HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann (re.) 2019 bei der Übergabe der Zweitliga-Meisterschale an den Balinger Martin Strobel, links Uwe Schwenker, der Präsident der Handball-Bundesliga (HBL). Foto: imago/Eibner

Sein größter Wunsch: Kein Insolvenzen. Vor dem Start der Handball-Bundesliga äußert sich Geschäftsführer Frank Bohmann zu den Problemen der Clubs, möglichen Regeländerungen und zum neuen Hauptsponsor von Frisch Auf Göppingen.

Stuttgart - Er ist unaufgeregt, sachlich und eloquent: Seit 2003 lenkt Frank Bohmann (55), der frühere Studenteneuropameister im Hockey, als Geschäftsführer die Geschicke der Handball-Bundesliga (HBL). Dass er offen ist für Neues, zeigen auch seine Antworten im Interview.

Herr Bohmann, in welcher Halle sind Sie am ersten Spieltag?

Ich schaue mir die Spiele am Donnerstag auf Sky im Fernsehen an.

Wegen der Corona-Pandemie?

Ich habe beim Supercup vergangenen Samstag festgestellt, dass alles schon sehr aufwändig und für den Zuschauer in manchen Situationen unkomfortabel ist. So bestand eben auch Maskenpflicht auf dem Sitzplatz. Das alles ist an der Grenze des Zumutbaren und ist hoffentlich nur eine Lösung auf Zeit sein.

Was ist Ihr größter Wunsch für diese ungewöhnliche Saison?

Dass es zu keinen Verwerfungen und Insolvenzen kommt und wir alle Clubs durchbringen. Die aktuellen Modelle sind defizitär, die Clubs leben von ihrer Substanz und dem Gehaltsverzicht der Spieler. Davor ziehe ich den Hut.

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Was nehmen Sie aus der handballlosen Zeit mit?

Vor allem den Zusammenhalt der Clubs. Obwohl es Wettbewerber sind, wurde jede Idee untereinander ausgetauscht. Es zeigte sich auch, dass nicht alle das Krisenmanagement gleich gut beherrschen. Ein klasse Vermarktungsfachmann oder einer, der gutes sportliches Geschick besitzt, ist noch lange kein guter Krisenmanager.

Fällt Ihnen ein leuchtendes Beispiel ein?

Marc Schmedt (Anm. d. Red.: Geschäftsführer des SC Magdeburg) hat als erfahrener Banker den Club in der Krise hervorragend begleitet. Ihm kam seine Berufserfahrung zu Gute.

Haben Sie Ihrem Präsidiumskollegen Gerd Hofele eigentlich schon zum neuen Hauptsponsor von Frisch Auf Göppingen gratuliert?

Noch nicht. Aber es ist keine Selbstverständlichkeit in diesen Zeiten, einen solchen Sponsor an Land zu ziehen.

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Wie finden Sie es, dass die Trikotfarbe Blau für den neuen Sponsor unverhandelbar war?

Mutig, dass Frisch Auf darauf einging. Die Farbgebung ist schon ein wesentlicher Bestandteil der Marke. Und die große Handball-Marke Frisch Auf ist eigentlich untrennbar mit Grün-Weiß verbunden. Aber der Verein wird das schon genau abgewogen haben.

Vor kurzem hatten Sie Tank Tops als neue Spielkleidung vorgeschlagen. Wollten Sie nur, dass der Handball im Gespräch bleibt?

Mir wurde der Vorschlag ja teilweise als Sexismus ausgelegt, aber mir ging es nicht um nackte Haut. Mir geht es darum, dass ein Handballer sofort als Handballer erkannt wird. So ein eindeutiges Erkennungsmerkmal finde ich gut. Und das haben wir bisher nicht.

Aber es stimmt schon, dass Sie damit jüngere, weiblich Zuschauer in die Hallen locken wollen.

Darauf wurde es reduziert. Dass unser Publikum jünger und weiblicher werden sollte, dazu stehe ich. Wir haben keine 35 Prozent Frauenanteil in den Hallen. Wir müssen offen sein für Neues. So könnte man auch über Regeländerungen nachdenken.

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Zum Beispiel?

Viele sagen: Handball ist gut, aber der Sport ist zu hart. Also muss man Fouls vielleicht stärker sanktionieren: Zum Beispiel, wenn ein Spieler in der Luft angegangen wird, grundsätzlich eine Zwei-Minuten-Strafe verhängen. Denn wenn ein Spieler dadurch die Balance verliert und ungesteuert auf den Boden knallt, kann das schlimme Folgen haben. Oder die Spielzeit: Man könnte ein Spiel auch in dreimal 20 Minuten abhalten.

Was halten Sie von der Shot Clock wie beim Basketball?

Dass ein Angriff zeitlich begrenzt wird, halte ich im Handball für nicht umsetzbar. Da würde nur noch geklammert werden, das Spiel wäre ständig unterbrochen. Man sollte die Regeln ja auch nicht völlig auf den Kopf stellen.

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Halten Sie es für realistisch, dass im Januar die WM in Ägypten stattfindet?

In dieser Zeit wird die Welt mutmaßlich stark von der Pandemie betroffen sein. Wenn man es aber schafft die 32 Mannschaften aus allen Welt dort hin zu bringen, kann das Turnier funktionieren. Vor Ort sehe ich die Gefahren weitaus geringer, da man die Teams in einer Bubble abschotten kann.