geschehens ins Zentrum des Publikumsverkehrs geraten ist. Die langen Schlangen von Fußgängern, die sich auf dem Weg von der Stadt zu den Gleisen oder umgekehrt befinden, kommen direkt vor dem Laden vorbei. Die Verkaufsbuden bei den Prellböcken, die Getränke und kleinere Mahlzeiten zum Mitnehmen anbieten, bleiben, das Caroshi im Bahnhofsumfeld aber verschwindet.
Ein Treff für Banker, Bauarbeiter und Bahnreisende
„Wir möchten Danke sagen für 15 schöne Jahre mit Ihnen“, heißt es in dem Text, mit dem sich die Mannschaft von den Besuchern verabschiedet. Im Innenhof der von vielen als abweisend empfundenen Gebäude der LBBW-Zentrale am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz gelegen, erfreut sich der Laden nicht zuletzt wegen der Stuttgart-21-Baustelle reger Nachfrage. Dort treffen sich Bahnreisende, Banker und Bauarbeiter gleichermaßen, um sich mit Kaffee oder einem Imbiss zu versorgen. Auch bei größtem Andrang, behielt das Team die Nerven. Karoshi mit k beschreibt im Japanischen das Phänomen „Tod durch Überarbeitung“.
Anders als bei den Bahnsteigbuden, gibt es im Caroshi das Getränk in Tassen oder Gläsern und einen Sitzplatz auch noch dazu. Wer an den Tischen Platz nimmt, kann sich vom steten Strom der Vorübereilenden unterhalten lassen – und womöglich so etwas wie Reiselust entwickeln, auch wenn man selbst bloß mit dem Regionalexpress ins obere Remstal gondelt.
Das Gebäude wird saniert
Dass jetzt damit Schluss ist, liegt also sicherlich nicht am mangelnden Zuspruch. Aufklärung liefert die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die die Flächen vermietet. Seit 2021 werde der gesamte Gebäudekomplex nach und nach saniert, nun komme jener Teil dran, in dem das Caroshi ansässig ist. „Deswegen mussten wir das Mietverhältnis vorerst beenden. Wir gehen insgesamt von einer mehrmonatigen Sanierungsphase des betroffenen Abschnitts aus“, sagt eine Sprecherin der Bank.
Ungeklärte Zukunft
Wenn Stuttgart 21 einmal fertiggestellt ist, erstreckt sich vor der Bankfassade ein Platz, auf dem der Nordeingang zum Durchgangsbahnhof in die Tiefe führt, davor sollen Taxis Aufstellung nehmen. Ob es in dieser Gemengelage auf der bisherigen Caféfläche wieder eine gastronomische Nutzung geben wird oder gar Tische und Stühle auf dem nach Kurt Georg Kiesinger benannten Platz aufgestellt werden, ist noch nicht raus. „Wie die Räumlichkeiten nach Abschluss der Arbeiten genutzt werden sollen, steht heute noch nicht fest“, heißt es bei der Bank.
Für das bisherige Team des Caroshi geht es an anderer Stelle weiter. Ein Verkaufsgeschäft, in dem der Kaffee zum mitnehmen angeboten wird, betreibt es in der Klett-Passage.