Clown mit Brief im Schwimmbad. Bringt er gute oder schlechte Nachrichten mit? Foto aus der Serie „Berlin“, zu entdecken in dem Fotoband „Unheimlich schön“ (Hatje Cantz) von Erwin Olaf. Die Kunsthalle München widmet dem Künstler jetzt eine Ausstellung. Foto: Erwin Olaf/Hatje Cantz

Schöne Menschen, abgründige Blicke sind in Erwin Olafs Fotoband „Unheimlich schön“ zu bestaunen. Der Künstler in Zeiten des Coronavirus ist auch ein Thema.

Stuttgart - Eine deftige Ohrfeige hat die Biologie, das Schicksal oder wie immer man die Coronapandemie nennen will, der Menschheit verpasst – ihrem Glauben, Herr der Lage, welcher auch immer, sein zu können.

Als Reaktion darauf, vom Leben genarrt zu werden, verkleidet sich Erwin Olaf 2020 als Clown, fährt mit dem Einkaufswagen über ein leer gefegtes Parkdeck, steht im leeren Supermarkt vorm Regal.

Das ergibt eine traurige Poesie und ist eine kunstgeschichtliche Anspielung. Viele Künstler haben als Clowns posiert, als Narren der Gesellschaft.

Verweise auf die Kunstgeschichte

Darauf und auf andere Zitate aus der Kunst weisen die Texte in dem Bildband „Unheimlich schön“ hin. Die Serie „Ladies Hats“ – Porträts von Männern, die lasziv, amüsiert oder ernst posieren und nur mit einem Damenhut bekleidet sind – ist inspiriert von Rembrandts Selbstporträt, das im Amsterdamer Rijksmuseum hängt und wird seit 1985 bis heute fortgeführt.

Das Fotobuch zeigt mehrere Schaffensperioden des 1959 geborenen Künstlers, der sich mit dokumentarischen Werken, etwa für die Vereinigung für Schwulenrechte in den Niederlanden, einen Namen machte und für Zeitschriften wie das „New York Times Magazine“ und „Vogue“ arbeitete. Neben Aktfotografie ist eine Reihe mit Menschen als Schachfiguren in bizarren Stellungen zu entdecken. „Royal Blood“ spielt mit ikonischen Bildern von Adeligen.

Obskure Szenen

Jüngere Serien wirken wie Szenen aus eleganten, melodramatischen Filmen. Neben Studioaufnahmen hat Erwin Olaf auch häufig Szenerien in Außenbereichen aufgebaut. Eine Trilogie heißt „Berlin“, „Shanghai“, „Palm Springs“.

Die Atmosphäre ist da oft obskur, kühl, unheimlich. Auch bei „Die Nichte“ in der Serie „Palm Springs“ bleibt offen, ob das Mädchen gelangweilt ist oder ob sich hinter der Pose der Wohlerzogenheit etwas abgründig Böses verbirgt.

Das ist die Kunst von Erwin Olaf, Realitäten zu inszenieren, die in der Fantasie des Betrachters Geschichten entstehen lassen.

Info zum Buch

Erwin Olaf: Unheimlich schön. Hg. von Roger Diederen, Anja Huber, Kunsthalle München, Texte von Daniel Hornuff, Anja Huber, Claudia Peppel, Franziska Stöhr, Estelle Vallender, Gestaltung von Florian Frohnholzer. Im Buch findet sich auch ein Interview mit Erwin Olaf. Verlag Hatje Cantz. 239 Seiten. 40 Euro.

Info zur Ausstellung

Erwin Olaf gehört in den Niederlanden zu den berühmtesten Künstlern der Gegenwart. Die Kunsthalle München widmet dem Künstler eine Schau (bis 26. September), wenn das Haus geöffnet haben darf.