Variabel einsetzbar und mit viel Schwung. Gonzalo Castro wirbelt beim VfB Foto: dpa - dpa

Der VfB hat sämtliche vier DFB-Pokalspiele bei Hansa Rostock verloren - doch Gonzalo Castro rechnet fest mit dem Premierensieg.

StuttgartDas Fußballmagazin „Elf Freunde“ hat ihn einmal den Nischenspieler getauft, weil Gonzalo Castro in seiner seit 2004 laufenden Profikarriere stets reichlich uneitel mal diesen, dann jenen Part in der Startelf besetzt hat – und zwar immer je nachdem, wie es der Trainer wollte. Also begann der „Gonzo“, als U-21-Europameister von 2009 Mitglied der goldenen Generation um Manuel Neuer, Mesut Özil und Co., als rechter Verteidiger. Er agierte im zentralen Mittelfeld, rückte auch mal nach links hinten, ehe er lange Zeit wie in der Vorsaison beim VfB im defensiven Mittelfeld auflief.

Neue Spielzeit, neues Glück – heißt es nun: Schließlich ist der Trainer Tim Walter gerade dabei, die Spielidee des VfB „auf links zu drehen.“ Also agiert Castro unter der Regie von Walter jetzt im linken Mittelfeld – und sagt dazu: „Damit habe ich gar kein Problem. So kann ich auch mit Schwung nach innen ziehen.“

Als variabel einsetzbarer Dauerbrenner bringt Castro zusätzlich die teaminterne Rekordzahl von 383 Bundesligaspielen ins Spiel. Dass dem statistischen Teil seiner Fußballer-Vita nach dem 2:1 gegen Hannover sowie dem 2:2 in Heidenheim nun die ersten beiden Zweitligapartien überhaupt zugeordnet werden, dies hat auch mit dem 18. August 2018 zu tun: Denn vor Jahresfrist bekam es der VfB wie an diesem Montag (18.30 Uhr) in der ersten Runde des DFB-Pokals schon einmal an der Ostseeküste mit dem Drittligisten Hansa Rostock zu tun.

„Wir haben vor einem Jahr ein frühes Gegentor bekommen“, erzählt Castro: „Dann sind wir der Musik hinterher gelaufen, haben nicht getroffen – und kurz vor Schluss noch das 0:2 gekriegt.“ Was auf das Pokal-Aus in Rostock folgte, wo der VfB mit vier Niederlagen in vier Pokalpartien eine Horrorbilanz aufweist, waren zwei weitere Schlappen in der Bundesliga in Mainz und München. „Dann sind wir in eine Abwärtsspirale rein gekommen. Das Selbstvertrauen war weg – denn wir hatten uns das ja alles ganz anders vorgestellt“, sagt Castro, der seinerseits ein Durststrecke durchmachte. Oft stand der Ex-Leverkusen und BVB-Profi ziemlich neben den Kickstiefeln – nur 19-mal reichte es daher für die Startelf.

Doch jetzt soll alles besser werden. Immerhin hat es das ganz große Stühlerücken gegeben beim VfB: 17 Spieler mussten gehen, 16 sind gekommen, was für Castro, der als Sohn südspanischer Einwanderer in Wuppertal geboren wurde, nur logisch ist: „Nach der bitteren Erfahrung des Abstiegs musste ein Schnitt her.“

Neben Holger Badstuber, Daniel Didavi und Mario Gomez konnte auch Castro, der beim VfB noch einen Vertrag bis 2021 besitzt, bleiben. „Ein paar erfahrene Hasen braucht man ja“, sagt der 32-Jährige, der sich ziemlich sicher ist, von der Hansa-Kogge an diesem Montag nicht erneut einen Schuss vor den Bug versetzt zu bekommen. Schließlich sei die Situation diesmal komplett anders als in der Vorsaison. Und das nicht nur, weil der VfB vor der Pokalpartie anders als 2018 nun bereits zwei Pflichtspiele absolviert hat. „Tim Walter hat ja viel neuen Wind rein gebracht“, sagt Castro: „Es macht Spaß, was der Trainer vorhat. Er hat einen Plan – und viel Fingerspitzengefühl. Wir haben jetzt oft den Ball, haben viele Torchancen. Natürlich ist noch nicht alles verinnerlicht. Das ist ein Prozess – aber wir sind auf einem guten Weg.“

„Der Abstieg tat richtig weh“

Doch nicht nur in Sachen Spielphilosophie fühlt sich der Routinier in Stuttgart aktuell in guten Händen. „Ob der Kader richtig zusammen gestellt ist, weiß man manchmal erst hinterher“, sagt Castro schmunzelnd auch mit Blick auf die Ära des Ex-Managers Michael Reschke beim VfB, der ihm einst zu Leverkusener Zeiten den ersten Profivertrag hingelegt hatte.

„Der Abstieg tat richtig weh“, erklärt Castro: „Aber ich glaube, dass wir jetzt die richtigen Leute im Verein haben, die das Projekt VfB mit ihren Visionen über die nächsten Jahre fortführen können.“ Angesprochen fühlen dürfen sich hier in ersten Linie der Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und seine rechte Hand Sven Mislinat. Die Mischung, findet Castro, sie stimme: Mit Akteuren wie Philipp Klement, Atakan Karazor oder Hamadi Al Ghaddioui, „die über Zweitligaerfahrung verfügen, aber im mittleren Alter sind – und daher Potenzial nach oben haben.“ Dazu gibt es neben den Altmeistern wie ihm noch viele junge Spieler, die in näherer Zukunft glänzen sollen wie Mateo Klimowicz oder Tanguy Coulibaly. „Sven hat ein gutes Auge für junge Spieler, die in späten Jahren für das Projekt VfB in der Bundesliga noch wichtig werden können“, lobt Castro den VfB-Sportdirektor Mislintat.

Vor dem großen Saisonziel, dem direkten Erstliga-Aufstieg, sollte allerdings die Pokalhürde Rostock genommen werden. Es wäre eine Premiere. „Ich bin gerne Favorit. Es ist ja nichts Neues, denn wir sind auch in der Liga die Gejagten“, sagt Walter – und auch Castro nimmt diese Rolle an: „Die Voraussetzungen sind besser als im Vorjahr.“