Die Kooperationsklassen lassen beim Spiel- und Sporttag der Haldenwang-Schule das Schwungtuch flattern. Foto: Jürgen Bach

An der Haldenwang-Schule in Leonberg ersetzt der Spiel- und Sporttag für die Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung die Bundesjugendspiele.

Schon auf dem Parkplatz des Leobades ist zu hören, dass es auf der Sportanlage des SV Leonberg-Eltingen hoch hergeht. Anfeuerungsrufe, lauter Beifall, die Hurras der Siegerinnen und Sieger – die gute Stimmung ist von Weitem zu hören. Es geht hoch her, denn die Karl-Georg-Haldenwang-Schule lässt gerade ihren vierten Spiel- und Sporttag steigen.

Rund 170 Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung im Alter von sechs bis 18 Jahren aus den 25 Klassen der Haldenwang-Schule nehmen teil. Der Spiel- und Sporttag ersetzt die an anderen Schulen stattfindenden Bundesjugendspiele. „Im Mittelpunkt stehen Spaß, die Freude an Bewegung und eine Gemeinschaftsaktion aller Schülerinnen und Schüler“, sagt der Schulleiter Timur Erdem.

An diesem Vormittag sind auch alle Haldenwang-Schüler beteiligt, die sonst Kooperationsklassen an der Theodor-Heuss-Schule in Rutesheim, der Sophie-Scholl-Schule, der Marie-Curie-Schule, der Gerhart-Hauptmann-Realschule in Leonberg, der Friedrich-Schiller-Schule in Renningen, der Theodor-Heuglin-Schule in Hirschlanden und das Berufsschulzentrum in Leonberg besuchen.

Wettkämpfe auf allen Niveaustufen

Ein Vorbereitungsteam der Lehrkräfte hat die Wettkämpfe auf allen Niveaustufen geplant, um allen Schülerinnen und Schülern eine Teilnahme am Sporttag zu ermöglichen. „Es ist ein Event, an dem alle dabei sind“, sagt Kathrin Karnein. Zusammen mit Julian Westemeyer hat sie den Tag geplant, und sie haben gerade alle Hände voll zu tun, um die Siegerurkunden auszufüllen. „Nicht der Leistungsgedanke, obwohl unsere Schülerinnen und Schüler mit großem Ehrgeiz bis an ihre Grenzen gehen und Leistung zeigen wollen, sondern das Gemeinschaftserlebnis ist das Hauptelement“, schildert Sonderpädagoge Westemeyer, der auch Sport studiert hat.

„Alle machen bei allem mit und wie beim Unterricht auch, je nach den eigenen Fähigkeiten“, sagt Timur Erdem. Im Unterricht wird für jedes Kind ein individueller Förderplan erstellt in dem die Lern- und Bildungsziele definiert werden. „Unsere Schüler nehmen auf unterschiedlichem Niveau am gleichen Bildungsfach teil“, erläutert der Schulleiter. „Der Eintritt in unsere Schule ist kein Schicksal, sondern ein Privileg“, sagt Timur Erdem. Voraussetzung ist ein sonderpädagogisches Gutachten.

Sport gehört zum Bildungsplan

Sport gehört an der Haldenwang-Schule, wie an anderen Schulen auch, mit vier Wochenstunden zum Bildungsplan, genutzt wird dafür die Sporthalle der Ostertag-Realschule. Wichtig sei die Bewegungsförderung, um den Kindern Spaß an der Bewegung zu vermitteln. „Wir sind keine Therapeuten, aber auch psychomotorische Elemente gehören dazu, denn nicht wenige haben zu ihrer geistigen Behinderung auch motorische Beeinträchtigungen“, sagt Erdem.

Großer Wert wird auch auf dem Schwimmunterricht gelegt, denn von Klasse 1 an steht er auf dem Bildungsplan der Schule. Neben dem Hallenbad und dem Leobad wird auch das schuleigene Therapiebad genutzt. Das sei ein Schwimmunterricht im erweiterten Sinne, denn es gehe nicht nur um das Erlernen von Techniken, sondern auch um den Abbau von Ängsten und die Erweiterung eigener Grenzen. „Es ist auch Wagniserziehung, und da ist etwa der Sprung vom Dreimeterbrett ein Riesenschritt, den wir dann auch gemeinsam tun, denn ich springe mit“, sagt Timur Erdem. Wie jeder Klassenlehrer unterrichtet auch er Sport.

Doch am Spiel- und Sporttag stehen zusammen mit klassischer Leichtathletik auch viele wettbewerbsfreie Angebote bereit, die für ein abwechslungsreiches Programm sorgen. Die einen laufen über 50 oder 100 Meter, andere messen sich im Weitsprung. Großes Hallo herrscht bei den Grundschülern beim Eierlauf und beim Kriechtunnel.

Zum Schluss treten Schülerinnen und Schüler gegen Lehrkräfte an

Die Hauptstufe betätig sich mit Pezzibällen, und sie hat auch eine Chilllounge eingerichtet, damit Aufgeregte sich wieder beruhigen könne. Die Berufsschüler werfen auf Dosen, und das kann richtig nervig sein, wenn man die Blechdinger nicht trifft. Die Kooperationsklassen lassen nebenan das Schwungtuch flattern. Zum Abschluss der Staffelläufe darf die Siegermannschaft der Schülerinnen und Schüler dann gegen eine Mannschaft der Lehrkräfte ran, die sich dabei mächtig ins Zeug legen muss.

„Der Tag zeigt, dass es uns gelungen ist, Freude an sportlichen Betätigungen zu wecken – die sich hoffentlich auch in der Freizeit fortsetzen“, sagt der Schulleiter und führt als Beispiel eine Kooperation der Hauptstufe mit dem Tennisclub Ditzingen an. „In Vorbereitung auf den nächsten Citylauf drehen unsere Schüler fleißig Runden im Stadtpark“, schildert Erdem. Erfolgreich sei auch das inklusive Kletterprojekt mit dem Deutschen Alpenverein gewesen. „Vor diesem Hintergrund ist eine Kletterwand in der Halle der Ostertag-Realschule einer unserer Träume“, verrät der Schulleiter.

Er ist schon jetzt gespannt auf das kommende Schuljahr – denn ab Herbst wird sich die Zahl der ersten Klassen auf vier verdoppeln. 25 Kinder werden dann erwartet. „Aber von zehn für die Schule benötigten Sonderpädagogenstellen konnte nur eine besetzt werden“, macht sich Timur Erdem Sorgen.