Weniger Mitglieder, weniger Pfarrstellen: Die Kirchengemeinden wappnen sich. Foto: picture alliance/dpa/Christoph Schmidt

Noch weniger Pfarrstellen, noch mehr Kooperationen: Der Kirchenbezirk Vaihingen-Ditzingen wappnet sich. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es keine Volkskirche, wie wir sie kannten, mehr geben wird“, sagt der scheidende Dekan Reiner Zeyher.

Schon der Pfarrplan 2024 mit erheblichen Stellenkürzungen sei grausam gewesen, so Albrecht Noller, Vorsitzender der Bezirkssynode des evangelischen Kirchenbezirks Vaihingen-Ditzingen. Für den „noch grausameren Pfarrplan 2030“ müssen sich die Kirchengemeinden wappnen, „damit die Distrikte im Kirchenbezirk noch überlebensfähig und Vertretungen überhaupt noch möglich sind“. Das sagte Noller bei der Bezirkssynode am Wochenende – und stellte Planungen vor, nach deren Umsetzung von den bisher sieben Distrikten zwischen Strohgäu und Stromberg voraussichtlich drei übrig sein werden: Ein weiterer fundamentaler Einschnitt nach der vor zwei Jahren erfolgten Zusammenlegung der beiden ehemaligen Kirchenbezirke Vaihingen und Ditzingen.

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Die aus der Not geborene Neuordnung der Distrikte – das sind kleinere Einheiten von zusammenarbeitenden Kirchengemeinden im Bezirk – soll den Spagat schaffen, bewährte Strukturen nicht auseinanderzureißen, aber weiter gegenseitige seelsorgerische Vertretungen zu gewährleisten. Denn die nächste Personaleinsparrunde steht bevor. „Und sie lässt nichts Gutes hoffen“, sagte der scheidende Dekan Reiner Zeyher – er geht Ende Juli in Ruhestand. Es werden wohl weitere acht bis zehn Pfarrstellen gekürzt: Von den noch 31 Pfarrstellen, die der Stellenplan 2024 übrig lässt, entfällt also noch einmal ein Drittel. „Die Kirche verliert mehr und mehr an Bedeutung, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es keine Volkskirche im engeren Sinn, wie wir sie kannten und mit der wir verbunden waren, mehr geben wird“, stellte Zeyher fest.

Zeyher: „Kein Grund zur Mutlosigkeit“

Ein räumlich so großes Dekanat mit perspektivisch noch rund 20 Pfarrerinnen und Pfarrern funktionierend zu erhalten, sei eine enorme Herausforderung, die unter anderem mit dem Ausbau von Diakonenstellen abgefedert werden solle. Im Bezirk hofft man angesichts der Einschnitte umso dringlicher, dass Zeyhers Nachfolge noch vor den Sommerferien geregelt sein wird. Die Stelle wird Mitte April ausgeschrieben. „Die neue Dekanin oder der neue Dekan sollte auf jeden Fall dabei sein, wenn es in der Frühjahrssynode 2023 auf die Zielgerade für den neuen Pfarrplan geht“, so Albrecht Noller.

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Trotz der düsteren Personalsituation versuchte Reiner Zeyher Optimismus zu verströmen: Die Zeitenwende, „die wir jetzt mit dem Krieg und mit den Unsicherheiten erleben, die uns aber als Kirche schon lange erfasst hat“, sei kein Grund zur Mutlosigkeit. Kirche mit ihrer „zuwendenden, wertschätzenden Grundhaltung den Menschen gegenüber“ sei weiterhin relevant, beispielsweise als Trägerin von Kindergärten. Etwa ein Sechstel seines Budgets investiert der Kirchenbezirk in Kitas. „Wir brauchen keine Leuchtturmprojekte“, so Zeyher, „sondern müssen dort sein, wo wir gebraucht werden“.