Jetzt schaltet sich der Oberbürgermeister ein: Martin Georg Cohn will in Leonberg die Quelle des Gestanks finden, der durch die Stadt wabert. Zuständig war jüngst noch der Kreis.
Schmelzendes Plastik? Heiße Kunststoffdichtungen? Bitumen? Müllkippe? All das fällt vielen Leonbergerinnen und Leonbergern ein, wenn sie rund um das Gewerbegebiet Brennerstraße die Nase in den Wind recken. Denn es stinkt noch immer, seit Jahren. Mal ist es nur ein leichtes Gemüffel, mal ist der ungesund anmutende Geruch so stark, dass es kaum auszuhalten ist. Die Ursache ist weiterhin unklar.
Gestank war bis vor Kurzem noch Angelegenheit des Landratsamt
Doch dürfen die Menschen nun vielleicht doch auf Besserung hoffen? Vielleicht. Denn wie die Stadt auf Nachfrage vermeldet, habe man nun ein „umfassendes Sofortprogramm zur Ursachenklärung“ initiiert. Dies sei auf persönliche Initiative von Oberbürgermeister Martin Georg Cohn geschehen – und es ist insofern bemerkenswert, dass viele der Betroffenen bislang davon ausgegangen waren, dass das Landratsamt Böblingen für die ganze stinkende Angelegenheit zuständig sei. Und tatsächlich: Der Landkreis hat die Zuständigkeit nun auf die Stadt Leonberg als Ortspolizeibehörde übertragen. Unter der Federführung des Referats für Feuerwehr und Bevölkerungsschutz soll jetzt endlich ermittelt werden, was oder wer für die Geruchsbelästigung verantwortlich ist, mit der sich die Anwohnerinnen und Anwohner teilweise schon lange konfrontiert sehen.
Cohn gibt sich entschlossen: „Ich habe mich entschieden, das Thema nun zur Chefsache zu machen. Die wiederholten Hinweise aus der Bevölkerung zeigen klar: Es besteht Handlungsbedarf.“ Diesem stelle man sich mit Nachdruck. Und wer weiß, vielleicht hat die Kommune ja mehr Erfolg als die Fachleute aus Böblingen.
Ende der vergangenen Woche wurde in Leonberg jedenfalls ein verwaltungsinterner Stab für außergewöhnliche Ereignisse eingesetzt. „Die störenden Gerüche werden häufig in den frühen Morgenstunden wahrgenommen. Daher finden die Vorbereitungen gezielter Frühmessungen im Stadtgebiet statt“, heißt es in der Antwort auf die entsprechende Nachfrage unserer Zeitung. Ein unabhängiges Fachinstitut solle damit beauftragt werden, Luftproben zu entnehmen.
Parallel dazu werden Hinweise aus der Bevölkerung über ein zentrales Onlineformular gesammelt und ausgewertet. Konkret bedeutet das: Anwohnerinnen und Anwohner sollen ihre Beobachtungen weiterhin mitteilen, und zwar per App via Mängelmelder „Leo-Oh!“ oder unter www.leonberg.de/Mängelmelder in der Kategorie „Geruchsbelästigung“. „Hier sind Daten wie Tag, Uhrzeit und vor allem Standort wichtige Hinweise für die Stadtverwaltung“, schreibt die Kommune. Die Stadtverwaltung weist darauf hin, dass die Meldungen gesammelt und im Mängelmelder gegebenenfalls nicht als „abgeschlossen“ dargestellt werden.
Auch die Stadt will detaillierte Analysen anstellen
Außerdem setzt die Stadt den Ansatz des Landratsamtes fort: Wind- und Wetterdaten werden analysiert, das soll in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst geschehen. Verdachtsquellen sollen systematisch überprüft werden, auch außerhalb des bisherigen Fokus – der bislang auf dem Industriegebiet Brennerstraße liegt. Weiter heißt es: „Landesbehörden wie die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg sowie das Regierungspräsidium sind eng eingebunden.“
Den Stein ins Rollen gebracht hatte Mitte Mai Thomas Lautenschlager. Der Besitzer und Betreiber der Lahrensmühle hatte sich beklagt: Es stinkt, und zwar vor allem bei leichtem Ostwind und Windstille. Er hatte sich in der Vergangenheit zwar schon häufiger an offizielle Stellen gewandt, erst an die Stadt und später an den Landkreis. Das Ergebnis war gleich Null. Irgendwann hatte Lautenschlager dann genug. Auf seinen Vorstoß hin meldeten sich zahlreiche weitere Betroffene beim Rathaus, beim Landratsamt – sogar bei Landrat Roland Bernhard direkt – und, wie Lautenschlager selbst, auch bei unserer Zeitung.
Verursacher soll die Kosten für die Nachforschung zahlen
Und was geschieht, falls die Gestanksquelle tatsächlich gefunden wird? OB Cohn macht klar: „Ist der Verursacher gefunden, wird dieser auch die Kosten für Messungen, Analysen und Folgemaßnahmen tragen.“ Man werde „alles uns Mögliche tun“, um die Ursache zu finden. „Und ich werde persönlich dafür sorgen, dass dies mit dem nötigen Nachdruck geschieht.“