So wie diese sehen etliche Motorhauben von Fahrzeugen aus, die am Freitag im Raum Backnang abgestellt waren. Foto: dpa/Günter Bergmann

Der heftige Hagelsturm am vergangenen Freitag hat einige Schäden im Rems-Murr-Kreis hinterlassen. Bei den Versicherungen sind bereits etliche Meldungen eingegangen. Was Auto- und Häuslesbesitzer jetzt beachten sollten.

Schon am Montagmorgen sind die Telefone bei dem Backnanger Karosseriebauunternehmen Fritz heißgelaufen. „Ja, bei uns ist ganz schön etwas los“, bestätigt eine junge Frau in der Empfangszentrale des familiengeführten Unternehmens, das sich auf die Instandsetzung jeglicher Fahrzeuge spezialisiert hat. Der Grund dürfte ein Ereignis vom Freitagnachmittag gewesen sein, das zwar nur wenige Minuten angedauert hat, dafür allerdings umso heftiger ausgefallen ist.

Zum Teil walnussgroße Hagelkörner

Vornehmlich im Norden des Rems-Murr-Kreises hatte sich eine aufgeladene Gewitterzelle entladen und mit großer Wucht zum Teil walnussgroße Hagelkörner auf die Erde geschleudert. Das Ergebnis ist in und um die Murrmetropole nicht nur an allenthalben herumliegenden Blättern und Ästen zu sehen. Die Eisbrocken-Geschosse haben auch so manches Auto in Minigolfplätze verwandelt und in einzelnen Fällen Scheiben zum Splittern gebracht. Für manchen Fuhrparkbesitzer kam die böse Erkenntnis erst nach einem autofrei genossenen Wochenende.

Nussgroße Hagelkörner sind am Freitag auf Althütte niedergeprasselt. Foto: Chris Lederer

Bei den potenziellen Schadensregulierern sind bereits etliche Meldungen eingegangen. Mehr als 8000 Kunden haben etwa mit der Württembergischen Gemeinde-Versicherung (WGV) Kontakt aufgenommen. Die meisten dieser Schäden stammten aus den Regionen Ludwigsburg/Kornwestheim, Weil der Stadt und Backnang/Leutenbach, so ein Sprecher des Unternehmens mit Sitz in Stuttgart. Das bestätigt auch die Württembergische Versicherung mit Sitz in Kornwestheim, wenngleich eine Sprecherin betont, dass viele Geschädigte oft zunächst mit Sofortmaßnahmen beschäftigt seien – und die Meldung an die Versicherung daher vielfach nicht sofort komme.

Verschiedene Wege zur Schadensmeldung

Dennoch empfiehlt sie, eine solche nicht auf die lange Bank zu schieben, denn die Versicherung könne schließlich nur helfen, wenn sie über ein Schadensereignis auch informiert sei. Die Art der Benachrichtigung kann dabei unterschiedlich sein. Die meisten Versicherungen bieten ihren Kunden sowohl eine Telefonhotline als auch digitale Formulare via Internet oder auch den Kontakt über einen Versicherungsvertreter an.

Auch manche Autoscheibe hat den Hagelkörnern nicht standgehalten. Foto: Frank Rodenhausen

Voraussetzung ist natürlich, dass man eine adäquate Versicherung abgeschlossen hat: Bei einem Hagelschadensfall an einem Kraftfahrzeug greift die Teilkaskoversicherung. Für Schäden durch Hagel am Gebäude ist eine Wohngebäudeversicherung und für Schäden an beweglichen Dingen eine Hausratversicherung nötig.

In der Regel beauftragt ein Versicherer nach der Meldung einen Gutachter oder Sachverständigen, wenn hierzu ein Anlass besteht. Die hier anfallenden Kosten muss auch dieser übernehmen. Wenn in einer Region ein größeres Hagelereignis eingetreten ist und gleichzeitig zahlreiche Versicherte geschädigt wurden, werden meist sogenannte Hagelaktionen angeboten. Das heißt, mehrere Versicherte werden von Gutachtern an einem Ort nach vorheriger Terminvereinbarung betreut. Oft stehen auch angeschlossene Fachbetriebe zur schnellen Reparatur zur Verfügung.

Sammelbesichtigungen sind bereits in Planung

Im konkreten Fall, dem Hagelereignis vom 12. Juli, sind sowohl bei der WGV als auch der Württembergischen bereits solche Sammelbesichtigungen in Planung – auch in Backnang. Man werde die betroffenen Kunden informieren, sobald die konkreten Daten dazu feststünden.

Während in früheren Zeiten in den Karosseriebaubetrieben meist mit Hammer, Spachtel und anschließend Farbe gearbeitet wurde, sind heute oft andere Methoden erste Wahl. Auch bei Fritz in Backnang beherrscht man das anspruchsvolle „ausbeulen ohne zu lackieren“, bei dem mittels Spezialhebeln die beschädigte Stelle von ihrer Unterseite bearbeitet und „ausgedellt“ wird.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) rät indes, am besten eine gewisse Vorsorge zu treffen, damit das Auto von Unwetterkapriolen verschont bleibt. So könnten Warn-Apps auf dem Handy unter Umständen dazu beitragen, dass das Heilix Blechle rechtzeitig in einer Garage oder unter einem Carport Unterschlupf findet. Wer gar keine solche Möglichkeit hat, sollte darüber nachdenken, sich eine sogenannte Hagelschutzplane anzuschaffen, die dank einer Schaumschutzpolsterung geeignet sei, aufprallende Körner deutlich zu dämpfen. Wer unterwegs von einem Hagelschauer überrascht werde, sollte schnellstmöglich Schutz unter einer Brücke, in einem Parkhaus oder an einer überdachten Tankstelle suchen. Vorsicht sei hingegen bei Bäumen angebracht. Denn mit Hagel gehe oft Sturm einher – und dieser könne Äste oder gar ganze Bäume schnell zu Fall bringen.

Auch die Landwirtschaft ist betroffen

Aber nicht nur Autobesitzer in Backnang und den umliegenden Gemeinden hat es am Freitag ziemlich erwischt. Zwar könne man mangels einer Meldepflicht keine konkreten Angaben zu betroffenen Flächen, Ausfall sowie zur Schadenshöhe machen, allerdings sei bekannt, dass der Hagel manchen Landwirt hart erwischt habe, heißt es aus dem Landwirtschaftsamt. Die Ernte von Feldfrüchten wie Futter-, Zucker- und roten Rüben ebenso wie Mais und Getreide seien von den großen Eiskörnern mit fünf bis sechs Zentimetern Durchmesser je nach Intensität und Dauer bis zum Totalausfall geschädigt worden. Insbesondere Raps, der kurz vor der Ernte stand, sei voraussichtlich nicht mehr zu retten. Auch im Erwerbsobstbau mit Äpfeln, Birnen oder Zwetschgen habe es ohne Schutz durch Hagelnetze erhebliche Ausfälle gegeben. Der Weinbau in Aspach hingegen sei nicht betroffen gewesen.

Die Hagelflieger, die im Auftrag von Landkreis, Winzern und der WGV schlimme Ereignisse wie diese in der Region eigentlich verhindern oder mildern sollen, seien nicht im Einsatz gewesen, heißt es auf Nachfrage aus dem Landratsamt. Extreme Winde hätten ein Aufsteigen der Flugzeuge, die geeignet sind, Gewitterwolken mit einer Silberiodidmischung zu „impfen“, um die Bildung größerer Hagelkörner zu verhindern, an diesem Nachmittag nicht zugelassen.