Für die Ukraine wird am Flughafen Stuttgart schweres Gerät wie Pumpen und Starkstromgeneratoren verladen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Ukraine helfen – das ist auch das Ansinnen der Fellbacher Feuerwehr. Sie organisierte Ausstattung und Geräte, die im Kriegsgebiet dringend benötigt werden. Ein Teil davon wird mit Flugzeugen aus der Ukraine ausgeflogen.

Stuttgart - Am Flughafen Stuttgart hat man nun wirklich schon viel größere Antonov-Transportflugzeuge gesehen, doch am Freitagvormittag ziehen dort drei kleine Antonov-Propellerflugzeuge ganz große Aufmerksamkeit von Kameraleuten und Fotoreportern auf sich. Der Grund dafür: In einer Ad-hoc-Aktion werden Hilfsgüter für die Ukraine verladen und in Richtung der polnischen Ostgrenze ausgeflogen. Von dort sollen sie ins Kriegsgebiet gelangen. Vom Katastrophenschutz in der Ukraine werden sie schon sehnlichst erwartet – wie die weiteren Sachen, die mit neun Lastwagen in Richtung polnisch-ukrainische Grenze rollen.

All die Dinge sind bei der Feuerwehr in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) für den Transport vorbereitet worden, nachdem dort fast fünf Dutzend Feuerwehrangehörige aller Abteilungen mit Unterstützung durch Oberbürgermeisterin Gabriele Zull und durch andere örtliche Politiker eine ziemlich beispiellose Hilfsaktion gestartet hatten. Wahrscheinlich die Hilfsaktion ihres Lebens; eine, die sie nie mehr vergessen werden.

Dringender Bedarf im Kriegsgebiet

Alexander Ernst, seit 38 Jahren bei der Feuerwehr, hat sie angestoßen. Er ist auch Geschäftsführer der Firma Barth Feuerwehrtechnik in Fellbach und hat deswegen schon seit rund vier Jahren Kontakte in der Ukraine. Vergangenen Samstag telefonierte er mit einem dortigen Vertreter der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und erfuhr, wie dringend Feuerwehrgerät und Ausstattungsgegenstände benötigt werden. Schnell ist der Entschluss gefasst, Hilfe zu organisieren und sämtliche Feuerwehren in Baden-Württemberg um geeignetes Material und Gerät zu bitten.

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„Am Sonntagabend hielten wir Kriegsrat“, sagt Alexander Ernst. Es galt ja auch umfangreiche logistische Vorbereitungen zu treffen: Paletten beschaffen, auf denen die Hilfsgüter gestapelt werden können, Kartons organisieren, Gabelstapler herbeischaffen und ein Logistikzentrum suchen. Es wurde die Alte Kelter, normalerweise eine geräumige Veranstaltungsstätte. Dort häuften sich alsbald die unterschiedlichsten Sachen: Einsatzkleidung, Helme, Feuerwehrschläuche, Rohre, Pumpen, Starkstromgeneratoren, ein Löschroboter für Spezialeinsätze und andere Materialien zur Brandbekämpfung und Personenrettung.

Alles wird auf 408 Paletten gestapelt

Alexander Ernst sagt, aus der Ukraine seien auch Dinge angefordert worden, die man hier nicht unbedingt auf der Liste gehabt hätte, etwa hydraulische Rettungsscheren, die Feuerwehren einsetzen, um nach Unfällen Autowracks aufzuschneiden und Verletzte herauszuholen. Der Katastrophenschutz in der Ukraine will damit Menschen aus den Trümmern von zerbombten Gebäuden bergen.

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Am Donnerstagmorgen ging die Annahmefrist in Fellbach unweigerlich zu Ende. Alle Güter kamen auf insgesamt 408 Paletten. Ein Teil davon gelangte am Freitagmorgen mit zwei Lastwagen zum Frachtzentrum des Flughafens Stuttgart bei Filderstadt-Bernhausen. Denn der ukrainische Katastrophenschutz hatte angeboten, drei Propellermaschinen nach Stuttgart zu entsenden und besonders wichtige und eilige Fracht abzuholen. Die letzte Maschine traf gegen 9 Uhr ein. Am Nachmittag waren alle drei beladen. Etwa um 15 Uhr flogen sie wieder zurück – mit Kurs auf Ostpolen.

Die Flughafengesellschaft erlässt die Gebühren

Die Entgelte und Gebühren für das Landen und Starten und den Frachtumschlag am Flughafen will zunächst die GIZ für die Ukrainer übernehmen. Doch dazu kommt es nicht. Die Flughafengesellschaft verzichtet darauf. Das habe man nach Rücksprache mit dem Verkehrsministerium des Landes entschieden, sagt Flughafenchef Walter Schoefer am Freitag neben den drei rot-weißen Maschinen aus der Ukraine. Schoefer: „Wir sind froh und dankbar, dass es im Zusammenspiel vieler Menschen gelungen ist, beispielsweise Löschgerät in die Ukraine zu bringen, mit dem Brände an havarierten Gas- und Ölpipelines gelöscht werden können. Wir unterstützten das gern.“ Auch Verkehrsminister Winfried Hermann zeigt sich begeistert: „Das ist ein großartiges, solidarisches Engagement. Das zeigt, dass wir an der Seite der Menschen in der Ukraine stehen.“

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Am Nachmittag ziehen dann auch die letzten Planespotter ab, deren Hobby es ist, ungewöhnliche Flugzeuge aufzuspüren und zu fotografieren. Sie hatten schon früh Wind davon bekommen, dass sich hier nicht alltägliche Maschinen gen Stuttgart bewegen. Gleich früh am Morgen waren sie entlang des Zaunes im Süden des Flughafengeländes bei Bernhausen zur Stelle gewesen, um auf den Auslöser zu drücken.