Fast acht Millionen Menschen in Deutschland leiden derzeit an Grippe und grippalen Infekten. Nach wie vor sind ungewöhnlich viele Kinder betroffen. Das ist auch in Stuttgart der Fall. Ein Stuttgarter Kinderarzt erklärt, wie Eltern den kleinen Patienten nun helfen können.
Deutschland niest, schnieft und hustet. Auch in Stuttgart sind viele Menschen von einer akuten Atemwegserkrankung betroffen. Die aktuelle Grippewelle plus weitere Infekte durch andere Virustypen kursiert zwar in allen Altersgruppen – fast acht Millionen Menschen sind derzeit krank –, betrifft aber nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vor allem Schulkinder. Das ist auch im Olgäle genannten Olgahospital des Klinikums Stuttgart spürbar, dem größten Kinderkrankenhaus in Deutschland: Die stationären Aufnahmen nehmen zu. Dieses Jahr sei wieder ein etwas heftigerer Jahrgang. „Gegenüber früheren schweren Grippesaisons sticht es aber nicht besonders heraus“, relativiert Stefan Möbius, Pressesprecher des Klinikums.
Dennoch leiden derzeit viele Kinder an akuten Atemwegserkrankungen. Das bestätigt der Stuttgarter Kinder- und Jugendarzt Özgür Dogan. „Welcher Virus nun genau der Auslöser ist, lässt sich im Einzelfall oft nicht sagen“, so Dogan, der selbst Vater von drei Kindern ist. Laut Proben des RKI sind vor allem verschiedene Influenzaviren im Umlauf, also die Erreger der echte Grippe. Dazu kommen Erkältungs- und Coronaviren sowie das Respiratorische Synzytialvirus (RSV).
Wann bei Grippe zum Arzt gehen?
Um welchen Virustyp es sich auch handelt, für Eltern stellt sich vielmehr die Frage: Was tun, wenn das Kind hustet, fiebrig und verschnupft ist? Dogans Rat: „Vor allem sollte man schauen, dass das Kind zur Ruhe kommt – und ihm viel Zuwendung geben.“ Klar, den Kinderarzt solle man durchaus kontaktieren, wenn man sich unsicher fühle. Hohes Fieber oder auch eine Dauer von mehreren Tagen seien per se nicht gefährlich.
Ins Krankenhaus müsse man, wenn das Kind größere Schwierigkeiten beim Atmen habe, also Sauerstoffbedarf nötig sein könnte, sagt Dogan. Oder wenn der Allgemeinzustand stark beeinträchtigt sei, das Kind etwa extrem schwach oder teilnahmslos wirke und das Trinken verweigere – denn ausreichend zu trinken, sei bei Infekten wichtig.
Kranke Kinder sollen viel trinken
„Bei allem anderen muss und kann man nicht viel tun“, so der Kinderarzt weiter. Außer darauf zu achten, dass der kleine Patient genug Flüssigkeit zu sich nimmt. Der Körper produziert bei Grippe und grippalen Infekten viel Schleim: „Denn damit fängt er die Viren ein und spült sie dann aus sämtlichen Körperöffnungen hinaus.“ Dazu braucht er Flüssigkeit. Damit das Kind ausreichend Flüssigkeit aufnimmt, sind Wasser, auf Wunsch auch Früchte- und Kräutertees, Fruchtsaftschorle, aber auch Suppen empfehlenswert, etwa selbst gekochte Hühnerbrühe.
Fieber nicht unbedingt senken
Wer Fieber nun am liebsten sofort senken würde - Vorsicht! Fieber gehört wie die Schleimproduktion zu den Schutzmechanismen des Körpers: Indem er die Temperatur rauf fährt, wehrt er sich gegen Erreger, sprich: Der Körper mobilisiert seine Abwehrkräfte. Viren können sich zudem bei höheren Temperaturen weniger gut vermehren.
Fieber zu senken, vor allem, wenn es dem Kind dabei grundsätzlich gut geht, sei somit nicht sinnvoll, erklärt der Stuttgarter Kinderarzt: „Selbst von hohem Fieber geht zunächst keine Gefahr aus.“
Paracetamon-Zäpfchen lindern Schmerzen
Leiden solle dennoch niemand, so Dogan: „Wenn das Kind Schmerzen hat oder sich allgemein nicht wohl fühlt, kann man Ibuprofen oder Paracetamol geben.“ Wichtig bei beiden Wirkstoffen: Eltern sollten unbedingt die altersgemäße Dosierung beachten.
Für Kinder empfehlen sich Schmerzmittel in Saft- oder Zäpfchenform. „Danach fühlen sich die kleinen Patienten meist etwas besser. Trinken und Essen klappt besser – und sie können auch besser schlafen.“ Letzteres ist wichtig, um sich zu erholen und Kräfte zu sammeln. Die Wirkung halte bis zu sechs Stunden an.
Dogan: Hustensaft ist überflüssig
Auf Hustensaft, Kochsalz-Inhalationen oder auch alte Hausmittel wie Brust- und Wadenwickel hingegen setzt Dogan weniger: „Das bringt kaum was. Ich verschreibe daher keine Hustensäfte.“ Allerdings sei es eine Form von Zuwendung, „wenn ich meinem Kind zum Beispiel einen Wadenwickel anlege“ – und somit helfe das Hausmittel letztlich doch.
Trotzdem dauere es teils bis zu einer Woche, bis die Symptome abklingen. Man müsse Geduld haben. Um vorzubeugen, sollten sich Eltern eine Impfung gegen Influenza überlegen: „Sie ist für Säuglinge ab sechs Monaten zugelassen“, sagt der Kinderarzt Dogan. Auch jetzt sei noch Zeit: „Die Grippesaison dauert bis in den April.“
Tipps: Hände waschen und Abstand halten
Die Grippewelle habe wohl ohnehin noch nicht ihren Höhepunkt erreicht, heißt es aus dem Landesgesundheitsministerium in Stuttgart. Neben der Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und Abstand zu Erkrankten könnten auch Impfungen zum jetzigen Zeitpunkt noch schützen. Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hat daher erneut und mit Nachdruck zum Impfen aufgerufen: „Eine Grippe-Impfung ist bei niedergelassenen Ärzten und auch in Apotheken möglich.“
Die echte Grippe ist keine Erkältung. Sie kann schwer oder im schlimmsten Fall sogar tödlich verlaufen. Insbesondere für Risikogruppen wie Ältere, Vorerkrankte und Schwangere stellt sie eine ernst zu nehmende Erkrankung dar.